Recklinghausen. Zwei Jahre musste das Ruhrgebiet auf seinen „Feiertag“ verzichten. Nun ist die ExtraSchicht wieder da – mit 43 Spielorten in 23 Städten.

Die Wand ist recht unscheinbar, der Zugang mehr Tür als Tor, doch dahinter öffnet sich eine vergangene Welt: Es sieht aus wie ein Bergwerk, es riecht wie ein Bergwerk, und es ist auch komplett so eingerichtet, das Trainingsbergwerk Recklinghausen ist allerdings ein ehemaliger Bunker, angelegt von Bergleuten in einer Halde. Die Maschinen, die Kabel, die Dieselkatze stammen von anderen Zechen. Nur das Bergbaumuseum Bochum bietet ein ähnliches Erlebnis, sogar kompletter, aber aufpolierter. Recklinghausen mit seinem wirklich originalen Charme, wird wohl ein Höhepunkt der „ExtraSchicht“ 2022 werden. Die „Nacht der Industriekultur“ soll nach zwei Jahren Corona-Pause wieder durchstarten, am 25. Juni, dem letzten Samstag des Monats.

Im Originalzustand: Das Trainingsbergwerk Recklinghausen ist erstmals Spielort.
Im Originalzustand: Das Trainingsbergwerk Recklinghausen ist erstmals Spielort. © TBW_Recklinghausen

Licht und Kunst verzaubern Orte der Arbeit. An 43 Spielstätten in 23 Städten können die Besucher sich überraschen lassen. Mit Shuttles oder auf eigenen Rädern geht’s durch die Nacht – das Konzept hat sich nicht geändert, ein paar Spielorte und Details aber schon. Das Trainingsbergwerk ist das erste Mal dabei, ebenso der Zechenpark Friedrich Heinrich in Kamp-Lintfort – dieser Teil des ehemaligen Bergwerks West war schon Dreh- und Angelpunkt der Landesgartenschau 2020. Mit ihrem Luftschiffhangar am Flughafen Essen/Mülheim wollte die WDL wollte schon vor zwei Jahren teilnehmen, doch mit der Pandemie kam die Absage der gesamten ExtraSchicht, die markante Halle wurde zum Testzentrum, zum Autokino, zum Kongresszentrum an der frischen Luft. Nach diesen Extrarunden hofft man nun auf eine Punktlandung.

Bewachte Fahrradparkplätze und Online-Registrierung

Wird sie wirklich stattfinden können, die Jubiläumsausgabe, die zwanzigste ExtraSchicht? Natürlich gibt es eine „Restunsicherheit“, erklärt Axel Biermann, Chef von Ruhr Tourismus. Welche Corona-Regeln am 25. Juni gelten, weiß niemand. „Aber wir hoffen, dass das Thema dann vorbei ist. Nach zwei Jahren „Achterbahnfahrt können wir die Besucherlenkung nun aktiv gestalten.“ Tickets gibt es nur noch online und personalisiert, Armbändchen muss keiner mehr tragen, der Code auf dem Handy oder als Ausdruck genügt. An allen Spielorten werden nur so viele Gäste eingelassen, wie es die Kapazität erlaubt. Per App soll den Besuchern angezeigt werden, wo es voll wird, so dass man sich unnötige Wege sparen kann.

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Die Shuttlebusse sieht Biermann im Hinblick auf mögliche Coronabeschränkungen als Engpass, aber auch unabhängig davon will er das Radeln attraktiver machen. „Viele haben mittlerweile teure E-Bikes, die möchte man sicher abstellen.“ An vielen Spielorten soll es darum bewachte Fahrradparkplätze geben. „Besser können wir uns nicht vorbereiten“, sagt Biermann. „Die Wahrscheinlichkeit ist gering, dass es nicht stattfindet.“ Bei einer offiziellen Absage der ExtraSchicht werden die Tickets rückerstattet. Neu ist auch die „Spielzeit“: Um 17 Uhr geht es los, um 1 Uhr in der Nacht endet die ExtraSchicht. Mit der Entscheidung eine Stunde eher anzufangen und aufzuhören, wollen die Veranstalter vor allem Familien mit Kindern ansprechen.

