Hamburg. . Camping-Kocher oder Restaurant, Zelt oder Hotelzimmer: Bei Reisen mit dem Rad kann jeder auf seine Art Urlaub machen. Sportliche Höchstleistungen sind dabei kein Muss, eine Regenjacke schon. Die Vorsitzende des ADFC Hamburg, Kirsten Pfaue, gibt Tipps für den Urlaub auf zwei Rädern.
Mit dem Fahrrad von Hamburg nach St. Petersburg - fast 2000 Kilometer radeln? Das geht. Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub, Landesverband Hamburg (ADFC Hamburg) hat so eine Tour ausgearbeitet. Richtig abstrampeln muss sich dabei niemand: Dabei wird verteilt über drei Jahre jedes Jahr eine zweiwöchige Etappe gefahren.
Im Interview des dpa-Themendienst erklärt die Vorsitzende des ADFC Hamburg, Kirsten Pfaue, die Besonderheiten der Tour und gibt Tipps für längere Reisen mit dem Rad. "Am wichtigsten ist, dass man sich vorher klarmacht, was man auf der Radreise erleben will", sagt sie.
Die Strecke ist fast 2000 Kilometer lang - ist das nur etwas für Leistungssportler?
Kirsten Pfaue: Nein, gar nicht. Dieses Abenteuer soll ja für jeden sein. Deshalb ist die Strecke in drei zweiwöchige Touren aufgeteilt. Man sieht es auch an der Altersstruktur: Es radeln auch viele Menschen zwischen 50 und 70 Jahren mit. Ich glaube mit einer ganz normalen Grundfitness ist völlig ausreichend. Da braucht man keine besondere Kondition. 50 bis 70 Kilometer sollte man am Tag für die Tour von Hamburg nach St. Petersburg schon fahren können.
Und was ist mit dem Fahrrad auf einer längeren Radreise? Kann man sich einfach auf sein altes Damenrad schwingen?
Pfaue: Das kommt auf den Anspruch an den Reisekomfort an. Natürlich kann man auch mit seinem Drei-Gang-Damenrad fahren; zumal bei der Reise nach St. Petersburg das Gepäck transportiert wird. Auch Leihräder werden auf dieser Tour angeboten. Radelt man individuell und nimmt Gepäck mit oder die Strecke wird etwas unwegsamer, bietet ein Drei-Gang-Damenrad natürlich nicht den gleichen Fahrkomfort wie ein richtiges Tourenfahrrad. Wichtig ist auch, sich zu überlegen, ob man sein Rad im Auto, Zug oder Flugzeug mit an den Startpunkt nehmen kann.
Wie sieht es mit der Kleidung für unterwegs aus?
Pfaue: Regen- und Windschutz gehört immer ins Gepäck, auch gutes Schuhwerk und Funktionskleidung. Unpassend sind sperrige Dinge oder Sachen, die schlecht trocknen, Jeans oder Baumwollpullis. Man braucht eigentlich relativ wenig, das ist ja auch das Schöne am Radreisen, dass man sehr auf Natur, kulturelle Erlebnisse und das regionale Essen vor Ort reduziert ist. Umso weniger Gepäck man mithat, umso mehr Spaß bringt das Radfahren. Beim Packen kommt es natürlich auf das Reiseziel an. Wenn ich nach Skandinavien fahre, muss ich anders packen als wenn ich ans Mittelmeer fahre.
Reicht ein Smartphone, um den Weg zu finden?
Pfaue: Ich glaube, dass das Smartphone immer nur ergänzend sein kann zu anderem Kartenmaterial. Man muss ja sehen, dass man gerade beim Radfahren kleine Straßen fährt oder vielleicht auch mal gut befahrbare Waldwege. Es kommt vor allem darauf an, dass die Straßen auch verkehrsarm sind. Da bietet es sich an, Karten vor Ort zu kaufen, mit einem nicht zu großem Maßstab, dass man eben auch die kleinen Straßen gut erkennen kann.
Wie viel Zeit sollte man denn insgesamt für die Vorbereitung auf dem Rad und organisatorisch einplanen?
Pfaue: Am wichtigsten ist, dass man sich vorher klarmacht, was man auf der Radreise erleben will. Will ich zelten oder abends in einer Pension noch eine schöne Dusche nehmen? Will ich im Stadtkern noch etwas Essen gehen, oder möchte ich den Camping-Kocher auspacken? Das Radfahren bietet ja alles, immer gekoppelt an Aktivität und regionale Besonderheiten. Je nachdem, was man erleben will, sollte man das Reiseland aussuchen - Naturerlebnis in Norwegen oder kulinarische Toskana-Tour? Davon ist natürlich die Organisation im Vorfeld abhängig. Und auch, wie ich mich sportlich vorbereiten muss. Eine Radreise durch Dänemark bedarf einer anderen sportlichen Vorbereitung, als wenn ich durch die Alpen fahre. Die eigentliche Leistung ist, sich für ein Ziel zu entscheiden und dann loszuradeln. Spaß, Erholung und Abenteuer liegen dann auf jedem Weg.
Was entgeht demjenigen, der in den Flieger nach St. Petersburg steigt, statt zu radeln?
Pfaue: Eine ganze Menge. Man erlebt seine Umwelt auf dem Rad ganz anders, ist wirklich vor Ort. Denjenigen der radelt, erwartet eine atemberaubende Natur, große Kultur und vor allem europäische Zeitgeschichte. Die Highlights sind sicher, die Werft in Danzig zu besichtigen, dann die Nehrungsküsten der Ostsee oder der Bernsteinküste entlangzuradeln, die russische Enklave Königsberg zu durchqueren, und natürlich am Ziel in St. Petersburg anzukommen. Da vor der Eremitage anzuhalten, ist etwas ganz Besonderes. (dpa)