Düsseldorf. . Der Streik der Lufthansa-Piloten hat am Düsseldorfer Flughafen nicht zu chaotischen Zuständen geführt, obwohl über 120 Flüge annulliert wurden. Die Fluglinie hatte ihre Kunden per SMS vor dem Ausstand und seinen Folgen gewarnt. Viele Reisende konnten offensichtlich noch rechtzeitig umplanen.

Zwölf Uhr mittags am Flughafen. Terminal A wirkt tatsächlich eher wie eine kleine Wildweststadt, nicht wie ein internationaler Flughafen. Der junge Mann hinter dem Tresen der Hemingway Smoking Bar schaut stumm und gelassen auf seine vier Gäste, die auf der kleinen Terrasse einen Milchkaffee in der Sonne schlürfen, zwei Herren in dunklen Anzügen verfolgen mit leicht zusammengekniffenen Augen die Anzeigetafel, „annulliert“ ist hinter jedem zweiten Flug zu lesen. Der Ausdruck der Männer wechselt zwischen Grimm und Gram. Diese Stille des Streiks wird nur kurz unterbrochen durch das rhythmische Quietschen eines Gepäckwagenrädchens. Drei bunt gekleidete Damen aus Ghana verlangen ihm mit schwersten Koffern alles ab. Das Geräusch wird leiser. Die Damen gehen zu ihrem Gate. Wohl im Terminal B, wo der Flughafen noch Flughafen ist.

Von den Bösewichten oder Helden dieser Geschichte (je nach Sichtweise) ist am Mittag nichts zu sehen. Pilot & Co sind nicht vor Ort. Warum nicht, das erklärt Florian Gränzdörffer von der Lufthansa-Öffentlichkeitsarbeit: „In Düsseldorf sind keine Piloten mehr stationiert. Die demonstrieren in Frankfurt.“ Der Mann kennt aber auch die regionalen Zahlen zum Thema. „Von den 140 Flügen der Lufthansa heute in Düsseldorf wurden 120 gestrichen. Bei Germanwings nur zehn von 80.“ Durchgeführt werden die Flüge von „Eurowings“, die Lufthansa-Tochter wird nicht bestreikt.

Grünzdörffer ist recht zufrieden mit dem Krisen-Management seiner Firma: „Es gibt wenig Unmut. Wir haben ja auch insgesamt 155 000 SMS an die Fluggäste verschickt. Die Leute sind gut informiert.“

Das stimmt bedingt. Willi Schäfer (57) und Tobias Büchner (37) stehen vor dem Ticket-Schalter in der allerdings sehr kurzen Warteschlange. „Wir arbeiten bei IBM und müssen zu einem Kundengespräch nach New York. Wichtiger Termin. Das mit der SMS stimmt, aber die Servicenummer der Lufthansa war gestern den ganzen Tag nicht zu erreichen.“ Die beiden sind trotzdem locker. „Wir haben jetzt auf Air Berlin umgebucht und auch neu bezahlt. Wir stehen hier nur, weil unsere Firma ja das Geld für den Lufthansa-Flug zurückbekommen soll. Angeblich dauert das ein bis zwei Monate.“

„Dann eben mit dem Zug...“

Deutlich irritierter ist Jong Won Choi (37), der mit seiner Frau Kim zurück nach Südkorea muss. Der Flug ist gestrichen, jetzt hofft er auf Ersatz. Dringend. „Ich muss doch morgen wieder arbeiten.“ Eine Woche waren die beiden unterwegs in Europa. Paris, jetzt Düsseldorf. „Hier hat es uns noch besser als in Paris gefallen“ sagt der Mann und beweist, dass ausgesuchte Höflichkeit auch in Stresssituationen machbar ist.

Elke Anders wartet mit ihrer Freundin in der Schlange. „Ich habe Romina meine Heimatstadt Düsseldorf gezeigt. Unser Rückflug nach Venedig ist gestrichen worden, aber wir sind nach Mailand umgebucht. Ich will nun wissen, ob wir noch mit dem Zug weiterkommen.“ Auch Elke wirkt tiefenentspannt. „Aber ja. Ich lebe seit 40 Jahren in Italien. Soll ich mal was über Streiks erzählen...?“

„Keine Unterstützung“

Auch Hans Heusken, Geschäftsmann aus München, bleibt am Boden. „Dann fahr ich eben mit dem Zug zurück. Streik ist ein Grundrecht. Also...“ Will denn niemand meckern. Ah da. An einer Säule sitzt ein junges Mädchen auf dem Boden und macht dieses genervt-gelangweilte Gesicht, das man so perfekt nur als Teenager hinbekommt. Carolyn ist tatsächlich 13 und mit ihrer Mutter Susanne auf dem Rückweg nach Schottland, Edinburgh. Susanne ist schon etwas angefressen. „Jetzt fliegen wir nach Birmingham. Aber niemand kann uns sagen, wie es dann weitergeht. Keine Unterstützung. Und die wäre doch auch trotz Streiks möglich, oder?“

Terminal A, 12.30 Uhr. In der Hemingway Smoking Bar hat auf der Terrasse noch jemand einen Kaffee bestellt. Von ganz in der Ferne dröhnen die Motoren eines Flugzeugs. Ein Gast hebt leicht den Kopf, dann ist sie wieder da, die Stille des Streiks.