An Rhein und Ruhr. . Die Anmeldezahlen belegen: Die 13 NRW-Gymnasien mit neunjähriger Schulzeit sind stark gefragt . Dennoch arbeiten sie nur auf Bewährung. Der Schulversuch läuft zunächst einmal nur für gut zehn Jahre. An den Schulen, die G8 und G9 parallel anbieten, will kaum einer das Turbo-Abi.
Die Stunde der Wahrheit schlägt einmal im Jahr: Wenn Eltern ihre Kinder für die fünften Klassen anmelden, erfahren die Schulleiter auch, wie es um das Image der eigenen Schule bestellt ist. Entspannt zurücklehnen können sich dabei die Chefs an einigen wenigen Gymnasien im Land: Sie bieten das Abitur nach neun Schuljahren an. Und treffen dabei den Wunsch vieler Eltern und ihrer Kinder.
Doch nur 13 von über 600 Gymnasien im Land haben die Gymnasialzeit nicht verkürzt. Zu den 13 G9-Schulen gehört auch das Gymnasium Borbeck. In dem Essener Stadtbezirk wirbt auch ein Mädchengymnasium und ein Gymnasium in kirchlicher Trägerschaft um die immer weniger werdenden Kinder. Doch die von vielen liebevoll „Gymbo“ genannte Schule reüssiert: 94 Kinder wurden am Wochenende angemeldet, wieder ein paar mehr als im vorherigen Jahr und fast eine ganze Klasse mehr als noch vor ein paar Jahren. „Wir bekommen leistungsstarke Kinder auch aus anderen Stadtteilen“, freut sich Schulleiterin Heike Walbrodt-Derichs. Für viele Eltern ist G9 die etwas weitere Reise wert.
Drei Schulen im Land bieten im Rahmen des Schulversuchs die achtjährige und die neunjährige Laufbahn parallel an. Besser gesagt: sie boten an. In Lohmar bei Köln hat man so viele auswärtige Anmeldungen fürs G9 gehabt, dass man die Kinder ablehnen musste. In Dorsten ist das Gymnasium Petrinum nach nur zwei Jahren komplett zu G9 umgeschwenkt. „Es hatten sich nur zehn Eltern für G8 angemeldet“, erzählt der Schulleiter. Und die zehn Betroffenen sind bis auf zwei gern auch bei G9 zugestiegen. Die zwei Kinder sollten aufs G8, weil die Eltern bald in ein G8-Bundesland umziehen wollten.
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Auch am katholischen Antonius-Kolleg ist der Elternwille eindeutig. „Wir haben 150 Anmeldungen, davon sind 13 fürs G8“, so Schulleiter Gerhard Müller. Im Jahr zuvor wollten 15 von 210 Schülern aufs G8. Dennoch fühlt man sich an die Versuchsanordnung des Landes gebunden und richtet zwei G8-Klassen ein.
„Wir hatten schon seit 2002 eine achtjährige Gymnasialausbildung“, so Müller. Die „D-Zug-Klasse“ für Leistungsstarke wurde allerdings erst nach den ersten beiden Gymnasiums-Schuljahren, also nach Klasse 6 eingerichtet. Sein Plädoyer: Das Lerntempo von der Begabung der Kinder abhängig machen. Klingt schlüssig. Doch die G9-Gymnasien in NRW arbeiten auf Bewährung: Offiziell ist das ganze ein befristeter Schulversuch, der bis zum Jahr 2023/24 läuft.
Gesamtschulen als flächendeckende Alternative fürs Abi in neun Jahren
Schulministerin Sylvia Löhrmann verweist an diesem Punkt gern darauf, dass hierzulande die Gesamtschulen in neun Jahren zum Abitur führen – und anders als in Bayern eine fast flächendeckende Alternative darstellen. Ansonsten gilt für die Landesregierung: Alles, nur keine neue Strukturdebatte. Auch, wenn in anderen Bundesländern wie Bayern, Hamburg und Schleswig-Holstein die Eltern gegen das „Turbo-Abi“ auf die Barrikaden gehen, Initiativen gründen und Volksentscheide initiieren.
Hier, so der Philologenverband, habe man mit der Inklusion an den Schulen ja genug zu tun. Der Grundgedanke bei der Inklusion ist übrigens, dass man den Lernprozess vom Schüler her denkt. Und nicht in etablierten Strukturen verharrt.