Ruhrgebiet. Der Landschaftspark Hoheward ist eröffnet. Und auf 300 Millionen Tonnen Bergbaugestein ist zwischen Herten und Recklinghausen etwas richtig Gutes entstanden: eine alpine Aussicht und ein sehr spezielles Observatorium.

Es war eine Eröffnungsveranstaltung voll solcher Reden, dass links und rechts von einem die Superlative nur so einschlugen. „Bedeutendste Landmarke”, „Größte Parkbaustelle”, „Spektakulärstes Bauwerk” – eigentlich heulen da alle Sirenen: Übertreibungsalarm!

Doch in diesem Fall muss man einräumen, dass die Festreden nicht so überzogen waren wie üblich: Dieser Landschaftspark Hoheward, mit der gleichnamigen Bergehalde darin und dem sehr speziellen Observatorium darauf, ist richtig, richtig gut geworden. Die Halde ruft!

"Hier werden die Leute hinwollen"

Aus Jahrzehnten Bergbau liegen hier 300 Millionen Tonnen Gestein aufgeschüttet, das kriegt man ja immer so schlecht weg, also machten sie lieber gleich was Vernünftiges daraus, die EU und das Land und der Regionalverband Ruhr: einen Park zwischen Herne, Herten und Recklinghausen. „Hier werden die Leute hinwollen”, sagt Wolfgang Buron (58), der Projektleiter und Gartenarchitekt des RVR. Was redet er denn da? Sie sind doch schon da!

Es ist eine freundliche Mittagsstunde, und sie, tausende: wandern, laufen, spazieren, joggen, gehen, tollen herum, bevölkern die Wege, kraxeln bergan, mit Hund und ohne, mit und ohne Fahrrad, allein und zu zweit, manche im Pendelbus, manche mit Lenkdrachen, oben, 155 Meter über N.N., wo es trefflich zugig ist.

Metropole Ruhr

Sie gucken von dem Hochplateau und sehen unter anderm: Arena, Kraftwerk Mengede, Knappschaftshochhaus Bochum, A 43, Innenstadt Herten, Stimberg, Rathaus Essen, Rhein-Herne-Kanal, Auguste Victoria, Halde Prosper, Suderwich, A 2, diese dominante Kirche in Gladbeck, „wie heißt die noch?”, Fernsehturm Dortmund, Tetraeder, Emscherbruch, die Windräder im Vest . . . Sie schauen in die Metropole Ruhr.

Bei gutem Wetter kann man von hier aus bis Bergkamen im Osten gucken und bis Moers tief im Westen. Jetzt wissen Sie, wie hoch es ist, wir schreiben nur: Zur Eröffnung blies auch eine Alphornistin aus der Schweiz. Das mag als übertrieben gelten, aber man darf getrost voraussagen: Das hier wird der neue Silvestertreffpunkt des Ruhrgebiets, wenn die ganzen Raketen explodieren da unten.

Ach, es geht ja nicht nur um einen neuen Park, es geht hier um das Bewusstsein seiner selbst: Denn bis vor, sagen wir, 15 Jahren, hat das Ruhrgebiet seine Bergehalden begrünt und unsichtbar zu machen versucht, schließlich sahen sie so schrecklich aus, nämlich irgendwie nach Ruhrgebiet, ging gar nicht; ein kleinherziger Unfug war das, mit dem dann die „Internationale Bauausstellung (IBA)” Schluss machte. Erst seitdem sind die Halden erkannt als das, was kein anderer hat, und damit einher ging die sprachliche Veredelung zur „Landmarke” und die Aufwertung mit Kunst.

Die Erdkrümmung sehen

Oder in diesem Fall: mit dem „Horizont-Observatorium”, welches den gestandenen Gärtner Wolfgang Buron zum ziemlich begeisterten Amateurastronomen machte. Es erheben sich da zwei stählerne Bögen von 95 Metern Spannweite in bis zu 46 Meter Höhe, und mit ihrer Hilfe und vielen kleinen Zusätzen kann man unter anderm: die Erdkrümmung sehen, das Ruhrgebiet unsichtbar machen, auch die Sonne unsichtbar machen, viele Sterne und Planeten identifizieren, punktgenau wissen, wo die Sonne heute aufgeht, wo sie heute untergeht, die wahre Mittagszeit von Recklinghausen erkennen – und ungezählte Funktionen mehr.

„Es wird ungefähr 60 Jahre dauern, dann hat sich die Erdachse so weiter verschoben, dass vieles davon nicht mehr funktioniert”, sagt Buron. 60 Jahre? Bis dahin sollten Sie es aber geschafft haben!

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