Dortmund. Nachts an der Tankstelle wird der Sprit zur Nebensache. Heutzutage geht es nur noch jedem dritten Kunden um Super oder Diesel. Die anderen kaufen ein oder nehmen eine kleine Mahlzeit. Eine Untersuchung bestätigt, was einer Dortmunder Familie zum Leidensweg wurde. Sie klagte mit Erfolg.
Die Familie wohnt keine 60 Meter entfernt von einer solchen Station, die rund um die Uhr geöffnet ist und mit breiten Warenangebot lockt. Ein Leidensweg, der jetzt vor dem Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen ein Ende finden sollte.
Die Tankstelle stammt aus den 50er Jahren, sie wurde aber damals im kleinen Stil und nur für das reine Tanken betrieben. 1989 bezog die Juristenfamilie ihr Haus schräg gegenüber der inzwischen bereits mächtig gewachsenen und veränderten BP-Tankanlage, zu der jetzt auch Servicehallen, eine Waschanlage und eine Trinkhalle gehörten.
1995 bekam der BP-Konzern, der später Aral übernahm und seine Tankstellen entsprechend blau ummodelte, von der Stadt auch die Erlaubnis, die Dortmunder Tankstelle rund um die Uhr zu betreiben. Auch das schluckten die Anwohner. Aber als 2005 die Station erneuert und vergrößert wurde – mitsamt einem riesigen Imbiß und Verkaufsshop –, wurde es der sechsköpfigen Familie zuviel.
Krach rund um die Uhr
Der Krach nachts sei nicht auszuhalten, berichtet der leidgeprüfte Familienvater schließlich vor dem Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen, denn dann mutiere die Tankstelle zum Einkaufscenter und Treffpunkt durstiger Jugendlicher. Dabei stünden ihre Autos mit dröhnenden Bässen solange offen, bis auch die letzten Nachrichten herausgebrüllt seien.
An Schlaf sei da nicht mehr zu denken. Kaum seien die Jugendlichen verschwunden, gehe es mit der Anlieferung von Zeitungen weiter, die hier von großen Lastern auf kleinere Wagen umgeladen würden. Danach erfolgten die Anlieferungen für die Tankstelle. Und schließlich brauche man gar nicht mehr schlafen, weil man ohnehin aufstehen müsse.
Die Stadt genehmigte den Um- und Ausbau sowie die veränderten Öffnungszeiten, weshalb der Familie nur der Gang zum Gericht blieb. Der Prozess dauert nun schon gut drei Jahre. Nun, in Gelsenkirchen, äußerte sich erstmals auch BP als Betreiber der Station. Bislang hielt man sich dezent zurück.
Schlafzimmer verlegt
Denn die Stadt Dortmund und der BP-Konzern wähnten sich auf der sicheren Seite. Der Betrieb liegt zwar am Rande, aber doch noch innerhalb eines Gewerbegebietes, in dem Anwohner mehr Lärm ertragen müssen, als in einem reinen Wohngebiet. Die Familie ihrerseits lebt an der Grenze eines solchen Wohngebietes. Muss sie deshalb auch mehr ertragen? Und ist das, was sich nachts vor der Haustür abspielt, nicht unzumutbar im Sinne des Nachbarrechts? Die Kläger haben schon zur Selbsthilfe gegriffen und ihre Schlafzimmer alle in den abgewandten Hausbereich verlegt, um mehr Ruhe zu finden.
Vor der 10. Kammer des Verwaltungsgerichts hatten Stadt und Mineralöl-Konzern allerdings doch schlechte Karten, weil sie kein Lärm-Gutachten vorweisen konnten. Dies wäre für die Genehmigung einer solchen Tankstelle nötig gewesen.
Dennoch, dieser Rechtsstreit hätte noch Jahre dauern können, wenn der Dortmunder Familienvater nicht eine schnelle und effektive Einigung vorgeschlagen hätte: Danach bekommt er auf Kosten von BP fünf Lärmschutzfenster eingebaut. Die Stadt trägt seine Anwalts- und Verfahrenskosten. Beide Seiten stimmten dieser Lösung zu.