Essen. Die Profis kommen mit Kran und Tieflader. Waldbesitzer sorgen sich, dass angesichts der hohen Energiepreise die Zahl der Holzdiebstähle steigt.
Die Beute ist zwar nicht immer leicht zu transportieren, aber oft ist sie schlecht gesichert. Und die Umgebung ist einsam. Holz aus dem Wald wird angesichts der drohenden Gaskrise und der stark gestiegenen Brennholzpreise zum beliebten Diebesgut.
Schäden gehen in die Millionen
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„Je höher der Holzpreis, desto größer die Diebstahlquote“, bestätigt Jürgen Gaulke, Sprecher des Waldeigentümer-Verbandes AGDW. „Das war schon immer so.“ Aber so stark wie in den letzten Monaten sind die Preise noch nie gestiegen. Große Betriebe, weiß der Verbandssprecher, rechneten inzwischen mit Verlusten in einer Größenordnung um 0,5 bis zwei Prozent des Jahreseinschlags. „Da reden wir dann von Millionenschäden.“
Bei solchen Dimensionen lassen Profis nicht lange auf sich warten. Gaulke erzählt von einem Fall in Brandenburg, bei dem die Diebe mit Kran und Lastwagen in den Wald eingerückt sind, um gleich ganze Stapel gefällter Stämme zu stehlen. In dieser Größenordnung sei das „noch kein Massenphänomen“, stellt der Sprecher klar. „Aber wir verzeichnen vermehrt Einzelfälle“.
Ganze Holzpolter sind bereits verschwunden
„Auch wir hören in letzter Zeit immer wieder von Holzdiebstählen aus dem Wald“, bestätigt Heidrun Buß-Schöne, Geschäftsführerin des Waldbauernverbandes NRW. Selbst „ganze Holzpolter“, also am Wegesrand gestapelte Stämme, seien bereits verschwunden. Genau Zahlen hat sie nicht. „Es gibt keine verbandsinterne Meldepflicht für solche Vorfälle.“
Und in den Polizeiberichten des Landes tauchen nur spektakuläre Fälle auf. So wie der des 53-Jährigen, der jüngst in der Eifel ertappt wurde, als er im Schutz der Dunkelheit mehr als ein Dutzend 1-Meter-Stämme in den Kofferraum seines Transporters geladen hatte. „Die Säge war noch heiß“, schrieben die Beamten.
Lage im Ruhrgebiet noch entspannt
Im Ruhrgebiet ist die Lage noch entspannt. Gab es immer schon mal, sagt der Essener Waldbauer Günter Maas, von einem Anstieg habe er bisher aber nichts gemerkt. „Den meisten Leuten ist das wahrscheinlich noch zu anstrengend.“ Karl-Gerd Siehoff, Waldbauer aus Haltern am See, kann ebenfalls keine gestiegene Zahl von Diebstählen verzeichnen, fürchtet aber: „Das könnte sich schnell ändern.“
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Das beunruhigt viele Waldbesitzer, denn Holzdiebe werden bisher oft nicht erwischt – selbst wenn sie mit schwerem Gerät anrücken und dabei von Spaziergängern gesehen werden. „Die Leute wissen ja nicht, ob die Arbeiter zu uns gehören oder Diebe sind“, erklärt Siehoff. Und die Stapel einzäunen? Jürgen Gaulke winkt ab. „Wer mit einem Kran kommt, lacht darüber nur.“
GPS-Sender werden im Holz versteckt
Immer öfter verstecken Waldbauern deshalb GPS-Empfänger im gefällten Holz. Wird der Stapel bewegt, schlagen sie Alarm. Im besten Fall ist der Bauer mit der Polizei vor Ort, bevor die Diebe verschwunden sind, ansonsten kann er zumindest verfolgen, wohin sein Holz transportiert wird – es sei denn, die Täter finden den Chip und werfen ihn weg.
Gegen Gelegenheitsdiebe hilft die moderne Technik ohnehin nicht. Wer mal eben einen kleinen Stamm in seinen Kofferraum schmeißt, wird oft nicht erwischt. Aber er macht sich ebenso strafbar wie derjenige, der beim Spaziergang einen Sack sogenanntes Totholz sammelt.
Auch totes Holz darf nicht mitgenommen werden
Letzteres, sagt Ruhr-Grün-Förster Harald Klingebiel, sei ökologisch eine Katastrophe, weil das Totholz ein Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen ist. „Außerdem ist es Diebstahl.“ Denn grundsätzlich gehört das Holz dem Besitzer des Grundstücks, auf dem der Baum gestanden hat. Ausnahme ist in manchen Wäldern der „Handstrauß“, also so viel Holz, wie man unter den Arm klemmen kann.
Was viele Laien auch gerne vergessen: Das Holz, das sie jetzt aus dem Wald stehlen, nutzt ihnen in diesem Winter nichts. „Das muss erst mal trocknen“, sagt Siehoff und warnt davor, den Kamin mit feuchtem Holz zu beheizen. „Dann kommt es zur Versottung.“ Die lässt die Schadstoffwerte im Rauch steigen, die Heizleitung des Kamins dagegen sinken. Und im schlimmsten Fall kommt es irgendwann zum Kaminbrand, warnt Siehoff.
84-Jähriger blieb mit Auto im Wald stecken
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Aber schon beim Stehlen selbst lauern unerwartete Gefahren. Günter Maas erinnert sich an einen älteren Mann, der vor einiger Zeit bei ihm klingelte und um Hilfe bat. Er sei mit seinem Auto im Wald vom Weg abgekommen, erklärte er treuherzig. Ob man ihn herausziehen könne?
Vor Ort stellte sich heraus, dass der Kleinwagen des 84-Jährigen bis unter das Dach mit Holz vollgepackt war, als sein Fahrer – offenbar beim Wenden – in den Graben gerutscht war und nicht mehr vorankam. Der Schaden am Wagen, hat Maas später erfahren, betrug 4000 Euro.
„Gelohnt“, sagt der Waldbauer, „hat sich diese Aktion eindeutig nicht.“