Ruhrgebiet. . Die betroffenen Autofahrer sind schockiert. Die Polizei wundert sich kaum noch. Derzeit sind die Diebesbanden im Ruhrgebiet wieder aktiv.

Für Burkhard Behrens (Name geändert) war der Einbruch in sein Auto durch das hintere Dreiecksfenster vergleichsweise ein Weltereignis, doch für alle weiteren Beteiligten war er ein Vorgang wie zu viele. „Hinteres Dreiecksfenster? Wie immer“, sagte der Polizist. „Dreiecksfenster hinten? Wie immer“, sagte der Abschlepper. „Wie immer!“, sagte der Taxifahrer und bewies anschließend tiefer gehende Fachkenntnis: „War denn das Lenkrad noch da?“

Offensichtlich ist der erweiterten Fachwelt bekannt, dass es gerade kriminell in Mode ist, Autos von BMW, Mercedes oder Audi aufzubrechen, um aus ihnen das fest installierte Navi zu stehlen. Es rauscht wie schon 2012 eine Welle durchs Ruhrgebiet, im Essener Süden sind die Täter zuletzt aktiv, und in Dortmund gab es 95 Fälle allein im März, viele davon in der Gartenstadt.

Schadenshöhen zwischen 6000 und 8000 Euro

„Das ist viel, auch für die Polizei“, sagt ihr Sprecher Kim Ben Freigang: „Es ist aber nicht so, dass man jetzt sagen müsste: Wer in der Gartenstadt wohnt und einen BMW fährt, sollte sich lieber direkt einen Skoda kaufen – das ist nicht der Fall“, so Freigang.

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Dabei sind jeweilige Schadenshöhen von 6000 Euro oder 8000 Euro „eingebaut“, sagt Heidi Conzen vom Landeskriminalamt NRW: unsachgemäßer Ausbau mit Gewalt, Armaturen beschädigt, Kabel zerschnitten, Einbruchsspuren. „Das ist denen ja egal, wie das Drumherum aussieht. Die wollen nur an das Gerät.“ In NRW stieg die Zahl der Fälle im Jahr 2014 auf 7188, das sind 430 mehr als im Vorjahr; in Essen/Mülheim von 340 auf 593, ein Plus von etwa 70 Prozent.

Fälle von Beschaffungskriminalität

Und so diskutieren Betroffene in den Internet-Foren in engagierter Ratlosigkeit, was man überhaupt tun kann: „Ich denke, man ist mit der alten Navi-Generation sogar schon sicherer“ – „Ich hab mich kürzlich entschlossen, eine Alarmanlage nachrüsten zu lassen“ – „Meins wurde trotz Alarmanlage aufgebrochen und Navi geklaut“ – „Die Jungs haben für jede Variante eine Lösung“ – „Trotzdem ist es sicher so, dass jede fest eingebaute (Alarmanlage) oder mobile (Babyphone) Hürde etwas bringt, weil es länger dauert, weil es lauter ist“ – „Am 20.2. hat es mich im Köln/Bonner Raum ebenfalls erwischt. Hinteres linkes Dreieckfenster eingeschlagen, Navi fachmännisch ausgebaut und Kabelbaum zerschnitten.“

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Das Delikt begann einmal als Beschaffungskriminalität: Junkies suchten nach Saugnapfspuren an Frontscheiben und schlossen daraus auf ein Navigationsgerät unterm Vordersitz. Beschaffungskriminalität ist es auch heute noch, doch in einem anderen Sinn: Neben den einheimischen Tätern sind häufig Banden aus Polen oder Litauen unterwegs, die ganze Straßenzüge einschlägig ausweiden.

Diebe kommen gern zudemselben Auto zurück

Manches teure Gerät ist bestellt aus Osteuropa, freilich wandern etliche Navis auch nur vorübergehend aus, um dann über Internet-Plattformen wieder angeboten und auch in Deutschland zurückverkauft zu werden – weit billiger als ab Werk.

Den Opfern aber bleibt noch ein weiteres Risiko. Denn häufig kehren die Aufbrecher nach Monaten zu Autos zurück, die sie bereits einmal besuchten – in der freudigen Gewissheit, bestimmt sei ein neues Navi eingebaut. Und es stimmt ja meistens. So wurde einer 55-jährigen Frau aus Burscheid in der vergangenen Woche schon zum dritten Mal ein Navi aus dem Mercedes gestohlen.

Wie immer.