Berlin. Corona-Impfstoff ist Mangelware. Doch Astrazeneca-Dosen bleiben häufig liegen. Zwei Regierungschefs wollen nun die Verteilung ändern.
Monatelang gab es kein wirksames Mittel zum Schutz vor einer Covid-19-Erkrankung. Inzwischen sind in Deutschland drei Impfstoffe zugelassen. Für viele Menschen, besonders aus den Risikogruppen, ermöglicht das die Rückkehr in einen Alltag ohne ständige Gefahr einer Corona-Infektion, und das in Zeiten, in denen sich deutlich ansteckendere Varianten des Corona-Virus in Windeseile ausbreiten.
Doch vor allem ein Impfstoff, nämlich der des Herstellers Astrazeneca, entwickelt sich derzeit zum Ladenhüter. Die Gründe dafür sind nicht ganz klar. Angst vor Nebenwirkungen oder die geringere Wirksamkeit im Vergleich zu den beiden anderen zugelassenen Vakzinen von Biontech/Pfizer und Moderna dürften Gründe sein.
Corona-Schutz: Viele Impfberechtigte verzichten auf die Spritze
Astrazeneca ist derzeit in Deutschland für Personen unter 65 Jahren zugelassen. Allerdings gibt es bei der Verteilung eine Priorisierung: Zuerst kommen besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen zum Zuge kommen sowie Lehrkräfte und pädagogisches Personal. Sie haben Vorrang bei der Impfung. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sprach von einem Privileg, das es zu nutzen gelte.
Fest steht jedoch, dass derzeit viele Impfberechtigte auf dieses Privileg verzichten. Zahlreiche Astrazeneca-Dosen in Deutschland bleiben liegen. Von den bislang mehr als 1,4 Millionen Dosen, die an die Bundesländer geliefert wurden, war zuletzt nur rund ein Sechstel gespritzt worden.
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Corona-Vakzin: Flexiblere Reihenfolge soll Verschwendung von Astrazeneca vermeiden
Das sorgt für politische Diskussionen. Drei Ministerpräsidenten haben nun eine Idee, um das Impfen voranzubringen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) schlug vor, hunderttausende ungenutzte Dosen des Astrazeneca-Impfstoffs aus den Depots der Bundesländer zur Impfung für alle freizugeben.
„Bevor er liegen bleibt: impfen wer will. Es darf keine Dose von Astrazeneca übrig bleiben oder weggeschmissen werden. Denn jeder Geimpfte schützt sich und andere“, sagte Söder der „Bild am Sonntag“. Deutschland müsse beim Impfen Tempo machen: „Jeder Tag zählt.“
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Impfreihenfolge notwendig – Corona-Vakzine weiterhin Mangelware
Es könne nicht sein, dass einerseits zu wenig Impfstoff vorhanden sei, aber andererseits Astrazeneca-Vakzin „in hohen Zahlen nicht verimpft wird“. Der bayerische Regierungschef strebt daher eine bundesweite Regelung an, für das Astrazeneca-Vakzin die Impfreihenfolge zu lockern. Zudem solle der Impfstoff auch durch Hausärzte verimpft werden können.
Auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sprach sich dafür aus, den Zugang zu Impfstoff für alle Bevölkerungsgruppen zu öffnen, solange einige Vakzine auf Vorbehalte stoßen. „Die Priorisierung ist unbedingt wichtig – zumindest solange der Impfstoff noch Mangelware ist“, sagte Kretschmann.
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Astrazeneca: Weitergabe an nächste Prioritätsgruppe?
Aber: „Zugleich können wir es uns nicht leisten, dass Impfstoff herumsteht und nicht verimpft wird, weil Teile der Berechtigten ihn ablehnen. Dann müssen wir dieses strenge Regiment auflockern und Menschen impfen, die nach der Priorisierung noch nicht an der Reihe wären“, sagte der baden-württembergische Regierungschef der „Welt am Sonntag“.
Auch Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier unterstützt die Forderungen nach einer flexibleren Impfstoffvergabe. „Ich habe viel Sympathie für die Idee, den ungenutzten Impfstoff von Astrazenena allen Bürgern zur Verfügung zu stellen“, sagte der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende unserer Redaktion. „Man muss aber auch klären, wie das konkret gehen soll.“
Das Bundesgesundheitsministerium hatte dagegen jüngst auf die Möglichkeit hingewiesen, im Fall von nicht verimpften Astrazeneca-Dosen Fall zwischen den verschiedenen Prioritätsgruppen zu wechseln. Einige Bundesländer machten davon bereits Gebrauch. Bei diesem Vorgehen ist der Impfstoff nicht für alle verfügbar, sondern wird an die Gruppe mit dem nächstgeringeren Vorrang weitergegeben.
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Corona: Stiko will Impfempfehlung für Astrazeneca-Vakzin ändern
Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt Astrazeneca bisher nur für Menschen unter 65 Jahren, hat aber angekündigt, ihre Empfehlung rasch zu ändern. Es werde „sehr bald zu einer neuen, aktualisierten Empfehlung kommen“, sagte der Chef der Kommission, Thomas Mertens.
Die Stiko hatte – anders als die EU-Arzneimittelbehörde EMA – den Impfstoff vorerst nur für Menschen zwischen 18 und 64 Jahren empfohlen, weil Daten zur Wirkung bei Älteren fehlen. „Das Ganze ist irgendwie schlecht gelaufen“, räumte Mertens ein. Er rechtfertigte aber die Stiko-Entscheidung mit einer dünnen Datenlage.
„Wir hatten die Daten, die wir hatten und haben auf der Basis dieser Daten die Empfehlung gegeben. Aber wir haben nie den Impfstoff kritisiert. Wir haben nur kritisiert, dass die Datenlage für die Altersgruppe über 65 nicht gut oder nicht ausreichend war.“ Ansonsten sei der Impfstoff „sehr gut“ und er werde „jetzt durch hinzukommende neue Daten noch besser in der Einschätzung“, betonte Mertens.
Dagegen erhalten den Impfstoff der Hersteller Moderna und Biontech/Pfizer in Deutschland ausschließlich Menschen über 80.
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