Essen. Ein Ex-Schalker soll den eigenen Tod vorgetäuscht haben, um 1,2 Mio Euro zu kassieren. Jetzt steht er mit seiner Frau vor Gericht.
Die Karriere als Profifußballer mit einem Millionengehalt bei Schalke 04 blieb ihm versagt. Da soll der Marler Hiannick K. (35) gemeinsam mit seiner heute in Gladbeck wohnenden Ehefrau Christina von G. (41) auf die Idee gekommen sein, den eigenen Tod vorzutäuschen, um von der Lebensversicherung 1,2 Mio Euro zu kassieren. K. selbst muss sich vor der XXV. Essener Strafkammer zusätzlich wegen einer Falschaussage vor dem Amtsgericht Essen verantworten. Am Montag begann vor der XXV. Essener Strafkammer der Prozess gegen das Ehepaar.
Eine bizarre Geschichte, an der die Essener Staatsanwaltschaft lange ermittelt hat. Staatsanwalt Hauke Schlick geht davon aus, dass das Ehepaar bereits im Frühjahr 2015 beschlossen hat, den Unfalltod des Fußballers vorzutäuschen. Am 24. April 2015 hätten sie eine Risikolebensversicherung mit Unfallversicherung bei der Provinzial beantragt. Weil der Vertrag über vier Millionen Euro laufen sollte, hatte die Versicherung abgelehnt: viel zu hoch. Schließlich kam eine Summe im Todesfall über 1,2 Mio Euro zustande.
Unfalltod im Kongo
Etwa ein halbes Jahr später, so heißt es in der Anklage, sei der ehemalige Schalkespieler in sein Heimatland, die Demokratische Republik Kongo, gereist. Dort soll er am 6. Januar 2016 bei einem Verkehrsunfall auf einer Kreuzung an der Avenue de Université in der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa lebensgefährlich verletzt und am 8. Januar im Krankenhaus gestorben sein.
Schnell habe die Todesnachricht die Witwe in Gladbeck erreicht, die den Tod umgehend ihrer Versicherung gemeldet und die Auszahlung der Versicherungssumme gefordert habe. Trotz einiger Bedenken und Nachprüfungen soll das Unternehmen am 5. Dezember 2016 die 1,2 Mio Euro auf ihr Konto bei der Sparkasse Gelsenkirchen überwiesen haben.
Todesurkunde sah echt aus
Die von ihr eingereichte Todesurkunde aus dem Kongo samt weiterer Unterlagen machten einen so guten Eindruck, dass die Provinzial keinen anderen Weg gesehen hatte. Eine Fälschung der Papiere, von der die Staatsanwaltschaft heute ausgeht, ließ sich nicht nachweisen.
Zu den Dokumenten passte aber nicht, dass sich Hiannick K., der angeblich Tote, am 29. März 2018 quicklebendig bei der Deutschen Botschaft in Kinshasa meldete. Er sei verschleppt worden, gab er an. Zwei Jahre lang habe er sich in der Großstadt Mbandaka mit Jobs über Wasser gehalten, bis er endlich den Weg nach Kinshasa gefunden habe.
Evonik half bei Rückkehr nach Deutschland
Nach diesem Auftritt in der Botschaft galt er den Behörden wiederum für ein Jahr als unauffindbar, bis er schließlich auch auf Vermittlung seines Arbeitgebers, Evonik im Chemiepark Marl, nach Deutschland zurückkehren durfte.
Schon einmal hatte er Hilfe in Anspruch genommen, um in Deutschland bleiben zu dürfen. Als Kind war er nach Deutschland gekommen, wuchs in Essen auf. Ab 1999 spielte er Fußball bei der Schalker Jugend, 2005 wechselte er zur zweiten Mannschaft der Knappen in den Erwachsenenbereich.
Abschiebung durch Profivertrag verhindert
Zeitgleich sollten seine Eltern und er abgeschoben werden. Damals erfuhr er Solidarität von der Gesamtschule Berger Feld in Gelsenkirchen, aber auch von Schalke. Der Verein stattete ihn mit einer Art Profivertrag aus und verhinderte so seine Abschiebung in den Kongo. Lange hielt die Verbindung nicht. Als er 2007 eine Schlägerei angefangen haben soll, weil er nicht aufgestellt wurde, trennte Schalke sich von ihm. Danach spielte er bei unterklassigen Vereinen, zuletzt beim VfB Hüls.
Im Ermittlungsverfahren bestritt er jede Schuld. Er gab an, den Betrug hätten wohl seine 2017 verstorbene Mutter und seine Ehefrau gemeinsam eingefädelt. Seine Mutter habe ihn auch entführen lassen. Vor der XXV. Strafkammer wird er schweigen, erklärte am Montag sein Verteidiger Lars Dippel auf Frage von Richter Markus Dörlemann.
Scheidung des Ehepaars läuft
Seine Frau, die einen Escortservice geleitet haben soll, ließ durch ihren Verteidiger Michael Wolff immerhin mitteilen, dass sie sich weder allein noch gemeinschaftlich strafbar gemacht habe. Sie habe jetzt vergeblich soziale Leistungen beantragt. Die Behörde habe abgelehnt, weil sie angeblich vermögend sei. Dabei habe die Justiz die Gelder aus der Versicherung eingefroren.
Wolff sagt auch, seine Mandantin sei von der Todesnachricht geschockt und von der Rückkehr ihres Mannes emotional berührt gewesen. Mittlerweile läuft die Scheidung.
Anklage auch wegen Falschaussage
Weil der Angeklagte bei einer richterlichen Vernehmung am Amtsgericht Essen behauptet hatte, nie etwas von einem Antrag auf vier Millionen Euro Versicherungssumme gewusst zu haben, ist er auch wegen Falschaussage angeklagt.
Objektive Beweise legt die Staatsanwaltschaft nicht vor. Es sind Indizien, die das Ehepaar belasten. Objektiv sind aber die Trauerbekundungen im Jahre 2016. Seine ehemaligen Vereine beklagten den Tod des Verteidigers. Auch Nationaltorhüter Manuel Neuer, hieß es, kondolierte damals zum Tod seines Mitspielers aus der Jugend.