Düsseldorf. Richter in Nordrhein-Westfalen sind offenbar sehr zurückhaltend mit der Anordnung von Fußfesseln. Vor drei Jahren wurden die viel diskutierten elektronischen Fußfesseln bundesweit eingeführt - viele Richter in NRW scheinen mit dem Gesetz allerdings nichts anfangen zu können.
Die elektronischen Fußfesseln haben sich in Nordrhein-Westfalen als Ladenhüter entpuppt. "Wir haben derzeit keinen einzigen Träger einer elektronischer Fußfessel in NRW", sagte ein Sprecher des NRW-Justizministeriums am Dienstag auf dpa-Anfrage. Seit ihrer bundesweiten Einführung vor drei Jahren habe es überhaupt nur einen einzigen Fall gegeben: "Der Mann ist aber aus NRW weggezogen."
Die Richter in Nordrhein-Westfalen seien "extrem zurückhaltend mit der Anordnung" der Fesseln, die den Aufenthaltsort ihres Trägers registrieren und per Mobilfunk an die Behörden übermitteln. Dies liege daran, dass die gesetzlichen Regeln aus Sicht der Richterschaft kaum anwendbar seien. Bislang darf die Fußfessel nur nach einer Sicherungsverwahrung oder nach langer Haftstrafe angeordnet werden.
Voraussetzung sei dabei die Prognose, dass sie den Träger von weiteren Straftaten abhalten wird. "Diese Regelung wird als ausgesprochen wenig glücklich empfunden", sagte Justizsprecher Peter Marchlewski. Denn gerade bei bereits rückfälligen, oft perspektivlosen Straftätern, die sich auch von harten Strafen unbeeindruckt gezeigt hätten, könne kaum von einer abschreckenden Wirkung der Fußfessel ausgegangen werden.
Zahlen aus Mecklenburg-Vorpommern bestärken Skeptiker
Bestärkt werden die Skeptiker nun durch Zahlen aus Mecklenburg-Vorpommern: Dort hatten vier von sechs entlassenen Strafgefangenen trotz elektronischer Fußfessel neue Straftaten begangen.
Man sollte den Anwendungsbereich überdenken, hieß es nun aus dem NRW-Justizministerium. Zur Vermeidung von Untersuchungshaft, von aufwendigen Meldeauflagen oder Strafhaft bei minderschweren Fällen sei die elektronische Fußfessel möglicherweise besser geeignet. Die elektronische Fußfessel ist mit einem Sender ausgestattet, mit dem der Aufenthaltsort des Trägers rund um die Uhr ermittelt werden kann. (dpa)