Essen. Um die „Sicherheit im Nahverkehr“ ging es bei einem Kongress in Dortmund. Zugangskontrollen, „Verfügungsteams“ und mehr Fußball-Züge sollen helfen

Anzeigen hatten sie viele, aber Verdächtige hatten sie nicht. 2014 muss das gewesen sein, erinnert sich Wolfgang Wurm, dass vor allem asiatische Passagiere am Flughafen Düsseldorf flächendeckend bestohlen wurden: Ein Täter rempelte sie an, und während sie noch dessen ausufernde Entschuldigung annahmen, hatte der zweite sie schon bestohlen und die Beute dem dritten gegeben, der ebenso schnell wie unauffällig damit fort strebte.

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„Wir haben dann die Videoüberwachung gezielt überprüft und eine Bande von vier oder fünf Tätern ermittelt. Zwei Tage später haben wir sie festgenommen. Sie bekamen hohe Strafen“, sagt Wurm, der Präsident der Bundespolizeidirektion Sankt Augustin.

Neue Eckpunkte sollen Sicherheitsgefühl verbessern

Er erzählt die Geschichte der segensreichen Videoüberwachung im Dortmunder Fußballmuseum, wo es am Montag mal nicht um das Thema Nummer 1 geht, aber um eines, das schon auch interessiert: Die Sicherheit im Nahverkehr ist Gegenstand dieses Kongresses. „Wer das Gefühl hat, dass es mulmiger wird, der wird das auch im ÖPNV so empfinden. Die Zahlen sind allerdings anders“, sagt Hubert Jung aus dem Vorstand des Dortmunder Nahverkehrunternehmens DSW 21. Was also tun, um der Furcht zu wehren, vor lauter Taschendieben und Terroristen besteige man besser keine U-Bahn mehr? Das Land, die Bahn und die Verkehrsverbünde Rhein-Ruhr und Rheinland haben deshalb „Eckpunkte“ aufgeschrieben, was sie bald verändern wollen.

- Der VRR will automatische Zugangskontrollen testen, die nur noch Leute mit gültigem Fahrschein in die Stationen lassen.

– In allen Regional- und S-Bahnen sollen künftig nach 18 Uhr zwei Sicherheitskräfte mitfahren.

– Sieben „Verfügungsteams“ aus drei Menschen und einem Hund werden zusammengestellt für Fälle, dass „mit regulären Kräften das Hausrecht nicht mehr durchgesetzt werden kann“. Ansonsten soll unberechenbar sein, wann sie wo auftauchen.

– Videoüberwachung wird ausgebaut.

– Land, Bahn, Verkehrsverbünde und Polizei treffen sich mindestens zweimal jährlich zu dem Thema, auch ohne aktuellen Anlass.

– Es sollen mehr spezielle Fußballfan-Züge eingesetzt werden, damit die Anhänger mit den stark unterschiedlichen Ansichten sich unterwegs nicht begegnen.

Weniger Körperverletzungen, weniger Vandalismus bei der Bahn

Denn „nur ein sicherer Nahverkehr ist ein attraktiver Nahverkehr“, sagt Landesverkehrsminister Michael Groschek (SPD). Züge sollten künftig 100-prozentig videoüberwacht werden, denn „subjektiv fühle ich mich dann beobachtet und damit sicher, und objektiv können Straftaten erkannt werden“, so der Minister.

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Freilich ist der „Sicherheitsbericht 2015“ der Bahn in NRW wenig dazu angetan, zu beunruhigen. Sie stellte ihn ebenfalls am Montag in Dortmund vor. Danach sank die Zahl der Körperverletzungen um acht Prozent auf etwa 2500 Fälle, der Metalldiebstähle um 40 Prozent auf 220, der Vandalismus um 20 Prozent auf 2020. Einzig die Angriffe auf Mitarbeiter nahmen zu: von 279 Fällen 2014 auf dann 289.

Mit mehr Sicherheitskräften habe man in Dortmund im Januar gute Erfahrungen gemacht, sagt Hubert Jung von DSW21. Es habe an Wochenend-Abenden auf den Verteilerebenen dreier U-Bahnhöfe in der Innenstadt Probleme mit Antänzern und Dieben gegeben. „Nach Köln war bei der Herrschaften die Hemmschwelle gesunken, sich daneben zu benehmen.“ Weil mehr Polizisten und Sicherheitskräfte dorthin gelenkt wurden, „hat sich das schnell gelegt, das war vor Karneval vorbei“, so Jung.

Bei Neubauten „Wartehallen aus Glas statt aus Beton“

Und dann ist da noch der Punkt, der am längsten braucht: Umbauten. „Wartehallen aus Glas statt Beton“ nennt Martin Husmann, Vorstand des VRR. Wer ausziehen mag, das Gruseln zu lernen, dem kann man etwa die U-Bahn-Station „Bismarckplatz“ in Essen nur wärmstens empfehlen. Eine lange Rolltreppe fährt in ein schwarzes Loch, unten herrscht nicht direkt Massenbetrieb, dafür hat eine Planung mit Lust an Nischen sehr viele Stellen geschaffen, die man nicht einsehen kann. Und zum Bahnsteig in Gegenrichtung muss man durch eine Art Unter-Unterführung. Nach heutigen Maßstäben ist der Bahnhof ein Musterbeispiel. Wie man es nicht macht.