Ruhrgebiet. Nicht nur Haus-, sondern auch Fachärzte impfen gegen Corona. Die Impfgruppe II soll jetzt auch in die Impfzentren – wer ist wo der Nächste?

Anruf vom Hals-Nasen-Ohren-Arzt in Bochum: Ob die Patientin zum Impfen kommen wolle? Telefonat mit der Gastroenterologin in Essen: Sie stehen bereits auf unserer Liste! Ja, impfen die Fachärzte denn doch schon mit? Und wer ist eigentlich jetzt dran? Zwar gelten – noch – die Regeln der Impfpriorisierung, aber in der Praxis werden sie schon aufgeweicht.

Monatelang hatten die Hausärzte geklagt, dass sie nicht impfen durften; seit sie dabei sind, beschwerten sich deren Kollegen. Fachärzte und Privatärzte, hatte der Bundesgesundheitsminister aber noch Anfang April gesagt, müssten zunächst außen vor bleiben: Nicht genug Impfstoff, Sie wissen schon. „Zeitnah“ aber sollten sie einbezogen werden, und wie es aussieht, haben erste Mediziner beschlossen: Zeitnah ist jetzt.

Dürfen Fachärzte schon impfen?

Begehrt: ein Impftermin. Bei Hausärzten sind diese inzwischen oft schneller zu bekommen.
Begehrt: ein Impftermin. Bei Hausärzten sind diese inzwischen oft schneller zu bekommen. © dpa | Jens Kalaene

Eine offizielle Aufforderung, Einladung, Verkündung hat es nicht gegeben, Fakt aber ist: Viele Fachärzte unterschiedlichster Fachrichtungen haben begonnen, gegen Corona zu impfen. Sie geben die Spritze nach der vorgeschriebenen Priorisierung in der Impfverordnung (kurz: CoronaImpfV) derzeit Patienten mit schweren Vorerkrankungen oder deren Kontaktpersonen, wie etwa Gynäkologen den Bezugspersonen von Schwangeren oder HNO-Ärzte chronisch Kranken. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein sagt ausdrücklich: „Ja, alle Vertragsärzte dürfen in ihren Praxen Corona-Schutzimpfungen durchführen.“ Auch Fachärzte würden inzwischen von den Apotheken beliefert und könnten impfen.

Die KV Westfalen-Lippe bestätigt das, schränkt aber ein, der Impfstoff sei nach wie vor knapp und gehe deshalb zunächst an die Hausärzte: Bestellen könne ein Facharzt, ob er aber Vakzin bekomme, und wenn ja wie viel, sei eine andere Frage, sagt eine Sprecherin. „Mit einer Zunahme der Impfstoffmengen wird es auch stetig mehr impfende Fachärzte geben.“ Zuständig für die Impfstoffverteilung an die niedergelassenen Ärzte ist der Bund, aus dem Landesgesundheitsministerium aber heißt es inzwischen ebenfalls vorsichtig: Impfungen durch Fachärzte seien bei ausreichendem Impfstoff „gegebenenfalls möglich“. Tatsächlich schreibt das Ministerium selbst auf seiner Internetseite: „Personen, die chronisch erkrankt sind, können sich derzeit an ihren Haus- oder Facharzt wenden.“

Wer wird überhaupt geimpft?

In den 53 Impfzentrum in NRW werden immer noch lebensältere Menschen ab 70 Jahren geimpft.
In den 53 Impfzentrum in NRW werden immer noch lebensältere Menschen ab 70 Jahren geimpft. © dpa | Stefan Sauer

In den Impfzentren der Städte wird vor allem nach Altersgruppen geimpft, und das ging zuletzt immer schneller: Seit nach Ostern der erste Jahrgang von insgesamt 1,6 Millionen Menschen zwischen 70 und 79 Jahren aufgerufen wurde, sich um einen Impftermin zu bemühen, ging es fast im Zwei-Tage-Rhythmus voran: Ab Freitag dieser Woche (23. April) sind nun schon die Geburtsjahrgänge 1950 und 1951 und ihre Lebenspartner eingeladen. „Damit“, freute sich NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann in dieser Woche, „können wir an die Terminbuchung für die altersbedingten Impfungen der Prioritätsgruppe 2 einen Haken machen.“

