Berlin. In der Pandemie ist die Nachfrage nach einem Corona-Impfnachweis groß. Im Internet werden Fälschungen bereits ab 99 Euro angeboten.
Das ocker-gelbe Heftchen, das man früher so gerne verkramte und dann ewig suchen musste, wenn ein Arzttermin bevorstand, ist ins Visier der organisierten Kriminalität gerückt.
Denn viele Menschen können es nicht abwarten, die angekündigten Freiheiten für Corona-Geimpfte zu genießen, oder wollen eine Impfung gänzlich vermeiden.
Wurden zunächst nur einzelne regionale Fälle bekannt, scheint es inzwischen eine regelrechte Flut an gefälschten Impfpässen und Chargen-Aufklebern zu geben.
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Falsche Impfpässe: LKA ermittelt wegen Urkundenfälschung
Mitte April hatte eine Ärztin aus dem Landkreis Goslar zufällig bei einem Patienten mehrere Blanko-Impfausweise sowie weitere Formulare und Bögen mit Chargennummern gefunden, wie der NDR meldete. Gegen den Mann wird inzwischen wegen Verdachts der Urkundenfälschung ermittelt.
Am Donnerstag wurden in einer Berliner Wohnung gefälschte Impfpässe entdeckt. Am selben Tag wurden ebenfalls in der Hauptstadt von Zivilbeamten des LKA drei Männer im Alter von 28, 30 und 39 Jahren an einem U-Bahnhof festgenommen. Sie hatten zuvor versucht, den Beamten gefälschte Impfausweise zu verkaufen.
Die mit einem Impfaufkleber, Arztstempeln und entsprechenden Unterschriften versehenen Dokumente sollen zuvor über einen Messengerdienst angeboten worden sein. Die Ermittlungen wegen des Verdachts der Urkundenfälschung und des gewerblichen Betrugs führt ein Fachkommissariat des Landeskriminalamtes.
Corona: Impfpass hat keine Fälschungssicherungen
Verglichen mit Dokumenten und Objekten, auf die Fälscher sonst ihr Augenmerk richteten, wie Banknoten, Pässe oder Personalausweise, verfügt das ocker-gelbe Impfheft über keinerlei Fälschungssicherungen.
Man bekommt es beim Hausarzt, der die Impfungen einträgt und das Dokument mit Datum und Unterschrift versieht, wenn sie vorgenommen werden. Wer gegen Corona geimpft wurde, bekommt das derzeit entweder in eben jenem Impfpass oder auf einer Ersatzbescheinigung bestätigt, die überall in Deutschland gleich aussieht.
Beide Dokumente würden jeweils mit dem Impfstoffaufkleber, einem Stempel des Impfzentrums und der Unterschrift des behandelnden Arztes versehen, so das LKA. Im Internet und besonders im Messenger-Dienst Telegram werden laut LKA nun Impfpässe mit Stempel, Corona-Impfstoff-Sticker und Unterschrift angeboten. Der Preis pendelt zwischen 99 und 250 Euro.
Als in den Dokumenten angegebene Impforte haben die Fälscher alle größeren Städte im Angebot, wie zum Beispiel Frankfurt/Main, Augsburg oder Düsseldorf. Der Kauf einen gefälschten Impfpasses ist strafbar.
Corona-Impfung nicht in sozialen Medien posten
Datenschützer und LKA-Ermittler warnen zudem die bereits gegen Corona Geimpften davor, den Eintrag in ihrem Impfpass in den sozialen Netzwerken posten. Denn diese Postings könnten leicht eine Vorlage für Fälschungen werden, warnte zuletzt das LKA Baden-Württemberg.
Manche Täter nutzten eben diese Posts in sozialen Medien und sammelten so Informationen über die Impfchargen und die Impförtlichkeiten, um diese dann für die Fälschungen zu nutzen.
Blanko-Impfpass für 5,90 Euro bei Amazon
Besonders gerissen müssen die Fälscher auch gar nicht vorgehen, da Blanko-Impfpässe frei im Internet erhältlich sind. Unter anderem sogar bei Amazon. Ein einzelnes Impfbuch kann man dort für 5,90 Euro inklusive Prime-Lieferung bestellen. Ein Paket mit 25 Pässen kostet hingegen um die 60 Euro.
Digitaler Impfausweis: Im Ausland ist man weiter
Unsere europäischen Nachbarn sind sich der Problematik ebenfalls bewusst, denn auch hier waren und sind gefälschte Pässe in Umlauf. Österreich hat bereits einen E-Impfpass im Einsatz. Mit diesem will die österreichische Bundesregierung unter anderem die Verteilung der Impfstoffe dokumentieren. Geimpfte werden in einem zentralen Register erfasst.
In Deutschland werden die Daten der Geimpften derzeit zwar an die zuständigen Gesundheitsämter übermittelt. Institutionen wie Läden, Flughäfen oder Restaurants und Freizeiteinrichtungen haben jedoch keinerlei Möglichkeit, vorgezeigte Impfpässe auf Echtheit zu überprüfen. Der digitale Impfpass soll auch in Deutschland noch vor dem Sommer kommen. Ob das noch zu schaffen ist, ist jedoch zweifelhaft.
Dieser Text erschien zuerst auf www.morgenpost.de
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