Gelsenkirchen. . Die Randale an der Schalke-Arena am Samstag zeigt: Gewaltsuchende Fußballanhänger treiben mit der Polizei ein Katz- und Maus-Spiel. Zeugen gesucht.
Was das sollte, kann wohl nur erklären, wer schon einiges auf den Schädel bekommen hat: 196 Fußballanhänger hat die Polizei am vergangenen Samstagabend aus Gelsenkirchen verwiesen, nachdem mehrere Dutzend Angehörige des FC Bayern und des VfL Bochum gemeinsam auf Schalke-Fans losgegangen waren. Die Polizei ruft jetzt Zeugen des Geschehens auf, sich bei ihr zu melden und hat eine Sonderkommission für die weiteren Ermittlungen gebildet. Die Polizei muss sich aber auch Kritik stellen.
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Denn die Randalierer prügelten unmittelbar an der Arena los: am Nordeingang, kurz vor Beginn der Begegnung gegen den FC Bayern München. Ein Youtube-Video zeigt, dass die Prügelnden minutenlang von der Polizei unbehelligt blieben und dann von einem Pulk an Schalke-Anhängern verjagt wurden, von denen einige im Mob auf einen gegnerischen Anhänger einschlugen und -traten. Erst später formierte sich die Polizei und sei dann laut einem Sprecher "konsequent eingeschritten".
"Die Täter waren konspirativ angereist"
Zig Strafanzeigen müssen nun geschrieben werden - gegen Gewalttäter aus der Fußballszene, die da in der Dunkelheit des Samstagabends überwiegend vermummt und offenbar wahllos auf Schalke-Anhänger losgegangen waren. "Das wird noch viel Arbeit", sagte am Montag ein Polizeisprecher. Videoaufzeichnungen müssen gesichtet und Zeugen befragt werden. Es geht um Strafdelikte wie Körperverletzung, Landfriedensbruch oder Bedrohung. Verletzte hätten sich bei der Polizei noch nicht gemeldet. Dass auch Unbeteiligte oder gar Kinder verletzt wurden, konnte die Polizei nicht bestätigen.
"Die Täter waren konspirativ angereist", sagt die Polizei - also nicht per Bahn oder Reisebus. Auch hatten sie ihre Autos - meist Kleinbusse - nicht auf den Parkplätzen an der Arena abgestellt, sondern auf dem Gelände des Einkaufcenters "Marktkauf". Laut Routenplaner 31 Fußminuten entfernt vom Nordeingang der Arena.
Auf dem Weg zur Arena seien sie dann "in der Anonymität der Anreisenden untergegangen", sagt ein Polizeisprecher. Erst später hätten sie sich als Gruppe formiert und vermummt. Dass diese konzertierte Aktion von VfL- und Bayern-Anhängern mit verfeindeten Schalke-Gruppierungen abgesprochen sein könnte, wie bei Hooligan-Auseinandersetzungen häufig, glaubt man bei der Polizei nicht.
Räuber- und Gendarm-'Spiel' mit der Polizei
"Solche Gewalttäter spielen mit der Polizei Räuber und Gendarm", sagt der Fan-Forscher Prof. Gunter A. Pilz und verweist auf entsprechende Aussagen aus der Fan-Szene. Sie legten es mit ihren Aktionen darauf an, auch die Polizei zu düpieren. Konspirative Anreisen, wie nun in Gelsenkirchen, seien seit Jahrzehnten Praxis bei gewaltbereiten Fußballanhängern. Ähnliche Aktionen hatten sich zudem an diesem Fußball-Wochenende gehäuft:
- Im Hauptbahnhof Hannover gab es Randale von Anhängern, die auf dem Weg zur Begegnung Werder Bremen gegen Wolfsburg waren. 128 "Fußballstörer" wurden laut Polizei in Gewahrsam genommen, zehn seien einschlägig bekannt. Auch in Hannover war die Polizei personell nicht stark genug: "Mit Unterstützung der Landespolizei und der zwischenzeitlich mit Hubschraubern eingeflogenen Bundesreserve konnte die Lage unter Kontrolle gebracht werden", heißt es in der Polizeimitteilung.
- In Mönchengladbach hatten sich verfeindete Anhänger von Borussia Mönchengladbach und Hannover 96 in einem Regionalzug geprügelt, im S-Bahnhof Lürrip, eine Station vor dem Hauptbahnhof, die Notbremse gezogen, und den Kampf dann auf den Bahnsteig verlagert, nachdem Scheiben aus Wagen herausgetreten worden waren. Die Polizei nahm dort 238 Fußball-Anhänger vorläufig fest. 28 von ihnen seien einschlägig bekannt aus der Datei "Gewalttäter Sport".
Polizei will Lehren ziehen aus Randale an der Arena
Inwieweit die Gewalttäter es ausnutzten, dass die Polizei nach den Terroranschlägen von Paris und der Absage des DFB-Spiels gegen die Niederlande in Hannover an diesem Spieltag besonders belastet war, will man in Polizeikreisen nicht kommentieren. Fan-Forscher Gunter A. Pilz unterstellt den Tätern vom Samstag eine womöglich "doppelte Erfolgserlebnisse": sie hätten ihren Gegner getroffen, wo der nicht damit gerechnet habe und gleichermaßen die Polizei kalt erwischt.
Mit Blick auf weitere Begegnungen jedoch, werde man Lehren aus dem Geschehen ziehen, sagt ein Sprecher der Polizei in Gelsenkirchen. "Wir werden unsere Aufklärungsarbeit vor einem Spiel verstärken".
Die Polizei sucht unterdessen Zeugen. Wer das Tatgeschehen beobachtet und eventuell sogar aufgezeichnet hat, wird gebeten sich bei der Polizei Gelsenkirchen zu melden. Vor allem hofft die Polizei auf Hinweise von Personen, die am Samstag verletzt wurden. "Laut ersten Erkenntnissen hatte es zahlreiche Verletzte gegeben, die zum Großteil nicht in ärztliche Behandlung begeben haben." Hinweise an die Polizei unter den Nummern: 0209/365 -7541 oder -8240.