Ruhrgebiet. Am Sonntag ändern sich vielerorts im Ruhrgebiet die Fahrpläne von Bussen und Straßenbahnen. Kunden sollten genau hin sehen, bevor sie einsteigen.
Duisburg hat das halbe Theater schon hinter sich, dort gelten bereits seit dem 27. Oktober andere Fahrpläne. Sie hatten beispielsweise zur Folge, dass Menschen aus der Straße „Am See“ plötzlich nicht mehr in der Nähe ihrer Wohnung aussteigen konnten. Sie hatten jetzt anderthalb Kilometer zu marschieren. Einsteigen konnten sie freilich an der alten Haltestelle noch.
Manche fanden das unverständlich. Es gab größeren Protest. Jetzt, seit dieser Woche, können die Leute „Am See“ auch wieder aussteigen. Die Verkehrsgesellschaft DVG hat das zunächst dargestellt als erste Nachbesserung des insgesamt umstrittenen neuen Fahrplans. Jetzt aber zeigte sich: Das Ausstiegsverbot „Am See“ war nie vorgesehen, es hatte sich als Fehler in den Plan geschlichen. Man sieht es schon: So ein Fahrplanwechsel ist eine äußerst komplizierte Geschichte.
Tipp: Schauen Sie auf die Abfahrtzeiten und die Liste der Haltestellen
Am kommenden Sonntag folgt sie im halben Ruhrgebiet. Bochum, Bottrop, Dortmund, Herne, Ennepe-Ruhr-Kreis, Kreis Recklinghausen . . .: Viele Verkehrsgesellschaften reagieren damit auf die neuen Fahrpläne der S-Bahnen und Regionalzüge, die auch von Sonntag an gelten. Nutzern kann man nur raten: Schauen Sie vorher in den Fahrplan, die Abfahrtzeiten können sich über Nacht komplett geändert haben. Und die Linienführung auch: Schauen Sie sich auch die Liste der Haltestellen genau an.
Nicht, dass es Ihnen geht wie Klaus W. nach der Fahrplanänderung in Oberhausen im Juli; die Geschichte ist nicht ganz neu, aber immer noch schön. WAZ-Leser W. stieg am Hauptbahnhof, wie immer, in die Linie 956 – wie immer. Doch anders als sonst, brachte sie ihn nicht zur Wohnung seiner Mutter. „Wir landeten plötzlich weit ab vom Schuss“, erinnert er sich, „als ich ausstieg, standen da noch zwei weitere ratlose Fahrgäste“.
Durch Bochum und durch Duisburg fegen Proteststürme
Offenbar hatte die Nahverkehrsgesellschaft Stoag zwar die Anlieger informiert und oben an den Haltestellenmasten (!) die neuen Endhaltestellen ausgeschildert, aber in den Haltestellen selbst die Änderungen nicht gut kenntlich gemacht. Sie gelobte Besserung. Auch die Bogestra (Bochum, Gelsenkirchen und Umgebung) hat sich einen Fehler geleistet: Dort hängen an vielen Haltestellen schon seit Wochen nur noch die Fahrpläne aus, die erst vom nächsten Sonntag an gelten. Die alten waren bereits weg. Die Folge: Fahrgäste konnten an vielen Haltestellen nicht mehr ablesen, wann ihr Bus kommt.
Die andere Folge wiegt schwerer: Den neuen Fahrplänen konnten die Menschen dummerweise bereits entnehmen, was sich bei ihnen ändert, verbessert oder verschlechtert. Seitdem fegen in Bochum – wie bisher sonst nur in Duisburg – Proteststürme durch die Stadt. Die Leute haben nämlich erkannt, dass die Bogestra zwar viel befahrene Linien stärkt, aber die ausdünnt und beschneidet, die hinter die sieben Berge fahren (oder auch nur hinter einen). „Ich las, der neue Fahrplan wäre ein großer Wurf“, schreibt eine Leserin: „Für uns im Langendreerer Osten ist es ein Rauswurf.“
Schule verlegt Schulbeginn, doch jetzt kommt der Bus noch später
So gibt es im Bochumer Süden einen Standort namens Springorum-Innovationspark, an dem sich diverse Bildungseinrichtungen ballen: Grund- und Berufsschüler strömen dorthin, Studenten und Teilnehmer von Weiterbildungen, tausende täglich. Doch demnächst führen weniger Linien dorthin, und sie fahren auch noch seltener.
„Statt Umweltbewusstsein und ÖPNV-Nutzung zu fördern“, geschehe hier „durch die Umstellung genau das Gegenteil“, sagt Caroline von Bormann-Altmeyer, die Geschäftsführerin der privaten Carolinenschule. Sie hatte in der Vergangenheit wegen der Fahrpläne den Schulbeginn eigens auf 8.15 Uhr verlegt. Von Montag aber kommt der Bus: um 8.19 Uhr.
„Nach der Fahrplanänderung ist vor der Fahrplanänderung“
Auch im benachbarten Witten gilt: Große Linien fahren öfter, kleine kriegen Schwierigkeiten, und vielen Nutzern wird das jetzt klar. Der Politik seien immer wieder neue Streckenführungen vorgelegt worden, erinnert sich der SPD-Politiker Klaus Pranskuweit: „Am Ende wusste keiner mehr so recht, wo was und warum geändert wurde. So war es dann wohl auch, als der Rat über den Plan abstimmen musste.“
Für viele Menschen, vielleicht sogar für die meisten, wird es natürlich auch besser, die melden sich nur nie, zufrieden, wie sie sind. Und: Fahrpläne sind nicht für die Ewigkeit geschrieben. In Duisburg, wo der Wechsel schon vor sechs Wochen vor sich gegangen ist, sagt der Beigeordnete Martin Linne: „Klar ist, dass ein neuer Fahrplan nie alle zufriedenstellen kann, sondern immer nur möglichst viele. Das liegt auch daran, dass wir finanziell nicht aus dem Vollen schöpfen können.“ Nachbesserungen kann er sich durchaus vorstellen. Der Sprecher der Vestischen Straßenbahnen im Kreis Recklinghausen bringt es auf diesen Satz: „Nach der Fahrplanänderung ist vor der Fahrplanänderung.“