Duisburg. . Einsatzkräfte verhindern Auseinandersetzung von rund 50 Männern. Wer sich warum stritt, ist unklar. Mehr Beamte sollen Norden befrieden.
Es war ruhig geworden im Duisburger Norden, jedenfalls sagt das die Polizei. Mehr Beamte, weniger „Tumultdelikte“ – die Rechnung um massenhaft streitende Gruppen ist aufgegangen. Aber ein paar Monate Ruhe reichen nicht, um einem Stadtgebiet das Stigma zu nehmen, das weiß die Polizei auch: „Einmal in der Schublade, ist es schwer herauszukommen“, sagt ein Beamter. Und nun ist es wieder passiert.
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Am Montagabend gerieten in Duisburg-Hamborn 15 Personen aneinander, die Polizei berichtet von Reizgas, Baseballschlägern, Messern und vom Stich in einen Po. Am Dienstag dann waren die Beamten schneller. Früh am Abend – die Landeseinsatzbereitschaft war noch im Dienst und rasch vor Ort – standen sich nur gut einen halben Kilometer entfernt, am Hamborner Altmarkt, erneut gewaltbereite Männer gegenüber. 20 bis 30 auf jeder Seite, zwei Gruppen, „die sich nicht mochten“, sagt eine Polizeisprecherin.
Polizei konnte in Duisburg rechtzeitig Schlimmeres verhindern
Dass ihre Kollegen eingriffen, die Menge auseinandertrieben, Beschimpfungen aushielten und fliegende Gartenstühle, habe „Schlimmeres verhindert“. Später nämlich fanden die Beamten Schlagstöcke, ein Staubsaugerrohr aus Metall und mindestens eine Machete, alles Werkzeug, „mit dem man ordentliche Verletzungen hätte hervorrufen können“, so die Sprecherin. „Das sagt etwas über die Qualität der Gewalt“, meint auch Arnold Plickert, Landesvorsitzender der Polizeigewerkschaft GdP. „Eine Machete ist kein Zahnstocher.“
Es ist nichts geschehen, was die gute Nachricht ist und das Ergebnis einer Strategie: Man wolle „niederschwellig einschreiten“, sagt Plickert, mit der Botschaft „Hier herrscht deutsches Recht, das wird konsequent umgesetzt“. Tatsächlich hat die 2015 eingesetzte zusätzliche Dienstgruppe einer Hundertschaft im Duisburger Norden „dafür gesorgt, dass es ruhig ist“.
Damit bestätigt die Polizeisprecherin eine Einschätzung vom Sommer 2017: Die Anzahl der sogenannten „Tumultdelikte“ sei zurückgegangen. Die Extra-Kräfte, ebenso wie die Dienstagabend mit Blaulicht herbeigeeilten Bereitschaftskollegen, haben die Lust am Zusammenrotten gedämpft. Auch, weil sie „gewohnt sind, mit Gewaltbereiten umzugehen“, wie Arnold Plickert sagt. „Die treten anders auf.“ Die Szene gab ihnen inzwischen einen Spitznamen: Man nennt sie „die Unentspannten“.
Grund für den Streit ist unklar
Mit welchen Angespannten sie es am Dienstag zu tun hatten, ist offen. Von Clans war zunächst die Rede, aber offenbar stritten am Altmarkt keine Familien. Von einem „Querschnitt der Bevölkerung“ spricht die Polizei, wörtlich von „Deutschen mit sehr deutsch klingenden Namen“, aber auch von Libanesen, Türken, Kurden, ein Mazedonier sei ebenfalls aufgetaucht. Fest steht: „Wir kannten viele von ihnen.“ Ob auch vom Montagabend, blieb am Mittwoch unbeanwortet.
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Noch ist auch nicht klar, worum die Männer zu streiten gedachten. „Man spricht nicht mit uns“, gestehen die Ermittler, aber Ahnungen haben sie schon. Um ein Wettbüro vor Ort könnte es gegangen sein, das der Rockerszene zugeordnet wird. Um „normale Kriminalität“, was auch immer das heißt. Oder, was Arnold Plickert aus Erfahrung kennt: „Um die Vorherrschaft im Viertel.“ Wer besetzt welche Räume, wem gehört welches Geschäft, „es wäre nicht das erste Mal“.
Hier setzt das Innenministerium an mit seinem Plan, nun noch mehr Beamte zu schicken. „Diejenigen, die glauben, die Straße gehört ihnen, liegen falsch.“ Auch Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link äußert sich am Mittwoch deutlich: „Ein Rechtsstaat kann nicht akzeptieren, dass Einzelne oder Gruppen meinen, sich außerhalb unseres Wertesystems bewegen zu können“, erklärt er gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Integrationsrats, Erkan Üstünay. „Massenaufläufe, die in Gewalt ausarten, sind mit unserem Demokratieverständnis unvereinbar.“
Man wolle in Frieden leben, und das geht ja auch den Menschen in Hamborn so. „Die Älteren trauen sich nicht mehr vor die Tür“, sagt ein Gastwirt, der inzwischen schon um 18 Uhr schließt. Die Polizei müsse hart durchgreifen, sagt ein anderer. Und lobt, dass sie am Dienstagabend so schnell war. Unwohl fühle er sich manchmal. „Unsicher nicht.“
INFO: ZWEI STAATSANWÄLTE GEGEN KRIMINELLE CLANS
Eigens für den Kampf gegen kriminelle Clans will das NRW-Justizministerium in Duisburg zwei Staatsanwälte einsetzen.
Das Konzept für die Vor-Ort-Staatsanwälte wurde nach Berliner Vorbild in Duisburg erarbeitet, um die Zusammenarbeit der Behörden weiter zu verbessern.