Essen./Hattingen. Brutal soll ein Einbrecher einen 71-Jährigen in dessen Hattinger Haus erschlagen haben. Vor Gericht schweigt der 45-Jährige zunächst.

Völlig ausgerastet muss der Mann gewesen sein, der am 28. April in einem Hattinger Waldgebiet einen 71-Jährigen laut Anklage ermordet hat. Mindestens neunmal soll er mit einem Vorschlaghammer auf den Kopf des Rentners geschlagen haben, weil dieser ihn beim Einbruch in dessen Haus am Röhrkenweg überrascht hatte. Verantworten muss sich dafür jetzt Rafael L., 45 Jahre alt.

Der Rentner hatte in einem verwahrlosten Fachwerkhaus in einem Waldgebiet an der Stadtgrenze zu Witten gelebt. Die Hattinger kennen die Gegend als "Katzenstein". Der 71-Jährige wohnte dort zwar alleine, pflegte aber gesellige Treffen mit langjährigen Freunden, die aus dem ehemaligen Jugoslawien stammen.

Müde von der Gartenarbeit

Am 27. April hatte ihn abends zuletzt ein Freund gesehen, der die Leiche am nächsten Morgen fand. Müde von der Gartenarbeit sei der 71-Jährige gewesen, schilderte der Freund später bei der Polizei. Danach sah ihn wohl nur noch sein Mörder.

Laut Anklage muss der Einbrecher zwischen 21 Uhr und drei Uhr am 28. April in das Haus eingedrungen sein. Er soll zunächst unbemerkt die obere Etage durchsucht und dabei mindestens 210 Dinare, das ist die alte jugoslawische Währung, gestohlen haben. Irgendwann muss der Rentner, der zuvor im Garten gewesen sein soll, ins Haus gekommen sein. Der Einbrecher soll sich sofort entschlossen haben, ihn zu töten. Von hinten und unbemerkt soll er ihn niedergeschlagen haben. Vermutlich soll das Opfer da schon bewusstlos gewesen sein.

Vom Hausbewohner beim Einbruch überrascht

Das Spurenbild verrät nach Ansicht der Ermittler, dass der Einbrecher den blutenden Mann in einen Teppich gewickelt und in die benachbarte Werkstatt des Hauses gezogen hat. Dort soll er einen Vorschlaghammer ergriffen und mit großer Wucht mindestens neun Mal auf den Kopf des Rentners eingeschlagen haben.

Danach habe der Täter die untere Etage durchsucht und sich an einem Waschbecken von den Blutspuren gereinigt. Durch den Wald sei er weggelaufen. Den Leichnam fand am nächsten Morgen ein Freund des Opfers, der sofort die Polizei alarmierte. Schnell war der Freundeskreis des Opfers ermittelt und vernommen worden. Anhaltspunkte für die Aufklärung der Tat gab es nicht. Alle schilderten den 71-Jährigen als herzensguten und hilfsbereiten Mann.

Angeklagter ging selbst zur Polizei

Auf den seit Donnerstag vor dem Essener Schwurgericht angeklagten Rafael E. kam die Polizei nur durch einen Zufall, weil er sich auf der Wache gestellt hatte. Der Ungar, der kaum ein Wort Deutsch spricht, soll den Beamten gesagt haben, es sei ein Raubmord gewesen und er wolle die Leiche nicht sehen. Einen Anwalt brauche er nicht.

Im Prozess wird es vermutlich darum gehen, wie sicher diese Angaben angesichts der schlechten Deutschkenntnisse des Angeklagten sind. Und ob er ordnungsgemäß belehrt wurde, dass er als Verdächtiger schweigen könne. Eine förmliche Vernehmung gibt es nicht, weil Verteidiger Peter Strüwe diese unterbunden hatte.

Dem Nachbarn die Tat gestanden

Rafael L. war zuvor in Begleitung eines Nachbarn auf der Polizeiwache erschienen. Beide wohnen nur zehn Gehminuten vom Tatort entfernt in einem Haus mit Restaurant. Der Nachbar gab an, dass der Angeklagte bedrückt gewirkt habe. Dann habe er einen Satz ins Handy getippt und übersetzen lassen. Zunächst soll auf dem Display gestanden haben: "Ich habe ein Problem." Und dann: "Ich habe einen Mann getötet." Schließlich habe Rafael L. in gebrochenem Englisch gesagt: "I'm a killer." - "Ich bin ein Mörder."

Der 45 Jahre alte Ungar lebte noch nicht lange in Hattingen. Restaurantbetreiber sollen ihn als Küchenhilfe aus seiner Heimat nach Deutschland geholt haben. Wegen der Corona-Krise gab es dann aber keine Arbeit für ihn. Und kein Geld. Rafael L. soll sich um die Rückfahrt nach Ungarn bemüht haben, aber auch dafür fehlte ihm Geld. Manchmal bekam er 20 Euro von Hattingern zugesteckt, denen er leid tat. "Eine ganz arme Socke", hat ihn mal einer genannt.

Blutspuren am Turnschuh

Belastet wird er durch Beweismittel, die bei der Durchsuchung seiner "Wohnung" oberhalb des Restaurants sichergestellt wurden. Dazu zählen die Ermittler Kleidungsstücke mit Blutspuren des 71-Jährigen, aber auch Blut an einem Nike-Turnschuh, dessen Sohle einen Abdruck am Tatort hinterlassen haben soll. Außerdem lagen 210 Dinar in dem von ihm bewohnten Raum. Acht Termine bis in den Januar hat das Schwurgericht angesetzt.