Essen. Nachhaltig einkaufen und dabei für guten Zweck spenden: Das bietet ein Essener Second-Hand-Shop. Diese Kuriositäten warten auf ein neues Zuhause.
Alte Dinge wertschätzen, anstatt diese wegzuschmeißen und damit gleichzeitig Nachhaltigkeit fördern: Am 2. März wird der „Tag der alten Dinge“ gefeiert. So kurios dieser Ehrentag zunächst klingen mag, die Botschaft dahinter ist aktueller denn je. Weshalb Gebrauchtwaren zurzeit besonders gefragt sind und wie die verkauften Sachen Menschen aus den zerstörten Erdbebengebieten helfen, erklärt die Leiterin eines Essener Second-Hand-Ladens.
Eine Teddyhandpuppe sitzt vor einem Regal voller Harry-Potter DVDs, einen Meter daneben hängt ein edles Seidenjackett neben einem gelb-grau gemusterten Wollpulli – im Oxfam-Shop in der Essener Innenstadt gibt es wenig, was es nichts gibt. So bunt gemischt wie das Sortiment des Second-Hand-Ladens ist auch die Kundschaft: „Studenten kaufen hier Geschirr für ihre erste eigene Wohnung und freuen sich, dass sie nur wenige Euro dafür zahlen müssen. Gleichzeitig kommen Rentner her, um nach Klamotten und Büchern zu schauen“, erzählt die Leiterin des Ladens, Angelika Hillebrand-Bittner.
Einnahmen aus Essener Second Hand-Laden werden an wohltätige Zwecke gespendet
Seit April 2022 verkauft, berät und sortiert die 67-Jährige im Laden an der Kettwiger Straße gemeinsam mit rund 40 weiteren ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern ein bis zwei Mal pro Woche. Zurzeit werden weitere Helfer gesucht. Hillebrand-Bittner erinnert sich: „Als ich vor zwei Jahren in Rente gegangen bin, habe ich gesagt, dass ich ein Jahr meinen Bademantel anlasse und nur noch entspanne.“ Doch schon nach kurzer Zeit habe sie gemerkt, dass sie die Zeit gerne für ehrenamtliche Arbeit nutzen möchte. Durch eine Anzeige im Internet sei sie auf den Oxfam-Laden aufmerksam geworden.
Das Konzept von Oxfam, einem internationalen Verbund von Hilfsorganisationen, ist auf Wohltätigkeit ausgerichtet: Alle Einnahmen der deutschlandweit insgesamt 55 Second-Hand-Läden werden an Hilfsprojekte auf der ganzen Welt gespendet. Alina Bauer, Sprecherin von Oxfam Deutschland, erklärt: „Derzeit arbeiten wir zum Beispiel in den vom Erdbeben betroffenen Gebieten in Syrien und in der Türkei. Hier stellt Oxfam Trinkwasser zur Verfügung, verteilt Lebensmittel, Decken, Zeltheizungen, Power-Banks und Hygieneartikel.“
Die verkaufte Ware in den Second-Hand-Läden besteht allein aus Spenden, die direkt vor Ort abgegeben werden können. Bei der Spendenabgabe werden laut Hillebrand-Bittner immer wieder persönliche Geschichten erzählt: „Wenn gerade jemand gestorben ist, sind die Menschen natürlich traurig. Aber sie freuen sich auch, dass sie die Dinge geliebter Menschen nicht wegschmeißen müssen, sondern sie durch uns ein neues Zuhause finden.“
Knapp 300 Jahre altes Buch im Oxfam-Shop: Das Warenangebot ist bunt gemischt
Im Essener Laden können Kunden dreifach profitieren: Die Dinge kosten meist nur wenige Euro, sind durch die Wiederverwendung nachhaltig und gleichzeitig werden Hilfsprojekte unterstützt. In den Regalen verbirgt sich so manch unerwarteter Schatz: Hillebrand-Bittner zieht ein altes Buch aus einem Schrank mit der Aufschrift „Antiquariat“. „Oh, das ist sogar aus dem Jahr 1734“, sagt sie erstaunt und kann selbst kaum glauben, was sie da in der Hand hält. „Das ist wahrscheinlich die älteste Spende hier im Laden.“
Besonders die „Dies-und-Das-Ecke“ des Ladens sorgt oft für witzige Momente im Team. So werden immer wieder Dinge gespendet, bei denen das Oxfam-Team erstmal rätseln muss, was das überhaupt sein könnte. „Erst letztens hatten wir die Situation, dass wir bei einer Spende alle nicht wussten, was das ist – das sah aus wie ein kleines Gerät aus Glas. Als eine Kundin das kaufen wollte, haben wir nachgefragt, was es überhaupt ist. Sie wusste es auch nicht, fand aber, dass es schön aussieht“, erzählt Mitarbeiterin Brigitte Kohli-Renndorff.
Ehrenamtliche Helfer erleben rührende Geschichten im Gebrauchtwarenladen
Eine besondere Freude bereitet es der Rentnerin, wenn kleine Kinder im Laden etwas entdecken, was sie dann von ihrem eigenen Taschengeld kaufen können. Sie betrachtet ein kleines, rotes Spielzeugauto, der Lack ist schon leicht abgeblättert. „Natürlich könnten die Eltern auch einfach im nächsten Laden ein neues Spielzeugauto kaufen. Umso mehr freut es mich, wenn die Kinder an die Theke kommen, weil sie eben genau das Auto aus dem Schaufenster bei uns haben wollen. Dann legen sie aus ihrer kleinen Hand die 50 Cent hin und freuen sich, dass sie selbst etwas kaufen können.“