Essen. Vor Gericht gibt es Einblicke in die Gewaltausbrüche Anfang Mai 2020 im Essener Hörsterfeld. Tat hatte wohl einen familiären Hintergrund.

Die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen einer syrischen und einer libanesisch-palästinensischen Familie im Essener Hörsterfeld hatten im Frühjahr 2020 schockiert. Auf offener Straße und am helllichten Tag war es zu einem Schlagabtausch und Tumulten gekommen. Am Freitag gestand Mahmoud H., sich mit einer Machete beteiligt zu haben. Mit organisierter oder Clan-Kriminalität habe der Streit aber nichts zu tun, betonte der 32-Jährige aus dem Essener Stadtteil Frillendorf.

Im Gegensatz zu früheren Einschätzungen sieht mittlerweile auch die Staatsanwaltschaft einen rein familiären Hintergrund. Auslöser könnte gewesen sein, dass die Frau des Angeklagten ein Verhältnis mit einem Mann aus der syrischen Familie hatte, glauben die Ermittler.

Zahlreiche Videos belegen Tumulte und Gewalt im Essener Hörsterfeld

Zahlreiche Videos, die von den Beteiligten, aber auch von Anwohnern der Straße Von-Ossietzky-Ring gedreht wurden, hatten die Straßenschlacht dokumentiert und ein erschreckendes Bild gezeigt. Jagdszenen im Hörsterfeld waren zu sehen, aber auch Gewaltausbrüche, wenn die Männer mit Holzknüppeln zuschlugen.

+++ Nachrichten direkt ins Postfach: Hier können Sie sich für unsere kostenlosen Newsletter anmelden! +++

Oder mit einer Machete. Ein solches Mordwerkzeug schreibt die Anklage Mahmoud H. zu. Und er räumt das auch ein. Die habe neben anderen Waffen am Boden gelegen. Er habe sie ergriffen und damit auf einen der feindlichen Brüder A. eingeschlagen. Auf dessen Kopf und vor die Brust. „Aber mit der stumpfen Seite“, betont er.

Anfänglich gutes Verhältnis zu Hadi A. schlägt nach Haftstraße für Mahmoud H. um

Die Brüder A. hätten sich in der Zeit vor dem 27. April einfach schrecklich aufgeführt im Hörsterfeld. Sie hätten andere bedroht und belästigt, seien viel zu schnell durch Spielstraßen gerast. Anfangs sei er mit Hadi A. sogar gut ausgekommen. Er selbst habe damals in der Geschwister-Scholl-Straße gewohnt und sei dessen Nachbar gewesen. Die Kinder seien gut befreundet gewesen.

Auch interessant

Dann musste Mahmoud H. allerding bis 2018 eine vierjährige Haftstrafe wegen Rauschgifthandel absitzen. Und danach, ohne dass er sich das habe erklären können, sei Hadi A. böse zu ihm gewesen. Der habe ihm sogar eine Pistole vor den Kopf gehalten. Hadi A. und dessen Freunde seien auch immer in Tarnkleidung mit Springerstiefeln aufgetreten. Er habe zu denen gesagt: „Dann geht doch in den Krieg nach Syrien.“

Irgendwann habe es gereicht. Deshalb die Schlägerei. „Damit die Ruhe geben.“ Verteidiger Christoph Pindur versucht zu erklären, warum es zur Straßenschlacht kam: „Dann mag es am sozio-kulturellen Hintergrund liegen, dass Verwandte und Freunde meinen, sich beteiligen zu müssen.“

Justiz versucht, den Beteiligten einzelne Tatbeiträge zuzuordnen

Die Justiz gibt sich Mühe, den Beteiligten einzelne Tatbeiträge zuzuordnen. Verfahren gegen andere Mitglieder Familien kommen noch. Ein erstes hatte sich gegen den Vater von Mahmoud H. gerichtet. Der 65 Jahre alte Mann, seit 32 Jahren in Essen und Pächter eines Schrebergartens, hatte sein Verfahren vor dem Schöffengericht allerdings ohne jede Auflage eingestellt bekommen. Wie sein Verteidiger Volker Schröder auf Anfrage mitteilte, hatten die Videos, die im Saal gezeigt worden waren, die Anklagevorwürfe gerade nicht bestätigt.

Nach den Tumulten im Hörsterfeld nahm die Polizei im Laufe des Jahres 2020 weitere Verdächtige fest.
Nach den Tumulten im Hörsterfeld nahm die Polizei im Laufe des Jahres 2020 weitere Verdächtige fest. © ANC-NEWS | Justin Brosch

Mahmoud H. ist auf den Videos dagegen recht gut in Aktion zu erkennen. Bei ihm gibt es noch Bilder vom Tag danach, aufgenommen von Bodycams der Polizei. Sie bilden die Grundlage für den nächsten Punkt der Anklage. Da soll er am Grendplatz in Steele seinem Sohn ein Tütchen mit 4,4 Gramm Kokain in die Unterhose gestopft haben, um es vor zwei Polizisten zu verbergen.

Situation in Essener Hinterhof wird durch Verwandte und Freunde gefährlich

Als die Beamten ihn in einem Hinterhof stellten, soll er sich widerspenstig gezeigt haben. Bedrohlich wurde die Situation wohl, weil sofort laut Anklage rund 40 Verwandte und Freunde in den Hinterhof drängten und die Beamten beleidigt und angeschrien haben sollen.

Auch interessant

Aber mit Verstärkung bekamen die Ordnungshüter alles in den Griff. Anschließend, so heißt es in der Anklage, hätten sie noch seine Wohnung durchsucht und dort Handtaschen, Sonnenbrillen und Markenparfüm - in größerer Zahl und mit Preisschildern versehen - gefunden. Aber dazu will Mahmoud H. sich vielleicht erst an einem späteren Sitzungstag äußern.

Weitere Nachrichten aus Essen lesen Sie hier.