Herten. Kurz nach der Eröffnung 2008 ist das Observatorium auf Hoheward geschlossen worden. Gericht sieht Fehler bei Planung und Bau. Wie es weitergeht.
Was es alles können sollte! Die Erdkrümmung anzeigen, Sterne und Planeten persönlich erkennen, die genaue Stelle des Sonnenauf- und -untergangs vorhersagen - und ganz viel Astronomie mehr. Damals, 2008, nannten die Planer das „Horizont-Observatorium“ hoch über Herten „ein modernes Stonehenge“. Nun, zumindest ist es genauso tot. Besserung ist aber in Sicht. Soweit das in den Sternen steht.
Ein Samstag im August. Die Zwillingshalden Hoheward und Hoppenbruch, zwischen Herten und Recklinghausen gelegen, sind wie immer gut besucht. Spaziergänger, Radfahrerinnen, Eltern mit Kinderwagen bevölkern die grünen Hügel aus Bergbaugestein. Und immer wieder bleiben Grüppchen vor den gigantischen Stahlbögen stehen. Was mag das sein?
„Können Sie uns sagen, warum das immer noch abgesperrt ist?“
Andere wissen mehr: „Können Sie uns sagen, warum das immer noch abgesperrt ist?“, fragt ein ehemaliger Stahlarbeiter aus Duisburg in die Runde; und ein Recklinghäuser erklärt seiner Gruppe: „Das soll jetzt fertig werden . . . Die haben sich irgendwie geeinigt.“ Nun, ganz soweit ist es nach fast 15 Jahren Sperrung natürlich noch nicht.
So lange schon lähmt ein Streit das ehrgeizige Observatorium. Im Herbst 2008 wurde es mit einem entschlossenen Griff in die Kiste mit den Superlativen eröffnet („Bedeutendste Landmarke“, „Spektakulärstes Bauwerk“) - und wenige Wochen später schon wieder abgesperrt. Spaziergänger hatten eine gerissene Schweißnaht bemerkt, und bevor der Himmel in Gestalt eines der Bögen Besuchern auf den Kopf fallen würde, wurde es mit Bauzäunen abgesperrt. Das ist der Stand bis heute. Naja, das Grünzeug auf der Innenfläche ist größer geworden, und die beiden Stützpfeiler wirken nach all den Jahren irgendwie, als gehörten sie dazu.
Schon 2015 hätte ein Neubau fünf Millionen Euro gekostet
Seit der Sperrung lagen der Regionalverband Ruhr (RVR) als Inhaber und die ausführende Baufirma über Kreuz, wer die Schuld trägt: Sind der erste Riss und weitere, die hinzu kamen, entstanden durch mangelhafte Arbeit oder mangelhafte Planung? Im Beweissicherungsverfahren gingen die Gutachten hin und her. Jahrein, jahraus.
In den ersten Jahren nach 2008 wurde das Schicksal des Observatoriums noch verfolgt. 2009: „Wir versuchen alles, dass auch der Innenraum mindestens teilweise begehbar wird.“ 2013: „Anscheinend gute Fortschritte.“ 2015: „Neubau kostet fünf Millionen Euro.“ Begehbar, Fortschritte, Neubau: Nichts davon ist eingetreten.
Hoheward hat „regional und überregional eine große Strahlkraft“
Heute bilanziert eine RVR-Sprecherin das Ergebnis des Beweissicherungsverfahrens so: „Nach den derzeit vorliegenden Erkenntnissen sind die Schäden an diesem Spezialbauwerk sowohl auf Planungsfehler wie auch auf Ausführungsfehler zurückzuführen. Der RVR hat insofern Schadensersatzklage gegen den Erbauer eingereicht und gegen weitere Beteiligte (wie Planer und Prüfanstalt) Streitverkündungen ausgebracht.“ Eine Streitverkündung ist eine juristischer Möglichkeit, um jemanden in einen Rechtsstreit zu zwingen.
Das Ergebnis ist also äußerst vorläufig. Die spektakuläre Doppelhalde an sich hat freilich „regional und überregional eine große Strahlkraft“, sagt die Hertener Stadtsprecherin Jana Putze. Hoheward ohne Observatorium funktioniert zwar nicht nach oben, wenn man Fragen an den Himmel stellen will, aber nach unten funktioniert sie großartig: 152,5 Meter über normal Null liegt einem das Ruhrgebiet zu Füßen, derzeit unter anderem in Gestalt des kleinen Riesenrads von Crange da unten.
Regionalverband bringt Messgeräte für Wind und Schwingungen an
Doch soll es nun vorangehen mit dem Observatorium, mit dem man nichts beobachten kann. Es würden, so RVR-Sprecherin Barbara Klask, in den nächsten Woche zwei Messgeräte für Wind und Schwingungen installiert. Zur weiteren Zeitplanung könne man nichts sagen. Die Sätze klingen nicht nach übermäßig schnellen Ergebnissen: „Der RVR hat ein Planungsbüro sowie Prüfstatiker damit beauftragt, ein Sanierungskonzept sowie ein angepasstes Planungskonzept zu erstellen . . . Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen.“
Bleibt das Publikum, dass sich die besprochenen Fragen stellt. Der frühere Physiker Günter Küper aus Bochum etwa ist öfter auf Hoheward, er bietet dort auch ohne Observatorium astronomische Führungen an. Die ganze Geschichte sei „einfach nur noch peinlich“, sagt der 71-Jährige. An einen Fortschritt glaube er erst, „wenn ich das sehe“. Zur Eröffnung 2008 hatte es geheißen: „Es wird ungefähr 60 Jahre dauern, dann hat sich die Erdachse so weit verschoben, dass vieles nicht mehr funktioniert.“ Ein Viertel davon ist um.