Sie ist laut und schmutzig: Die städtische Großbaustelle verringert die Wohnqualität rund um das Hans-Sachs-Haus in der Gelsenkirchener Altstadt. Die Anwohner müssen sich das nicht gefallen lassen: Sie können ihre Mieten kürzen.

Die Bauarbeiten am neuen Hans-Sachs-Haus in der Altstadt schreiten stetig voran - und wirbeln dabei eine ganze Menge Staub auf. Doch nicht nur Dreck und Schmutz belästigen die Bewohner der angrenzenden Munckel- und Hans-Sachs-Straße, viele leiden auch unter dem Baulärm.

Was noch nicht alle wissen: „Wenn der Wohngenuss beeinträchtigt wird, kann ein Mieter seinem Vermieter gegenüber eine Mietminderung geltend machen.” Das sagt Ernst Georg Tiefenbacher, Vorsitzender des Mieterbundes: „Wenn der Wohngenuss 100 Prozent beträgt, muss man auch 100 Prozent Miete bezahlen. Sinkt aber der Wohngenuss, kann man auch die Miete mindern.” Dies gelte auch, wenn der Vermieter offenkundig an der Belästigung schuldlos sei. Er könne sich den Verlust vom Verursacher wiederholen - im Falle des Hans-Sachs-Hauses also von der Stadt Gelsenkirchen.

Monika Egert hat ihre Miete schon seit September gemindert: „Die Wohnqualität ist durch die Bauarbeiten erheblich gesunken”, sagt die 64-Jährige. Vom Krach ist sie doppelt betroffen, die Fenster ihrer Wohnung gehen sowohl zur Munckel- als auch zur Hans-Sachs-Straße hinaus. Die aktuelle Situation war auch für ihre Nachbarin Helga Binzenbach der Grund, die Miete zu kürzen - zum Entsetzen ihres Vermieters: „Der muss sich jetzt das Geld von der Stadt wiederholen.” Beide Frauen betonen aber, dass sie den Vermieter nicht schädigen wollten: „Sobald sich hier alles bessert, zahlen wir natürlich auch wieder die volle Miete. Wir sind ja nicht unanständig”, sagt Monika Egert.

Schwerer hat es da schon Marko Tapalovic, Inhaber des Hotels St.Petrus an der Munckelstraße. Er ist Eigentümer des Gebäudes, kann demnach nicht einfach die Miete kürzen und muss sich das Geld direkt von der Stadt wiederholen - und zwar dringend. „Durch den Lärm und Dreck können die Gäste hier weder essen noch schlafen.” Um 80 Prozent sei der Umsatz durch die Bauarbeiten eingebrochen.

Die Stadt ist sich ihrer Verantwortung durchaus bewusst. Pressesprecher Martin Schulmann betonte aber: „Wir sind da gar nicht im Streit, das ist ja geltendes Recht.” Bereits 2006 zahlte die Stadt den Vermietern Entschädigungen für gekürzte Mieten im Zusammenhang mit dem Hans-Sachs-Haus. Das Amtsgericht Gelsenkirchen entschied damals: „Bis zu 40 Prozent Mietminderungen sind angemessen”, erinnert Ernst Georg Tiefenbach, der sich auch bei den aktuellen Verfahren auf dieses Urteil beruft. Die neuen Vorwürfe werden nun geprüft: „In jedem Einzelfall werden die Beschwerden jedes Mieters geprüft”, sagt Martin Schulmann: „Die Beweispflicht, liegt beim Antragsteller.”