Dabei bleiben die Buchungssysteme weiterhin für 2,8 Millionen Menschen geöffnet, die über 70 Jahre alt sind und noch keinen Termin gemacht haben. Allerdings sollten die sich nun beeilen, mahnte der Minister am Rande einer Pressekonferenz am Freitag: Ab dem 30. April sollen auch Vorerkrankte aus der Priorisierungsgruppe 2, die bei ihren Hausärzten auf den Wartelisten noch unter ferner liefen stehen, über die Buchungssysteme der Kassenärztlichen Vereinigungen einen Termin bekommen können. Das bedeutet für alle ab 70, dass sie ab dem kommenden Freitag ihre Partner nicht mehr mit anmelden können!

Noch hat sich Laumann nicht zur nächsten Gruppe 60+ geäußert, die Kassenärztlichen Vereinigungen gehen aber davon aus, dass auch diese Menschen in den Impfzentren geimpft werden – falls die Berechtigten nicht schon wegen bestimmter Vorerkrankungen bei ihren Hausärzten zum Zuge gekommen sind. Oder bei der Vergabe der Bestände von Astrazeneca Glück hatten, das derzeit in NRW nur an Menschen über 60 Jahre verimpft werden darf – was auch so bleiben soll.

Wann sind die Vorerkrankten aus der Impfgruppe 3 an der Reihe?

Zudem öffnen immer mehr Kommunen ihre Impfzentren für Kontaktpersonen von Pflegebedürftigen und Schwangeren, die zuhause leben. Auch chronisch Kranke mit Attest haben vielerorts Termine gehabt, so sie denn über 70 sind, das war bis jetzt vor allem über Einzelfallentscheidungen möglich. Ab kommenden Freitag sollen auch die schwer Vorerkrankten aus der Priogruppe 2 in den Impfzentren einen Termin buchen können.

Jüngere Vorerkrankte, etwa mit Autoimmunerkrankungen, Rheuma, Herzinsuffizienz, Asthma… stehen noch nicht auf dem Plan. Sie gehören zur Impfgruppe 3 („Erhöhte Priorität“), obwohl auch bei ihnen „erhöhtes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf nach einer Infektion mit dem Coronavirus besteht“, wie es in den Empfehlungen heißt. Wann diese Gruppe in NRW aufgerufen wird, zusammen mit allen Menschen zwischen 60 und 69 Jahren, ist noch offen.

Berufsgruppen mit „hoher“ und „erhöhter“ Priorität

In den Impfzentren werden außerdem weiter jene Berufsgruppen geimpft, die in der Prioritätsgruppe II sind („Hohe Priorität“): Bis zum 24. April, hat das Ministerium angekündigt, wolle man aber mit Kita-Beschäftigten, Grund- und Förderschullehrern sowie dem Personal im Gesundheitswesen durch sein. Hierfür sind die Kommunen zuständig, die derzeit hoffen, schon bald grünes Licht zu bekommen für die nächsten Berufsgruppen aus der Priorisierungsgruppe III („Erhöhte Priorität“), die „zur Aufrechterhaltung der kritischen Infrastruktur beitragen“: Das sind etwa Mitarbeiter aus dem Lebensmittelhandel, von Apotheken, Müllabfuhr, Telekommunikations- und Energiefirmen sowie relevante Regierungs- und Verwaltungsmitarbeiter.

In ersten Städten stehen sie angeblich sogar bereits auf Wartelisten – und werden angerufen oder per SMS informiert, wenn im Impfzentrum abends noch Vakzin übrig ist. Solche Reservelisten planen etwa Mönchengladbach oder der Rhein-Kreis-Neuss, der in dieser Woche bereits 1000 Feuerwehrleute impft. Auch auf Düsseldorfs „Überhangliste“ stehen schon Einheiten des Katastrophenschutzes und erste, „besonders relevante“ Angehörige von Unternehmen und Einrichtungen der kritischen Infrastruktur, wie ein Sprecher bestätigt. In der Regel blieben aber nur wenige Restimpfdosen übrig, meist nicht mehr als fünf. Das ist auch in Duisburg so, das täglich Nachrücker einlädt, bislang aber noch aus der Gruppe II.

