Ruhrgebiet. Der “Fahrradklimatest“ zeigt, dass Oberhausen ein gutes Pflaster für Radfahrer ist. Schlechte Noten hingegen bekommt eine andere Stadt im Revier.

Zwischen einer Note von 3,58 und einer 4,38 liegen Welten. Knapp 35 Kilometer, um genau zu sein – so weit liegen Oberhausen und Bochum auseinander. Die Frage, wie fahrradfreundlich die Ruhrgebietsstädte sind, beantwortet regelmäßig der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) mit einem „Fahrradklimatest“: Wie gut ist die City meiner Stadt erreichbar? Werden im Winter die Radwege geräumt? Gibt es überhaupt welche? Am Ende werden Schulnoten vergeben, und immer landet Münster auf Platz eins (mit Note 2,5 diesmal). Die Revierstädte holen zwar mächtig auf, was die Routen für Freizeitradler angeht – doch wer das Fahrrad im Alltag nutzt, erlebt Radfahren oft als nervenzerfetzende Angelegenheit.

Das Ruhrgebiet ist Mittelfeld

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Und nun die Überraschung: Landesweit liegt Oberhausen bei den Großstädten auf Platz zwei mit der Note 3,58. Und erzielt damit das beste Ergebnis im Ruhrgebiet. Im Mittelfeld: Gelsenkirchen, Essen, Dortmund. Bei den mittelgroßen Städten kommt Herne recht gut weg, Recklinghausen trotz münsterländischer Topographie nicht so. Und bei den Großstädten ganz am Ende: Bochum. Note 4,38.

Was macht Oberhausen also anders als Bochum?

Wer mit Radfahrer Klaus Kuliga spricht, der spürt schnell eine Mischung aus Bitterkeit und Wut. Kuliga ist Vorsitzender des ADFC in Bochum und sagt: „Die Stadt hat seit Jahrzehnten kein Konzept.“ Als sich Bochum im letzten Jahr um die Aufnahme in die landesweite „Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte“ bewarb – Dortmund und Essen zum Beispiel sind schon lange Mitglieder –, da brachte Kuliga zeitgleich das „Schwarzbuch Radverkehr Bochum“ heraus. Ein 40 Seiten starkes Pamphlet, das minutiös aufzählt, wo Radwege fehlen oder unsinnige Barrieren stehen.

Bochum hat keinen "Radverkehrsbeauftragten" mehr

Dabei ist es erklärtes Ziel der Stadt Bochum, alle sieben Hauptstraßen, die sternförmig auf die City zulaufen, komplett mit Radwegen auszustatten. An der Herner Straße wird es bald so weit sein. „Das ist dann die erste und einzige – nach 27 Jahren“, ätzt Kuliga. Weder Verwaltung noch Politik, beklagt er sich, nähmen den Radverkehr ernst. Da sei die beliebte Erzbahntrasse zwischen Bochum und Gelsenkirchen nur ein Prestigeprojekt – und: „Die ist vom Regionalverband Ruhr, die Stadt hat keinen Euro dazugezahlt.“

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Bochum wehrt sich gegen diese exzessive Kritik, hat aber den symbolisch schwerwiegenden Fehler gemacht, den „Radverkehrsbeauftragten“ wegzusparen. „Wir installieren ihn neu, da sind wir auf dem Weg“, sagt Susanne Düwel vom Bochumer Tiefbauamt. Ohnehin, die Bewerbung als „fahrradfreundliche Stadt“ sei eine klare Aussage. „Wir haben durchaus ein Konzept“, widerspricht sie Kuliga. Doch sie räumt ein, dass die Zusammenarbeit mit den organisierten Fahrradfreunden „nicht gerade optimal“ sei.

Oberhausen hat kein Geld, aber gute Ideen

In Oberhausen hat man dagegen den seltenen Fall, dass ein Fahrrad-Aktivist die Stadt lobt: „Oberhausen hat kein Geld, aber gute Ideen, und macht das beste draus“, sagt Burkhard Schmidt vom örtlichen ADFC. „Seit vielen Jahren sind Politik und Verwaltung pro Fahrrad, wir müssen da keine Überzeugungsarbeit mehr leisten.“ Und so ärgern sich Oberhausener Radler höchstens über mangelhaften Winterdienst auf Radwegen und notorische Falschparker, die die Strecke versperren. Zwar sagt Schmidt: „Eine 3,58 für Oberhausen, das ist im Grunde eine vier plus“, aber: „In der Stadt herrscht ein positives Rad-Klima, das merken alle.“

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Die „Neue Mitte“ und die Landesgartenschau 1999 haben den Radverkehr in Oberhausen beflügelt: „Viele Barrieren wurden dadurch aufgebrochen“, sagt Dieter Baum, der Radverkehrsbeauftragte der Stadt. Da seien nicht nur die beliebten Trassen entstanden, sondern auch Radfahrstreifen auf dem Asphalt, die den Autofahrern deutliche Grenzen setzten. Vom Planungsfehler der 70er- und 80er-Jahre, Radwege mitten auf den Bordstein zu setzen und so Ärger zwischen Fußgängern und Radlern zu produzieren, „haben wir uns längst verabschiedet“. Trotzdem sagen sowohl Baum als auch Schmidt: „Natürlich ist nicht alles ideal.“