Essen. . Karstadt-Chef Stephan Fanderl sieht die Sanierung der Warenhauskette „auf gutem Weg“. Gewerkschaft Verdi kritisiert rigide Spar- und Kürzungspolitik.
Es gehe „ums Überleben des Gesamtkonzerns“, hatte Stephan Fanderl gleich nach seiner Berufung zum Karstadt-Chef im vergangenen Oktober angekündigt, dies gelinge „nicht ohne schmerzhafte Einschnitte“. Schnitt eins war die Schließung von sechs Filialen, darunter zwei klassische Warenhäuser in Hamburg und Stuttgart, Schnitt zwei der Abbau von mehr als 2000 Stellen samt 960 Kündigungen.
Mit dem Schließungsentscheid für weitere fünf Filialen - unter anderem in Bottrop, Recklinghausen und Mönchengladbach-Rheydt - hat der Karstadt-Aufsichtsrat jetzt den nächsten Schnitt gemacht. Die Zahl der Warenhäuser des Essener Unternehmens sinkt damit auf bundesweit 76. Was kommt als nächstes – oder war es das?
Nach Informationen unserer Redaktion sind zumindest absehbar keine weiteren Schließungen geplant. Damit hätten sich die schlimmsten Befürchtungen der Arbeitnehmervertreter nicht bewahrheitet. Die interne „Fokusliste“ mit defizitären Standorten sei von 21 auf 28 Häuser gewachsen, hatte Verdi im April erklärt. Von acht bis zehn akut bedrohten Häusern hatte Fanderl selbst im Herbst gesprochen und diesen Filialen eine Frist bis zum Sommer 2015 gesetzt, zurück in die Spur zu finden. Mit Filialschließungen mindestens in dieser Größenordnung hatten die meisten Beobachter gerechnet. Doch offenbar konnten einige Häuser ihre Verluste so weit eingrenzen, dass der Vorstand ihnen zutraut, mit dem im Sommer startenden neuen Konzept in die schwarzen Zahlen zu kommen. Bottrop und Recklinghausen gehören nicht dazu.
„Wir stehen mitten im Prozess“
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„Wir stehen mitten im Prozess des tiefgreifenden Wandels und sind auf einem guten Weg. Sanierung und Zukunftskonzept bedingen sich gegenseitig“, erklärte Fanderl. Die Arbeitnehmervertreter werteten die neuen Schließungen gleichwohl als Vertrauensbruch. „Mit dem heutigen Tag ist Vertrauen in die Eigentümer und die Geschäftsführung von Karstadt verloren gegangen“, sagte Gesamtbetriebsratschef Hellmut Patzelt. Deren Kurs bestehe „vor allem aus einer rigiden Spar- und Kürzungspolitik auf dem Rücken der Mitarbeiter“. Auch Verdi beklagte den Umgang mit den Beschäftigten, die von der Schließungsnachricht völlig überrascht wurden.
Für die Betroffenen gelten laut Karstadt die mit Betriebsrat und Verdi im Frühjahr ausgehandelten Sozialpläne. Sie scheiden demnach entweder sozialverträglich aus, etwa über Vorruhestandsregelungen, oder wechseln im Kündigungsfall in eine Transfergesellschaft und erhalten Abfindungen.