Bochum/Herne. Nach nur vier Wochen Präsenzunterricht beginnen am Freitag die Sommerferien. Einige Oberstufenschüler blicken mit Sorge auf das neue Schuljahr.

Sechs Wochen lang ausschlafen, Freunde treffen, Kraft tanken: Das sind die Pläne von Abdelbari Shniba für die großen Ferien, die in NRW am Freitag beginnen. „Die Inzidenzen sprechen für einen schönen Sommer“, freut sich der Schülersprecher der Bochumer Schiller-Schule. Die Bücher bleiben also im Schrank. „Ich habe keine Lust, irgendetwas nachzuholen.“

Auch Mitschülerin Felicitas Schwarze möchte die Sommerferien nutzen, um Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen. „Das ist in den vergangenen Monaten viel zu kurz gekommen,“ sagt die Schülersprecherin. Zwei Wochen geht es mit Freunden nach Spanien, anschließend mit der Familie nach Italien. In zwei Jahren macht die 16-Jährige Abitur, ab kommendem Schuljahr zählen die Noten. „Ich fühle mich eigentlich recht gut vorbereitet“, sagt Felicitas Schwarze. Das sei aber nicht bei allen so: Die Unterschiede zwischen den Schülern, das habe man in den vergangenen Wochen gemerkt, seien deutlich gewachsen.

Schüler wünschen sich im neuen Schuljahr mehr Planungssicherheit

Präsenzunterricht, Distanzunterricht, Wechselunterricht, Distanzunterricht, Wechselunterricht, Präsenzunterricht – Mitten in diesem „Wirrwarr“, wie Abdelbari Shniba sagt, mussten sich die Zehntklässler für die Fächer entscheiden, in denen sie in zwei Jahren ihre Abiturprüfungen schreiben wollen. „Ich habe Biologie als Leistungskurs gewählt“, sagt Felicitas Schwarze – ohne auch nur eine einzige Oberstufen-Klausur in dem Fach geschrieben zu haben. „Da geht man schon mit gemischten Gefühlen rein.“

Felicitas Schwarze (16) und Abdelbari Shniba (15) sind Schülersprecher der Schiller-Schule in Bochum.
Felicitas Schwarze (16) und Abdelbari Shniba (15) sind Schülersprecher der Schiller-Schule in Bochum. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Abdelbari Shniba blickt ebenfalls zwiegespalten auf das kommende Schuljahr. Zwar sollen Klassenfahrten, AGs und Schulfeste endlich wieder möglich sein – „aber alles unter Vorbehalt“, sagt der 15-Jährige. Eine mögliche vierte Welle und die Delta-Variante könnten dem geplanten Präsenzunterricht nach den Ferien noch in die Quere kommen. Für das neue Schuljahr wünscht sich der Schülersprecher mehr Planungssicherheit und erinnert an die vielen kurzfristigen Schulmails. „Es wäre schön, wenn wir Schüler von den politisch Verantwortlichen mehr in den Blick genommen würden.“

Lernrückstand: „Wie sollen wir das in den wenigen Monaten noch alles schaffen?“

Auch Selim Erdogan und Selvican Sahin freuen sich auf sechs Wochen Sommerferien: „Erst einmal fahren wir weg“, sagen die Schülersprecher des Haranni-Gymnasiums in Herne. Sie werden für drei Wochen ihre Familien in der Türkei besuchen. „Und dann steht noch jede Menge an“, sagt Selvican Sahin. Viele Projekte, wie ein Präventionstag gegen Rassismus, Wandertage und die Talentshow, hätten im vergangenen Jahr nicht stattfinden können. „Das wollen wir alles im nächsten Schuljahr nachholen“, so die Elftklässlerin.

Trotz aller Freude auf einen „hoffentlich normalen Schulalltag“ nach den Ferien: Die vielen versäumten Unterrichtsstunden bereiten der Oberstufenschülerin Sorge. „Wir haben gefühlt jede Woche ein neues Thema angefangen“, sagt Selvican Sahin – „ohne das Alte richtig abgeschlossen zu haben.“ In weniger als einem Jahr schreibt sie im Grundkurs Biologie ihre Abiturprüfung. Evolution, Neurobiologie, Ökologie – „Wie sollen wir das in den wenigen Monaten noch alles schaffen?“

Als Schülerin, die im nächsten Jahr ihren Abschluss macht, durfte Selvican Sahin vor allen anderen wieder in die Schule. „Ich bin mündlich sehr viel stärker als schriftlich“, sagt die 17-Jährige. Das sei ihr aber weder im Online-Unterricht zugutegekommen, noch in den Wochen, in denen die Abschlussschüler in der Aula oder der Pausenhalle unterricht wurden. Riesige Stahlträger hätten die Sicht versperrt, das Surren des Luftreinigers jede Erklärung des Lehrers übertönt. „Ich habe nichts gesehen und mein Lehrer hat nicht gesehen, wenn ich mich gemeldet habe“, bedauert die Schülersprecherin.

Stufenfahrt: „Ich bin so glücklich, dass wir wieder die Chance dazu haben“

Erst seit Ende Mai herrscht an den Schulen in NRW wieder „Normalbetrieb“, alle Schülerinnen und Schüler dürfen seitdem jeden Tag den Unterricht besuchen. „Als die Hausmeister die Tische wieder in die Klassen getragen haben – das war schon ein komisches Gefühl“, sagt Selim Erdogan. Doch es habe auch lustige Momente gegeben, etwa wenn ein Mitschüler mal wieder vergessen hatte, in der Video-Konferenz das Mikrofon auszuschalten. „Oder als wir im Sportunterricht alle mit der Fitnessmatte vor der Kamera standen“, sagt der 16-Jährige und lacht.

Besonders schön haben die Oberstufenschüler den Abiball in der vergangenen Woche in Erinnerung. „Es hat an nichts gefehlt“, sagt Selvican Sahin, die die Feier mitorganisiert hatte. „Ich hoffe aber, dass wir im nächsten Jahr wieder groß im Kulturzentrum feiern können.“ Am allermeisten freut sich die Schülerin auf „das Highlight der Oberstufe“, die Stufenfahrt. Nach den Sommerferien geht es nach Berlin. „Wir haben schon alles gebucht“, sagt die 17-Jährige. „Ich bin so glücklich, dass wir wieder die Chance dazu haben.“

Schulstart im August

Die rund 2,5 Millionen Schüler in NRW sollen laut Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) nach den Ferien wieder einen weitgehend normalen Schulalltag erleben. Die Maskenpflicht im Gebäude und die Testpflicht bleiben aber bestehen.

■ Auch Schülerin Felicitas Schwarze hofft auf Normalität im neuen Schuljahr: „Ich freue mich, wenn man sich endlich wieder in den Arm nehmen kann.“