Essen. Menschenhandel und Tötungsdelikte: NRW-Innenminister Reul begrüßt das Verbot der „United Tribuns“. Was über die rockerähnliche Gruppe bekannt ist

Bundesweite Razzia gegen Rockerkriminalität: Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat am Mittwochmorgen den rockerähnlichen Verein „United Tribuns“ wegen schwerer Delikte verboten. Es geht um Sexualstraftaten, Menschenhandel und versuchte Tötungsdelikte. Aber auch um Gewalt, Betrug und Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz.

Rund 400 Beamte sind im Zuge des Verbotes um sechs Uhr früh in NRW ausgerückt, um Vereinsheime und Wohnungen von Mitgliedern zu durchsuchen. Darunter war auch ein Objekt in Essen, sagt ein Sprecher der Polizei Düsseldorf im Gespräch mit unserer Redaktion. Insgesamt wurden in NRW 38 Objekte durchsucht – unter anderem in Wuppertal, Bonn, Remscheid und Mettmann. In Köln soll sogar die Spezialeinheit ausgerückt sein. Auch in acht anderen Bundesländern gab es Durchsuchungen.

„United Tribuns“ sind eine der mächtigsten Gruppierungen in Deutschland

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Zum Hintergrund: Die „United Tribuns“ sind neben dem ebenfalls rockerähnlichen Verein „Black Jackets“ zu einer der mächtigsten und mitgliederstärksten Gruppierungen in Deutschland aufgestiegen. Nach Erkenntnissen des Bundeskriminalamtes gibt es in Deutschland insgesamt 97 Mitglieder. Davon leben 35 Personen in NRW, sagt NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU). Darunter sind viele Deutsche und Personen, die aus den Staaten des ehemaligen Jugoslawien stammen.

Sie firmieren als rockerähnlicher Verein, stellen sich nach außen hin aber als eine „Bruderschaft mit Affinität zum Kampfsport und Fitnessmilieu“ dar. Viele Mitglieder sind Bodybuilder, Kampfsportler oder Türsteher. Das Bundesinnenministerium erklärt auf Nachfrage unserer Redaktion: „Es gibt typische Rockergruppierungen wie die Hells Angels oder Bandidos, die aus der Motorradszene kommen. Die United Tribuns haben aber einen anderen Ursprung.“

Gründer von „United Tribuns“ war Türsteher und hat zwei Bordelle gegründet

Die Gruppierung wurde 2004 von einem ehemaligen bosnischen Boxer ins Leben gerufen und zwar im baden-württembergischen Villingen-Schwenningen. Der Gründer kam während des Krieges in Bosnien als Flüchtling nach Deutschland und arbeitete hier zunächst als Türsteher. Später eröffnete er mit anderen zusammen zwei Bordelle. „Er hält sich aber nicht mehr in Deutschland auf“, so die Sprecherin des Bundesinnenministeriums.

2014 hatte sich die Gang auch in Duisburg angesiedelt. Auch in diesem Jahr führte die Polizei eine Razzia wegen Drogenhandel durch, bei der sechs Männer der „United Tribuns“ überprüft worden waren. Im selben Jahr wurde das als neues Vereinsheim vorgesehene Lokal an der Rheinhauser Elisabethstraße kurz vor der Eröffnung vom Ordnungsamt geschlossen.

Rockerkriminalität gefährdet mit Gewalt und Schusswaffen das Wohl der Allgemeinheit

Die Mitglieder sollen danach gestrebt haben, ihre Macht innerhalb des Rockermilieus zu vergrößern – teils mit schweren Gewaltdelikten gegen andere Rockergruppen wie den Hells Angels. Auf Nachfrage bestätigt das Bundesinnenministerium, dass der Verein schon lange polizeibekannt sei. „Die Gruppierung hat in der Vergangenheit immer wieder gegen Strafgesetze verstoßen.“ Nach einem Angriff im Jahr 2016, der für ein Mitglied der „United Tribuns“ tödlich endete, waren vier ehemalige Mitglieder des Leipziger Ablegers der „Hells Angels“ zu lebenslänglichen Haftstrafen verurteilt worden.

Grundsätzlich bestehe bei solchen szeneinternen Konflikten in der Öffentlichkeit die Gefahr, dass unbeteiligte Personen verletzt werden – vor allem durch den möglichen Einsatz von (Schuss-)Waffen.„Rockerkriminalität ist von großer Brutalität geprägt. Auseinandersetzungen im Rockermilieu gefährden immer wieder völlig unbeteiligte Menschen“, sagt Bundesinnenministerin Faeser.

3D-Drucker sichergestellt, mit dem Schlagringe hergestellt worden sind

Was neben Vermögenswerten und Abzeichen konkret beschlagnahmt wurde, kann das Bundesinnenministerium noch nicht sagen. Dazu müssen die Ermittlungen erst abgeschlossen werden. In NRW soll wohl aber unter anderem ein 3D-Drucker sichergestellt worden sein, mit dem Schlagringe hergestellt worden sein sollen.

Das Ministerium kann ein Bundesverbot aussprechen, wenn ein Verein in mehreren Bundesländern gegen das Strafgesetz verstößt. Es erfolgte in Abstimmung mit den Innenministerien der neun Bundesländer: Dem Verein und seinen Teilorganisationen ist nun jede Tätigkeit in Deutschland untersagt. Es ist auch verboten, Ersatzorganisationen zu gründen.

NRW-Innenminister Reul hat das bundesweite Verbot des Vereins begrüßt: „Wir verfolgen Straftaten konsequent und dulden keine kriminellen Machenschaften unter dem Deckmantel von Vereinsstrukturen. Niemand hat das Recht, Gebiets- und Machtansprüche mit Gewalt durchzusetzen.“