Oberhausen. . Um gerichtlich verhängte Fahrverbote für die Mülheimer Straße in Oberhausen noch zu vermeiden, soll die Zahl der Fahrbahnen verringert werden.
Tempo 30 statt einer Höchstgeschwindigkeit von 50 Stundenkilometern, ein streng kontrolliertes Lkw-Durchfahrverbot rund um die Uhr und eine Reduzierung der vier Fahrbahnen auf nur noch drei – diese stark einschränkenden Maßnahmen für Autofahrer schlagen Gutachter der Stadt Oberhausen für die Mülheimer Straße vor, um kurzfristig die Stickoxid-Grenzwerte der Europäischen Union einhalten zu können.
Die wichtigste Straßenverbindung quer durch Oberhausen zwischen den Autobahnen A40 und A42 befahren täglich 34.000 Autos, die für gut ein Viertel der dortigen Stickoxide (49 statt 40 µg/m³) verantwortlich sind.
Klage der Umwelthilfe angekündigt
Da die Umwelthilfe Klagen gegen Oberhausen angekündigt hat, ist die Mülheimer Straße ähnlich wie Essen mit Fahrverboten für Diesel-Autos bedroht. Zuständig dafür ist ebenfalls das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, das sogar die Autobahn A40 beim Essener Fahrverbot eingeschlossen hat.
Georg Teichmann, Gutachter der Unternehmensberatung PwC, lässt im Umweltausschuss bei Vorstellung seines Masterplans „Saubere Luft Oberhausen“ mit 27 vorgeschlagenen Einzelmaßnahmen keinen Zweifel daran, dass die Politik an Folterinstrumenten für Autofahrer nicht mehr vorbeikommt. „Wir brauchen ein ganzes Bündel an Änderungen, doch die meisten wirken mittel- bis langfristig. Um kurzfristig Wirkung zu erzielen, benötigen wir restriktive Maßnahmen.“ Im vom Bund bezahlten 290-seitigen PwC-Gutachten wurde berechnet, welche Absenkung von Stickoxiden durch welche Änderung möglich sind. Dabei setzen die Gutachter vor allem auf eine Mobilitätswende: Die Menschen sollen mehr Busse und Bahnen oder das Fahrrad nutzen.
Weil solche Mentalitäts-Revolution nach aller Erfahrung eher länger dauert, geht es nun darum, die Mülheimer Straße von Verkehr sofort zu entlasten. Mit Tempo 30 und einer Fahrbahn-Verringerung hoffen die Gutachter, dass sich automatisch weniger Laster und Autos durch Oberhausen quälen.
Mehr Beratungszeit bis zur entscheidenden Sitzung
So hätte ein ganztägiges Lkw-Fahrverbot mit harten Kontrollen eine Wirkung von zwei bis vier µg/m³ weniger Stickoxid. Tempo 30 könnte nach Erfahrungen aus Essen und Weimar die Stickoxide um zwei bis neun µg/m³ verringern. Und würde man die Fahrbahnen von derzeit vier auf drei geschickt reduzieren, würde die Zahl der Fahrzeuge abnehmen. Dabei soll ein mittlerer Fahrstreifen bleiben – und bei Spitzenlasten zu den Pendlerzeiten mal in die eine, mal in die andere Richtung freigegeben werden. Damit könnte man Stickoxide um drei bis vier µg/m³ absenken.
Die Gutachter geben allerdings zu, dass durch solche neuen Regelungen Autofahrer auch motiviert sein könnten, über andere Straßen Oberhausen zu durchqueren – und dort die Luft verschmutzen.
Die Politiker im Umweltausschuss meinten, dass sie bei diesem heiklen Thema noch nicht wissen, wie sie abstimmen sollen – und holten sich mehr Beratungszeit bis zur entscheidenden Ratssitzung am 17. Dezember. Eines sagt aber das Gutachten auch klar: Eine einzige dieser drei restriktiven Maßnahmen reicht nicht aus, um die Stickoxide kurzfristig erfolgreich absenken zu können.
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Umweltdezernentin Sabine Lauxen sieht nur die Wahl zwischen zwei schmerzhaften Optionen: „Für uns schließt sich ein Zeitfenster. Warten wir auf das Gericht, das uns Hausaufgaben verordnet, oder wollen wir Diesel-Fahrverbote vermeiden und lieber auf der Mülheimer Straße alle langsamer fahren?“
Das Gutachten von PwC ist im Internet einsehbar: https://allris.oberhausen.de/bi/vo020.asp