Reicht denn der Impfstoff?

Wegweiser zum Impfen – hier in Moers.
Wegweiser zum Impfen – hier in Moers. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Das ist bei allem immer die Frage, seit Dezember schon. Die Ankündigungen ändern sich täglich, „gefühlt stündlich“, wie es bei den KVen hinter vorgehaltener Hand heißt. Gerade gilt: Ab kommender Woche sollen nun wirklich die versprochenen Millionenmengen geliefert werden. Die niedergelassenen Ärzte können endlich mehr bestellen, bis zu 48 Dosen pro Woche, mindestens jedoch die Hälfte davon. Insgesamt gibt es für die deutschen Praxen zwei Millionen Dosen. Die alte Information, nur wer Astrazeneca bestelle, bekomme auch Biontech, ist hinfällig: Die Praxen verimpfen in der Woche ab dem 26. April nur Biontech. Ab Anfang Mai soll es dann noch mehr Impfstoff geben, auch von anderen Anbietern wie Moderna. Eine Wahlmöglichkeit gibt es in der Regel nicht.

Wie NRW-Gesundheitsminister Laumann am Freitag ankündigte, könnten im Mai in den Impfzentren landesweit pro Woche rund 200.000 Erstimpfungen und 280.000 Zweitimpfungen gemacht werden. Die Hausarztpraxen könnten im Mai pro Woche 245.000 Dosen Impfstoff verabreichen. Im Juni solle dann noch einmal mehr Impfstoff ankommen.

Die Hausärzte entscheiden dabei selbst, in welcher Reihenfolge sie ihre Patienten drannehmen. Sie haben sich dabei allerdings auch an die Richtlinien zu halten. Das führt bei einigen dazu, dass sie bereits jüngere Menschen einladen können, andere kommen kaum mehr nach. Eine Essener Hausärztin beschied eine Anfrage am Donnerstag so: Ihre Liste sei noch lang, sie sei bei den Impfungen noch bei Patienten „in den späten 70ern“.

Spätestens im Juni, so erwarten es nicht nur Mediziner, könnte die Priorisierung trotzdem ganz aufgehoben werden. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bestätigte am Donnerstag, dass auch er mit einem Ende der Priorisierung im Juni rechne, gern auch früher. Dann können sich alle Erwachsenen in Impfzentren, bei niedergelassenen Ärzten oder von Betriebsärzten in ihren Unternehmen impfen lassen. Das Vakzin von Biontech ist zudem bereits ab 16 Jahren zugelassen. Allerdings warnt sein Landeskollege Laumann: Es müsse zunächst noch eine große Gruppe von chronisch Kranken geimpft werden. Erst wenn diese sowie die alten Menschen geimpft seien, könne die Priorisierung aufgehoben werden.

>>INFO: SO KOMMEN SIE AN EINEN IMPFTERMIN

Termine im Impfzentrum können wie bisher über zwei Wege gebucht werden. Telefonisch über die zentrale Rufnummer 116 117 beziehungsweise über 0800 116 117 02 für Westfalen-Lippe und 0800 116 117 01 für das Rheinland. Online (erst registrieren, dann buchen) läuft die Terminvergabe über www.116117.de.

Der Minister bittet die 70- bis 79-Jährigen, sich bis zum 30. April um einen Termin zu bemühen. Ab diesem Tag haben auch die Vorerkrankten aus der Impfgruppe 2 die Möglichkeit dazu. Ehe- und Lebenspartner können deshalb nur noch bis zum 30. April unabhängig von ihrem Alter einen Termin machen und mitgeimpft werden, danach fällt diese Option weg. Wer zu einer bestimmten Berufsgruppe gehört, macht seinen Termin über die jeweilige Stadt oder den Kreis.

Niedergelassene Ärzte vergeben ihre Termine direkt an ihre Patienten. Die meisten Praxen haben Listen angelegt, auf denen sie ihre berechtigten Patienten führen. Wer Fragen hat, kann sich an seinen Hausarzt wenden.