Ruhrgebiet. Wie geht Silvester in Corona-Zeiten? Ärzte im Ruhrgebiet fordern, das Feuerwerk zu verbieten: Die Krankenhäuser seien schon voll genug.

Bang blickt Corona-Deutschland auf Weihnachten, aber bis Silvester hat NRW noch gar nicht gedacht. Was ist mit den Partys, was mit dem Feuerwerk? Die Nachbarn in den Niederlanden haben letzteres in diesem Jahr verboten: weil zu viele Menschen zusammenkommen würden, vor allem aber, um die Krankenhäuser zu entlasten. Für Ärzte im Ruhrgebiet ein Vorbild.

Kurz nach Mitternacht in jedem neuen Jahr wird es in den Notaufnahmen der Kliniken voll: Brandverletzungen, Knalltraumata, alkoholbedingte Unfallfolgen noch gar nicht gezählt. Zuviel für die Krankenhäuser, die in diesem Jahr unter der zunehmenden Zahl von Corona-Patienten ächzen, haben die Niederlande entschieden: Silvester-Feuerwerk wird 2020 untersagt. Ärzte, Polizisten und Corona-Krisenstäbe hatten das zuvor gefordert. „Ein Verbot“, sagte ein Bürgermeister in der grenznahen Provinz Gelderland, „verhilft uns zu etwas mehr Ruhe.“

NRW hat noch keine Pläne für die Silvesternacht im Corona-Jahr

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Das Nachbarland hat nicht lange diskutiert, in Nordrhein-Westfalen hat die Debatte noch gar nicht richtig angefangen. Noch schaut die Politik auf die gerade geltende Corona-Schutzverordnung, die Ende November auslaufen soll, versucht, das Weihnachtsfest irgendwie möglich zu machen. Aber: „Sollten im Rahmen von Silvester-Feierlichkeiten zusätzliche Regelungen getroffen werden müssen“, sagt eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums in Düsseldorf, „so wird die Landesregierung diese zu gegebenem Zeitpunkt veröffentlichen.“ Dies sei maßgeblich abhängig vom weiteren Infektionsgeschehen.

Start ins Jahr 2020: In Bochum war das Silvester-Feuerwerk zuletzt noch erlaubt.
Start ins Jahr 2020: In Bochum war das Silvester-Feuerwerk zuletzt noch erlaubt. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Auch in den Stadtparlamenten steht der Jahreswechsel noch nicht im Fokus. „Noch keine Überlegungen“, melden Städte wie Witten, Essen oder Bottrop, dort ist das „Thema aber für die Diskussion im Krisenstab bereits vorgemerkt“. Je nach Entwicklung der Ansteckungszahlen, heißt es nicht nur in Essen, „wird es entsprechend zu Regelungen für Weihnachts- und Silvesterfeierlichkeiten kommen müssen“ oder, in Mülheim, „sicherlich irgendwann auch ein Thema werden“.

Zu früh also? Weltstädte wie London, Rio de Janeiro oder New York haben bereits im Frühherbst angekündigt, ihre Großfeuerwerke gar nicht oder nur virtuell stattfinden zu lassen. In Deutschland sind bislang vor allem an den Küsten offizielle Feuerwerke abgesagt: St. Peter-Ording, Warnemünde und die Inseln Usedom und Sylt wollen verzichten. Meist, um größere Menschenansammlungen zu vermeiden.

Zusammenhang zwischen Feinstaub und schweren Covid-19-Verläufen?

Nicht zuletzt der Deutschen Umwelthilfe gefällt das: Die hatte schon in den Vorjahren für ein Böllerverbot gekämpft und dabei vor allem die Feinstaubbelastung in den Städten ins Feld geführt. In diesem Jahr beruft sich der Verein zusätzlich auf Studien, nach denen es einen Zusammenhang geben soll zwischen erhöhter Feinstaubbelastung und schweren Verläufen bei Covid-19. Wissenschaftlich ist das umstritten und wird vom Verband der pyrotechnischen Industrie erwartungsgemäß zurückgewiesen.

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Aber auch Mediziner im Ruhrgebiet würden den Ausfall des Silvester-Feuerwerks begrüßen. Aus denselben Gründen, aus denen die niederländischen Kollegen um Hilfe riefen: „Wir werden Anspannung in den Intensivstationen erleben“, warnte Prof. Jochen Werner, Chef der Essener Uniklinik, am Freitag im Videocast „19 – die DUB Chefvisite“. Werner bezog das auf Weihnachten, viele aber hätten auch „Silvester noch nicht im Blick“. Werner forderte ein Verbot größerer Feiern und eine Debatte ähnlich der in den Niederlanden.

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Mehr Brandverletzte auch in Dortmunds Kinderklinik

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Dass Brandverletzte nicht noch zusätzlich Krankenhausbetten belegen, würde auch Dr. Andreas Leutner gefallen: Der Direktor der Kinderchirurgie am Klinikum Dortmund ahnt, dass ohne Böller „viele Unfälle vermieden werden könnten“. In der Silvesternacht und den Tagen danach weniger Patienten aufnehmen zu müssen als sonst, würde für das Personal in der Pandemie „eine enorme Entlastung“ bedeuten. Zumal: Kein Feuerwerk hieße auch, dass gerade Kinder und Jugendliche besser geschützt seien. Gerade zum Jahreswechsel müssten auch in der Kinderklinik besonders viele Verletzte durch Böller behandelt werden.

Im Nachbarland, etwa so bevölkerungsreich wie NRW, zählten Ärzte im vergangenen Jahr fast 1300 Brandverletzte durch Feuerwerkskörper. Der Beschluss ist gefasst: Schon ab dem 1. Dezember ist das Verkaufen, Kaufen und auch die Bevorratung von Böllern und Raketen verboten.