Rückkehrer und Klassiker

Als „Spielort-Rückkehrer“ firmiert der Mülheimer Park MüGa samt Rinlokschuppen und Camera Obscura, der Malakoffturm in Bottrop mit der Eloria Erlebnisfabrik, wo Escape-Room-Spiele und andere „Abenteuersimulationen“ stattfinden. Das aufwendig modernisierte Bergbau-Museum in Bochum und der ebenfalls runderneuerte Gasometer Oberhausen sind auch wieder dabei. Klassiker wie Zeche Zollverein, Landschaftspark Duisburg-Nord und das Dortmunder U sowie das dortige Deutsche Fußballmuseum sind natürlich weiterhin Ankerpunkte. Eine vollständige Liste finden Sie unter extraschicht.de.

Nach demr Modernisierung ist das Bergbau-Museum Bochum wieder dabei.
Nach demr Modernisierung ist das Bergbau-Museum Bochum wieder dabei. © RTG | Udo Geisler

Was die Künstler mit und an den Spielorten veranstalten, steht erst im Mai fest. Das Trainingsbergwerk Recklinghausen jedoch können Besucher erstmals selbstständig erkunden. Dafür stehen die Führer, allesamt ehrenamtliche ehemalige Kumpel an den interessanten Stationen und erzählen dort ihre Geschichte und die des Bergbaus. Mindestens eine Stunde sollte man dafür einplanen, sagt Bernd-Uwe Seeger, der den Verein des Trainingsbergwerks leitet. „Festes Schuhwerk ist von Vorteil, alles andere kriegen Sie von uns.“

„Feiertag des Ruhrgebiet“ nennen manche die ExtraSchicht. Feiern – „können wir das tun, wenn ganz in der Nähe, bei Nachbarn, ein furchtbarer Krieg tobt“, fragt Bärbel Bergerhoff-Wodopia, Vorstandsmitglied der RAG-Stiftung, ein Hauptförderer der ExtraSchicht. „Aber wir dürfen nicht in Fassungslosigkeit verfallen. Wir müssen das Leben so gestalten, dass die Menschen wieder Freude haben.“ Unter den vielen Künstlern und in der jungen Szene, so ist zu erwarten, werden wohl einige auch politische Zeichen setzen. Solidarität und Zusammenhalt, sind das nicht die Werte des Bergbaus schlechthin?

>> Info: Die Tickets

Frühbuchertickets für die ExtraSchicht gibt es ab sofort für 12 Euro. Am 10. Mai beginnt der offizielle Vorverkauf, dann kosten Tickets 17 Euro und ermäßigt 14 Euro. Mit der Ruhr.Topcard kostet der Eintritt 8,50 Euro. Am Tag der Veranstaltung (25. Juni) kosten alle Karten 20 Euro. Kinder unter sechs Jahren haben freien Eintritt, benötigen aber dennoch ein Ticket.

Die Karten sind online unter extraschicht.de erhältlich oder telefonisch unter 01806 181650 (20 Cent/Anruf) sowie in einigen Vorverkaufsstellen. Das sind die Touristeninfos von Bochum, Dortmund, Mülheim, Duisburg, Essen, Oberhausen (auch am Centro), Witten und Moers sowie das Besucherzentrum Hoheward in Herten. An den Spielorten selbst gibt es keine Abendkasse.

Enthalten ist der Eintritt zu allen 43 Spielstätten, die Nutzung der Shuttlebusse sowie freie Fahrt im VRR und im Teilraum Ruhr-Lippe des Westfalentarifs (2. Klasse) bis 7 Uhr am Folgetag. Auch ein Leihfahrrad von Metropolradruhr kann man günstiger mieten.