Leipzig. Wird nach der Buchung eine Reisewarnung ausgesprochen, können Urlauber eigentlich kostenlos stornieren. Ein Gericht sieht das anders.

Wer bei einer Reisewarnung wegen hoher Corona-Zahlen seinen Pauschalurlaub stornieren will, muss damit rechnen, eventuell auf den Stornogebühren sitzen zu bleiben.

Nach üblicher Rechtssprechung werden eigentlich keine Stornogebühren fällig, wenn nach der Buchung eine Reisewarnung ausgesprochen wird. Das Amtsgericht Leipzig entschied in einem Fall nun anders: Es sprach einem Pauschalurlauber, der eine Reise nach Gran Canaria gebucht hatte, das Recht auf kostenlosen Rücktritt ab (Az.: 102 C 7217/20).

Die Begründung: Dem Kunden sei die Möglichkeit einer Reisewarnung bei der Buchung bekannt gewesen. Zuvor hatten touristische Fachmedien wie "Reisevor9" und "fvw" über den Fall berichtet.

Wie sah der Fall konkret aus?

In dem verhandelten Fall hatte der Kläger über ein Reisebüro bei dem Veranstalter LMX im Juni 2020 eine Reise nach Gran Canaria für September 2020 gebucht. Anzahlung: 743 Euro.

Kurz vor der Reise dann forderte das Reisebüro wegen einer aktuell ausgesprochenen Reisewarnung für Spanien eine kostenfreie Stornierung an. Die Restzahlung für die Buchung mit einem Gesamtwert von mehr als 2400 Euro zog der Kläger mit der Begründung zurück, dass am Zielort zum Reisezeitpunkt außergewöhnliche Umstände aufgetreten seien. Diese beeinträchtigten die Durchführung der Pauschalreise erheblich. Der Kläger verwies dabei auf Paragraf 651h Absatz 3 BGB, in dem der Rücktritt vom Reisevertrag vor Reisebeginn geregelt ist.

Beim Amtsgericht Leipzig zog dieses Argument aber nicht. In einem Urteil vom 28. April 2021 erklärt es überraschend, dass die grundsätzliche Möglichkeit, dass für das Zielgebiet eine Reisewarnung ausgesprochen werden könnte, dem Kläger bei Reisebuchung bekannt war - und somit keine außergewöhnlichen Umstände darstellen. Eine kostenlose Stornierung komme somit nicht in Frage. Bereits Monate zuvor seien Reisewarnungen in großem Umfang für nahezu alle touristischen Zielgebiete ausgesprochen worden.

So durfte der Reiseveranstalter die Anzahlung von 743 Euro einbehalten. Zudem habe er Anspruch auf den vollen Stornobetrag, entschied das Leipziger Gericht. Gegen das Urteil kann der Kläger allerdings noch in Berufung gehen.

In der Pandemie ist Krise der Normalzustand

Wer eine Reise bucht, sollte sich während der Pandemie über die Möglichkeit der sich am Zielort verändernden Umstände bewusst sein, sagt auch Reiserechtler Paul Degott aus Hannover. "Wer in einer Krisensituation eine Reise bucht, muss auch krisenbedingte Umstände hinnehmen", so der Jurist. Er empfiehlt, sich vorher genau über die Möglichkeiten eines Reiserücktritts zu informieren.

Fallen Stornogebühren an, sollten Reisende Gebrauch von seinem Auskunftsrecht machen, rät Degott. So seien Veranstalter verpflichtet dazu, genau aufzuführen, wie die entstandenen Stornokosten zusammengekommen sind. "Wenn der Veranstalter das nicht kann, dann entsteht auch kein Anspruch auf Stornoentschädigung". Über diesen Umweg bekomme man oft sein Geld doch zurück. (dpa)