Ruhrgebiet. Wenn die Hausärzte einbezogen werden in die Impfkampagne, wird sie viel schneller. Wann das kommt, weiß niemand. Hoffnung auf April.

Die Leute fragen danach, wenn sie reinkommen. Sie fragen danach, während sie behandelt werden, und sie rufen nur deshalb an: "Wann, Herr Doktor, können Sie mich impfen?" Ja, sagt dann Knut Schlünder: "Bei uns ist alles vorbereitet. Aber rufen Sie mich Ende März nochmal an." Für die Corona-Impfung nebenan. Die Ärzte sind im Wartestand. Und die Patienten erst!

Bekämen die Mediziner schon Impfstoff, sie könnten morgen am Tag mit den Schutzimpfungen für Corona beginnen. Wenigstens mit Astraseneca, dem Kaltblüter unter den Impfstoffen. "Technisch ist das gleich mit anderen Impfungen, die Kühlung ist da und das Personal ist seit langem dafür ausgebildet", sagt Schlünder (63), Facharzt für Allgemeinmedizin in Hattingen. Grippe, FSME, Diphterie, Tetanus . . . Corona! "Wir integrieren diese Impfung in unseren Alltag."

15 Millionen Grippe-Impfungen schaffen sie in jedem Herbst

Da sollte sie längst sein, sagt die Mehrheit der Hausärzte. Und argumentiert mit höherer Schlagzahl, kürzeren Wegen, mehr Vertrautheit; und im Internet anmelden muss sich auch niemand. Dann könnten sie den engen Flaschenhals deutlich weiten, durch den das Impfen in Deutschland sich gerade, nun ja, quält.

15 Millionen Grippeimpfungen schaffen sie in einem einzigen Herbst im Land bei laufendem sonstigen Betrieb, und beispielsweise für Gelsenkirchen hat ein Arzt errechnet: 150 Hausärzte, jeder impft 20 Menschen am Tag - das sind 15000 Impfungen die Woche.

Nach vier Monaten könnte das Ruhrgebiet durchgeimpft sein

Hochgerechnet würde das bedeuten: Über 300.000 Impfungen wöchentlich im Ruhrgebiet. Nach vier Monaten durch, das Thema. Tatsächlich noch schneller, weil sich eine große Minderheit ja gar nicht impfen lassen will. Und noch schneller, da ja schon Kinderärzte, Unfallchirurgen und HNO-Ärzte sagen: "Wir können das auch." Je schneller, desto herdenimmuner.

Wann der Moment kommt, dass sich große, halbleere Impfzentren in kleine, überfüllte verwandeln, man weiß es noch nicht: dann, wenn der Impfstoff richtig fließt, irgendwann im April. Die Einbeziehung er Allgemeinmediziner "wird der nächste Schritt im Rahmen der Impfkampagne sein", sagt Vanessa Pudlo, die Sprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe. Und das Landes-Gesundheitsministerium sitzt an einem Plan. Nach den Erfahrungen der letzten Monate muss man leider sagen: Das klingt ein bisschen nach einer Drohung.

"Das hat doch keinen Sinn, dass ich Leuten ein Attest ausstelle"

Bis es soweit ist, kommt es weiter zu absurden Abläufen. "Das hat doch keinen Sinn, dass ich Leuten ein Attest ausstelle, dass sie sich im Impfzentrum impfen lassen können. Das könnte ich schließlich direkt", sagt der Allgemeinarzt Markus Bruckhaus-Walter in Gladbeck.

Die Ärzte kennen auch ihre Risikopatienten, die demnächst an die Impfung kommen, quasi von selbst und könnten sie impfen. Stattdessen will das Land diese Menschen wohl auch nur von den Ärzten erfassen lassen - und dann ebenfalls ins Impfzentrum schicken.

Die waren entstanden, um bei knappem Impfstoff die Priorisierung zu garantieren. Das hätte man auch über die Hausärzte regeln können, sagt einer: "Die Vorgabe hätte sein müssen, wir impfen ab 80 und nur dafür gibt's Geld." Und Drängler in den eigenen Reihen? "Die Krankenkassen können auch zählen, wenn eine Praxis 80 Dosen bekommen hat und nur 76 Impfungen abrechnet."

Über den jeweiligen Impfstoff hätte es manche Diskussion gegeben

Tatsächlich jedoch geht bei der Priorisierung die Meinung auseinander. "Ich würde mir nicht anmaßen wollen, zu entscheiden, dass einer meiner Patienten geimpft werden darf und der andere nicht", sagt Günter Lapsien in Gelsenkirchen: "Das könnte unethisch werden und das Vertrauen in den Arzt gefährden." Und sein Kollege Wilhelm Vermaasen in Bochum meint, auch über den jeweiligen Impfstoff "hätte es manche Diskussion gegeben".

Auch die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein geht davon aus, dass die Impfzentren in der zweiten Aprilhälfte nicht mehr ausreichen. Spätestens dann kämen die Impfungen in die Praxen, schätzt ihr Vorstandsvorsitzender Frank Bergmann. Jetzt wollen Sie es aber genau wissen? "Rufen Sie mich Ende März noch einmal an." Man braucht noch nicht einmal das Internet dazu und nicht das allerkleinste Callcenter.

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