Mülheim. Eine Geburt in Coronazeiten wirft Fragen auf. Wie lange soll die Mutter Maske tragen im Kreißsaal? Die Empfehlungen sind unterschiedlich.

„Während der Geburt habe ich die Maske ganz vergessen“, sagt Diana Wanders. Und auch jetzt trägt die 32-Jährige wieder Maske, als sie ihr gerade zwei Tage altes Töchterchen Ella auf der Kinderstation wieder ins Bettchen legt. „Erst als das Köpfchen draußen war, habe ich die Maske abgenommen.“ Freilich hätte Diana Wanders das schon eher gekonnt, denn eine Geburt mit Mundschutz ist im Evangelischen Krankenhaus Mülheim (EKM) keineswegs Pflicht und wird auch nicht empfohlen. Doch da sind die Krankenhäuser unterschiedlich streng.

„Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes während der Geburt muss im Einzelfall geprüft werden“, heißt es in den Empfehlungen der Fachgesellschaften (unter anderem der Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie). Das lässt natürlich reichlich Spielraum. Darum gehen viele Krankenhäuser so vor wie die Uniklinik Essen: „Die Frau soll eine Maske tragen; wenn dies nicht zumutbar ist, darf sie sie abnehmen“, erklärt Prof. Rainer Kimmig, Direktor der Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Probleme bereite das den Frauen nicht, „da sie selbst entscheidet, wenn es mit der Maske nicht geht“.

Die Maske wird manchmal empfohlen, manchmal nicht

Andrea Schmidt ist Chefärztin am Evangelischen Krankenhaus Mülheim.
Andrea Schmidt ist Chefärztin am Evangelischen Krankenhaus Mülheim. © FUNKE Foto Services | Andreas Buck

Andere Häuser wie die Augusta-Kliniken in Bochum und Hattingen empfehlen nur die Maske, solange die Frauen sich noch die Beine vertreten. „Wenn sie dauerhaft im Kreißsaal bleiben, müssen sie die Maske nicht tragen“, erklärt der Leitende Arzt Benedikt Gottschlich. Und so ist es auch am Mülheimer EKM: „Das können Frauen auch gar nicht im Endspurt“, sagt die Chefärztin Andrea Schmidt. „Das ist anstrengend wie ein Marathonlauf.“

In allen Kliniken ist es ohnehin Standard, dass sich Hebammen und Ärzte unter der Geburt mit FFP2-Masken und einem Gesichtsschild schützen. Die Kreißsäle sind ohnehin gut belüftet. „Für eine normale Geburt brauchen wir nicht die maximalen Sicherheitsvorkehrungen“, sagt Schmidt. Der Vater jedoch, muss durchgehend eine Maske tragen – darf aber im Kreißsaal und auch beim Kaiserschnitt dabei sein. Einige Kliniken hatten das in der ersten Welle kurzzeitig verboten, mussten aber rasch zurückrudern. „Wir hatten nur einen Vater hier, der keine Maske akzeptieren wollte“, sagt Gottschlich. „generell ist die Akzeptanz hoch.

Alle Mütter und Väter werden getestet

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Aber was, wenn die Mutter Covid-positiv ist? Sämtliche Eltern werden getestet, wenn es nach Plan läuft einen Tag vor dem errechneten Geburtstermin, ansonsten auch spontan, in Bochum zuerst mit Schnell- dann mit PCR-Test. Und natürlich haben alle Kliniken auch diese Fälle schon mehrfach gehabt. Die Mütter werden dann gebeten, die Maske so lange wie möglich zu tragen. Hebammen und Ärzte trägt volle Schutzausrüstung und der Vater darf nicht mit in den Saal. Ansonsten gibt es kaum Unterschiede. Die Fachgesellschaften empfehlen auch bei einer Corona-Infektion die natürliche Geburt.

„Auch das Stillen läuft normal. Es ist nur ein Mundschutz für die Mutter empfohlen, aber Körperkontakt ist erlaubt“, sagt Andrea Schmidt. Die Fachgesellschaften stufen das Infektionsrisiko für das Baby gering. Vor allem mache es wahrscheinlich keinen Unterschied, ob es in einem separaten Raum betreut wird oder im Zimmer der Mutter bleibt, so die bisherigen Daten.

Für viele die wichtigste Frage: Darf der Vater zu Besuch kommen?

Andra Klait freut sich auf die Geburt.
Andra Klait freut sich auf die Geburt. © Andreas Buck / FUNKE Foto Services | Andreas Buck

Andra Klait bekommt gerade die Sensoren des Wehenschreibers auf den runden Bauch geklebt, es ist ihr Hochzeitstag und in wenigen Stunden soll der kleine Jamal kommen. Die 28-Jährige hat sich für das Mülheimer EKM entschieden, „nachdem ich in mehreren Kliniken gefragt habe, wie es mit den Besuchen und den Familienzimmern ist.“ Um die Maske hat sie sich nicht gesorgt. „Ich habe zwar erst hier erfahren, dass ich sie gar nicht tragen muss bei der Geburt, aber an die Masken hat man sich ja gewöhnt.“ Und letztlich dienten sie auch der Gesundheit des Kindes. „Mir war ansonsten wichtig, dass mein Mann hier bleiben kann.“

Das ist auch die mit Abstand wichtigste Frage bei den Corona-Hotlines der Geburtskliniken. Tatsächlich sind die Besuchsregeln höchst unterschiedlich. Das Marienhospital Bottrop etwa erlaubt gar keine Besuche nach der Geburt . An den Augusta-Kliniken kann der Vater (oder eine andere Bezugsperson) nur einmal auf eine Stunde vorbeischauen während des meist zwei- oder dreitägigen Aufenthalts von Mutter und Kind. In Mülheim ist das täglich möglich. In allen drei Fällen gibt es aber auch Familienzimmer – abhängig von der Belegungsquote. Oma und Opa, Tante und Onkel, die Freunde, Nachbarn und Arbeitskollegen, die sonst gerne vorbeischauen, müssen in Coronazeiten jedoch draußenbleiben.

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„Das finde ich gar nicht so schlecht“, sagt Andra Klait. „Da kann man auch als Frau ausruhen.“ Offenbar ist das Mehrheitsmeinung, glaubt Chefärztin Andrea Schmidt: „An mancher Stelle hat das besuchsverbot auch einen positiven Effekt. Hier geht es sonst manchmal zu wie im Taubenschlag, die Mütter genießen die Ruhe regelrecht. Oft erlebt man aber natürlich die Live-Schalte, wenn man zur Visite ins Zimmer kommt.“

>> Info: Hier findet man Kurse zur Geburtsvorbereitung

Im Sommer hatten einige Kliniken wieder Geburtsvorbereitungskurse in Kleingruppen angeboten, diese sind nun in aller Regel auch gestoppt, ebenso wie Kurse zur Rückbildung oder Säuglingspflege. Die Kliniken verweisen für konkrete Fragen zur Geburt auf ihre telefonischen Hotlines. Hebammen bieten weiterhin individuelle Beratungen auch bei Hausbesuchen an.

Online-Live-Kurse mit Hebammen gibt es zum Beispiel unter kinderheldin.de – empfohlen von Krankenkassen, die in aller Regel auch die Kosten übernehmen.