Duisburg/Düsseldorf. Fahrlässige Tötung verjährt im Juli, Körperverletzung möglicherweise noch nicht: Der Prozess um die Loveparade könnte in die Verlängerung gehen.
Der Prozess um die Loveparade von Duisburg 2010 geht kommende Woche in sein drittes Jahr. Im Juli verjährt der Vorwurf der fahrlässigen Tötung gegen die verbliebenen drei Angeklagten. Allerdings, das deutete die Kammer am Mittwoch an: Das muss noch nicht das Ende sein.
Es ist der 162. Verhandlungstag um das Techno-Fest, in dessen Gedränge am 24. Juli des Kulturhauptstadtjahres 21 Menschen getötet und Hunderte verletzt wurden. Im Zeugenstand ist der letzte von sechs Mitarbeitern der Stadt Duisburg, die bis zur Teil-Einstellung des Verfahrens im Februar selbst angeklagt waren. Doch nach seiner Entlassung geht es im Düsseldorfer Congress Centrum, wohin das Landgericht Duisburg aus Platzgründen ausgewichen ist, um die weitere Planung.
Sachverständige müssten psychische Spätfolgen bestätigen
50 Prozesstage hat die 6. Große Strafkammer bereits terminiert, bis in den August 2020 hinein. Dabei würde der Vorwurf der fahrlässigen Tötung gegen die verbliebenen drei Angeklagten, allesamt Mitarbeiter der Veranstalter-Firma Lopavent, am 27. Juli verjähren – zehn Jahre nach dem Tag, an dem das letzte Opfer der Loveparade im Krankenhaus starb.
Am Mittwoch nun wies die Kammer darauf hin, dass für den Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung andere Verjährungsdaten in Betracht kommen könnten. Wenn etwa ein Nebenkläger psychische Spätfolgen geltend mache, „könnte sich der Verjährungsbeginn auf den Zeitpunkt verschieben, ab dem solche Folgen eingetreten sind“, heißt es in einer Mitteilung des Landgerichts. Ob und wann solche „unmittelbaren“ Folgen festzustellen sind, müssten indes Gutachter im Einzelfall klären. Das könnte das Verfahren möglicherweise verlängern.
3800-Seiten-Gutachten wird im März erörtert
Fest steht schon jetzt, dass ab dem 19. März der Sachverständige Prof. Jürgen Gerlach angehört wird. Dafür sind bislang acht Prozesstage vorgesehen. Der Wuppertaler Wissenschaftler hatte den dritten und letzten Teil seines Gutachtens bereits vor Jahresfrist übergeben. Insgesamt umfasst die schriftliche Expertise 3800 Seiten und etwa 20 Gigabyte. Aus ersten Auszügen ging hervor, dass Gerlach eine Verkettung von Fehlern für die Ursache des tödlichen Gedränges hält, die „für sich genommen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ nicht zu dem tödlichen Gedränge geführt hätten. Vorgelegt hat der Experte unter anderem mehrere Simulationsvideos mit Analysen von Besucherströmen. Für das Gericht sei das Gutachten ein „zentrales Element der Aufklärung“, sagte ein Sprecher.
Nach der Befragung Gerlachs will das Gericht gemeinsam mit allen Beteiligten ein Gespräch führen, um den Sachstand des Verfahrens und das weitere Vorgehen zu erörtern.