Ruhrgebiet. Viele Eiscafés im Ruhrgebiet werden teurer, aber kreativ. Wo es Sorten wie Hanf, Gurke oder „Teheran“ gibt – und die Kugel über zwei Euro kostet.

Cremig, hellgelb, die Basis aus Rosenwasser und Safran, dazu kleine, grüne Pistazien-Stückchen: Das „Teheran“-Eis ist wohl eine der markantesten Sorten der „I am Love“-Eiscafés in Bochum, Essen und Witten. Auch Kreationen wie Matcha, Gurke, schwarzer Sesam und gesalzene Cashewkerne mit Honig ruhen in den Kühltheken der Filialen.

Inhaber Kevin Kuhn steht auf solche Exoten, und anscheinend auch seine Kunden: „Die außergewöhnlichen Sorten laufen sehr gut, deswegen haben wir sie immer im Sortiment“. Besondere Trendsorten haben auch andere Eisdielen im Ruhrgebiet zu bieten, die mit dem Frühlingsbeginn auf mehr Kunden hoffen.

In der Bochumer Eiscremebar „Kugelpudel“ wirken Eissorten wie Mohn-Marzipan, Cornflakes und Bienenstich fast schon klassisch, wenn Kunden das CBD-Eis entdecken: Eis aus Hanfsaft, Keksen und Karamell. „Das schmeckt wirklich ein bisschen nach Gras“, schmunzelt Inhaberin Julia Bernecker. Berauscht fühlten sich Gäste davon nicht: „Dafür ist die Menge an CBD zu klein.“

Verrücktes, gesundes und veganes Eis im Trend

Verrückte Eissorten gibt es auch in den „Hitzefrei“-Eisdielen in Dortmund und Castrop-Rauxel. Grünkohl-Kokos, Birne-Parmesan, Rote Beete-Himbeere – immer öfter würden Kunden zu solchen Kreationen greifen. „Unser Eismacher ist gelernter Koch. Der hat ein gutes Gefühl dafür, welche Zutaten zusammenpassen“, meint „Hitzefrei“-Chef Shahab Nouri. Wenn es auf den Oktober zugeht, wolle Nouri eine Sorte aus süßem Senf und Malzbier mit Brezel-Stücken servieren.

Wer nach extravagantem Eis sucht, findet es zwar immer öfter, aber längst nicht überall. Das sagt Annalisa Carnio, Sprecherin der Union italienischer Speiseeishersteller (Uniteis). Die Vereinigung vertritt nach eigenen Angaben über 2000 Eisdielen in Deutschland. „Eisdielen mit einem jungen, städtischen Publikum greifen oft mal zu besonderen Sorten“, erklärt Carnio. Auf dem Land und in der Nähe von Schulen konzentrierten sich Eiscafés eher auf Klassiker wie Vanille, Schoko und Erdbeere.

Die Uniteis-Sprecherin erkennt einen weiteren Trend, den immer mehr Eismacher spüren: „Viele Kunden wollen gesundes, regionales oder veganes Eis.“ Carnio zufolge bieten viele Eisdielen veganes oder zuckerfreies Eis an. Außerdem griffen immer mehr Kunden zu Fruchteis und Sorbet. Einerseits, weil diese Sorten meist vegan seien und weniger Zucker enthielten als Milcheis. „Aber auch, weil die Sommer immer wärmer werden und viele dann lieber erfrischendes Eis essen“, erklärt Annalisa Carnio.

Veganes Eis auch bei klassischen Eisdielen beliebt

Den Hang zu mehr Fruchteis und gesunden Milcheis-Alternativen bemerken auch Eisdielen im Ruhrgebiet, die sich nicht nur auf eine junge, hippe Zielgruppe konzentrieren, so zum Beispiel das Eiscafé „Ischia“ in Mülheim. „Die Sorte Joghurt-Passionsfrucht läuft sehr gut. Auch unser veganes Eis mit dunkler Schokolade ist sehr beliebt, nicht nur bei Veganern“, sagt Café-Leiterin Micaela Montana.

