Düsseldorf. Zwei Flüchtlinge sollen eine 18-jährige Ukrainerin auf einem Düsseldorfer Hotelschiff vergewaltigt haben. Opfer blieb dem Prozessauftakt fern.
Der Krieg ist gerade zehn Tage alt, die 18-Jährige aus der Ukraine hat sich allein nach Düsseldorf gerettet. Doch auf dem Hotelschiff „Oscar Wilde“ am Rheinufer, auf dem sie untergebracht wird, findet die junge Frau offenbar keine Sicherheit: Zweimal soll sie dort am Abend des 6. März vergewaltigt worden sein. Vor dem Düsseldorfer Landgericht läuft seit Mittwoch der Prozess – gegen zwei Studenten, die ebenfalls aus der Ukraine geflüchtet sein sollen.
Alles beginnt in Kabine 114, auf dem ersten Deck des weißen Flusskreuzers. 88 Personen sind an jenem Sonntag an Bord, 26 von ihnen sind Flüchtlinge. Beim Abendessen, so heißt es in der Anklage, lernt die 18-Jährige einen 26-Jährigen kennen, sie verabredet sich zum gemeinsamen Fernsehgucken. Doch das Programm interessiert den gebürtigen Tunesier, der in der Ukraine Zahnmedizin studiert haben soll, nicht. Sofort soll er die körperlich unterlegene Frau umarmt, geküsst und festgehalten haben, sie ausgezogen, ihr einen Knutschfleck auf den Hals gedrückt haben. „Sie konnte sich nicht wehren“, liest die Staatsanwältin vor.
Zwei Männer sollen das Opfer unabhängig voneinander überfallen haben
Das Opfer habe „Stopp!“ geschrien, „Nein“! und „Ich will das nicht!“, der Täter aber nicht von ihr abgelassen. Fixierte sie, drückte sie „mit seinem gesamten Körpergewicht“ nieder und vergewaltigte sie. Nur Minuten später soll dann ein zweiter Mann geklopft haben, der Bewohner der Kabine zwei Türen weiter. Dem 38-jährigen Nigerianer soll sie gesagt haben, sie wolle das Schiff verlassen, ging aber trotzdem noch mit ihm in sein Zimmer. Auch dieser Mann, Student der Informatik und Vater eines neunjährigen Kindes, ließ sie erst nach der Tat gehen, als sie ihm per Übersetzungs-App gedroht hatte, ihr Vater hole sie ab.
So steht alles in der Anklage, selbst erzählt die junge Frau am ersten Verhandlungstag nichts. Die 20. große Strafkammer hat sie geladen, aber die Zeugin erscheint nicht. Für die Polizei ist sie nicht zu erreichen, für ihre Rechtsanwältin auch nicht, die sie als Nebenklägerin im Prozess vertritt. Sie leide sehr unter den Taten, heißt es auf dem Gerichtsflur, habe sich zuletzt zurückgezogen. Nach mehreren Telefonaten und einem Besuch durch Gutachterin und Dolmetscherin verfestigt sich das Gerücht: Die 18-Jährige ist wohl Corona-positiv.
Beide Angeklagte waren als Studenten in der Ukraine
Ob sie in Anwesenheit der Öffentlichkeit aussagen muss, ist ohnehin offen, aber erscheinen muss sie wohl: Bislang haben die Angeklagten sich zu den Vorwürfen nicht geäußert; beide Anwälte bestätigen außerhalb des Saales, dass ihre Mandanten alles bestreiten – auch wenn die Kammer ihnen eine Einlassung nahelegt, „wenn was dran sein sollte“: Das „könnte deutlich strafmildernd berücksichtigt werden“. Zunächst aber hängt es also am Opfer, den Abend vor Gericht noch einmal nachzuerzählen – und den mutmaßlichen Peinigern gegenüber zu sitzen.
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Links dem 26-jährigen, der Zahnarzt werden will, der sich sein Studium in der Ukraine als Taxifahrer verdiente, unterstützt von seiner zehnköpfigen Familie in Tunesien. Einem Mann mit Brille, T-Shirt, auf dem „Industry“ steht, und einem Schulheft mit der Aufschrift „Work“, das er sich vor den Fotografen schützend vors Gesicht hält. Seine Freundin, sagt er, floh vor den russischen Angriffen ins heimatliche Marokko. Rechts dem 38-jährigen Bruder von vier Schwestern aus Nigeria, ebenfalls Taxifahrer und ebenfalls Student: Er ging erst mit 33 in die Ukraine, studiert dort Informatik.
Beide Männer haben keine rechte Antwort auf die Frage nach ihrer Adresse. Nur die: „Ich war erst zwei Tage in Deutschland, als ich festgenommen wurde.“