Im OberhausenerEiscafé „Civetta“ fragten viele Gäste neben veganen Sorten auch nach laktose- und glutenfreiem Eis, sagt Inhaber Claudio Pasin. Ansonsten sei er bei seinem Eis wenig probierfreudig – „aber das muss ich auch nicht sein, denn extravagante Sorten würden sich bei unseren Stammkunden nicht durchsetzen.“

Da gesundes Fruchteis immer beliebter werde, gibt es bei der Eismanufaktur „Primavera“ in Duisburg schon seit zwei Jahren viele fruchtige Sorten aus Bio-Produkten, zum Beispiel Papaya-Mango, Kaktus-Feige und Eis aus Acai-Beeren. Chef Renato Venier experimentiere zurzeit oft mit neuen Sorten, „denn bei den gestiegenen Preisen ist es besonders wichtig, auf die Interessen der Kunden einzugehen.“

So steigen die Preise für eine Kugel Eis im Ruhrgebiet

Das dürften sich viele Eismacher denken, denn ein Blick auf die Preisschilder in vielen Kühltheken verrät: Fast alle Betreiber schlagen preislich auf. Das bestätigt dieser Redaktion auch Dirk Sternemann, stellvertretender Landesinnungsmeister des Konditorenhandwerks NRW: „Die meisten Eisdielen erhöhen den Kugelpreis um rund 20 Cent.“ Im Ruhrgebiet koste eine Kugel Eis im Schnitt zurzeit rund 1,50 Euro.

„Milch, Obst, Zucker, Mehl, Waffeln – die Preise aller Eis-Zutaten sind seit Beginn des Ukraine-Kriegs deutlich gestiegen, auch die von Verpackungen, Löffeln und Bechern“, erklärt Sternemann. Die Betreiber von Eiscafés kämen nicht drumherum, ihre Preise anzupassen. Eine Erhöhung von 20 Cent sei noch moderat: „Damit bleiben sie auf einem großen Teil der Kosten sitzen. Wenn sie alle Mehrkosten weitergeben würden, würde die Kugel zwischen zwei und drei Euro kosten.“

Wo die Kugel über zwei Euro kostet

In einigen Eisdielen kosten Eissorten aus besonders teuren Zutaten mehr als andere Sorten. Dabei gehen die Preise teils stark auseinander, wie zum Beispiel bei „Mörchens Eis“ in Essen: Dort kostet eine Kugel Pistazien-Eis nun 2,30 Euro, während Kunden für die anderen Sorten 1,40 Euro pro Kugel bezahlen müssen. „Auf die guten Pistazien aus Bronte in Italien oder Kerman im Iran wollen wir nicht verzichten“, erklärt Inhaber Dirk Hermanski. Doch die Kosten seien explodiert. Ein Kilo dieser Pistazien koste zwischen 80 und 100 Euro.

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Bei "I am Love" kostet eine Kugel der Sorte „Teheran“ mittlerweile zwei Euro – und es gibt eine Sorte, die pro Kugel noch teurer ist. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Auch bei den „I am Love“-Eisdielen von Kevin Kuhn sind die Eissorten unterschiedlich teuer. Viele Sorten kosten 1,80 oder zwei Euro pro Kugel. „Espresso Schokochino“ wird mit 2,20 Euro pro Kugel zum Premiumeis. Doch die Kunden scheinen es anzunehmen, wie nicht nur der Chef sagt: „Ich esse lieber ein gutes Eis für zwei Euro statt ein fades Wassereis für 50 Cent“, meint Stammkunde Philipp Dierich. Kundin Milena Huk sagt: „Ich esse selten Eis, aber wenn, dann gönne ich mir auch ein Leckeres, das dann auch zwei Euro pro Kugel kosten darf.“