An Rhein und Ruhr. . Der neue VRR-Vorstand Josè-Luis Castrillo hat was übrig für Handynutzer: Jedenfalls machte er im Interview deutlich, dass er in dieser Klientel eine interessante Kundengruppe ausgemacht hat. Aber er äußerte sich auch zu Themen wie Gewalt im ÖPNV, zu Zugangssperren und Alkohol an Bord von Bussen und Bahnen.

Seit einem Monat steht José-Luis Castrillo auf der Brücke des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR). Er ist Nachfolger von Klaus Vorgang und damit vor allem zuständig für Marketing- und Tariffragen. Der neue Vorstand setzt ganz auf Digitalisierung, um Deutschlands größten Verbund in die Zukunft zu führen. Ein Gespräch über den ÖPNV von morgen:

Vor Ihrem Amtsantritt haben Sie versprochen, sich besonders um die Verbesserung der Fahrgastinformation zu kümmern. Was haben Sie da konkret in Planung?

Josè-Luis Castrillo: Wir haben derzeit ein strategisches Defizit bei Beantwortung der Frage: Wie komme ich von A nach B. Denn es ist falsch, die Fahrplaninformation vom Ticketverkauf zu trennen. Um das zu ändern, setzen wir künftig sehr aufs Smartphone. Ab Frühjahr wird es für den Reisenden endlich möglich sein, sich auf seiner Handy-Plattform zu informieren und das VRR-Ticket gleich dazuzukaufen.

Welche Vorteile bringt das Smartphone dem Buskunden außerdem?

Castrillo: Damit lässt sich alles zusammenführen und vereinfachen. Ich kann nicht nur ein Ticket kaufen, sondern bekomme vor, während und nach der Fahrt Informationen. Und zwar zeitnah. Das kann helfen aufzuzeigen, welche Alternativen es bei Störungen gibt. Und wenn man es zu Ende denkt: Das kann ja sogar bedeuten, dass das Smartphone dafür sorgt, dass rechtzeitig der Wecker klingelt, damit ich meinen Bus kriege. Der VRR will sogar einen speziellen Tarif für Smartphone-Nutzer einführen, etwa ab 2016. Denkbar ist dabei beispielsweise, dass der Kunde sich bei diesem Tarif die zurückgelegte Strecke wie bei einer Tagesflatrate abbuchen lässt.

Bleiben die gewohnten Angebote, beispielsweise das Ticket2000, da langfristig auf der Strecke?

Castrillo: Nein, die wird es weiterhin geben. Wir müssen nur zusätzlich flexibler werden, ohne einen Teil der Stammkunden zu verschrecken.

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Machen Sie sich angesichts der NSA-Debatte keine Sorgen, dass viele Fahrgäste sich überwacht fühlen und daher solchen Plänen verweigern?

Castrillo: Das ist ein hochsensibler Bereich. Das wissen wir ja. Wir werden darauf achten, dass datenschutzrechtliche Bestimmungen eingehalten werden. Wir tun noch etwas: Ab Sommer werden sich Smartphone-Kunden beim Ticketkauf nicht mehr zwingend registrieren müssen.

Viele Kunden fühlen sich immer noch unwohl beim Bus- und Bahnfahren. Was sagen Sie denen?

Castrillo: Wir befinden uns als Verkehrsverbund gemeinsam mit den Verkehrsunternehmen mitten in der Gesellschaft, auch mit all ihren negativen Phänomenen. Unsere Stammkunden können das vermutlich besser einordnen als Gelegenheitsfahrer. Fakt ist: Die Gewaltzahlen steigen nicht an. Allerdings ist die Bereitschaft zu extremer Gewalt leider größer geworden. Wir leisten unseren Beitrag zu Sicherheit, über Technik und Personal.

Was würde ein Alkoholverbot an Bord bringen?

Castrillo: Ich halte nicht viel von einem zusätzlichen Verbotsschild. Die bestehenden Ess- und Trinkverbote sind wirksam und sinnvoll.

Gegen Schwarzfahrer waren vom VRR Zugangssperren an großen Bahnhöfen ins Gespräch gebracht worden. Was ist daraus geworden?

Castrillo: Wir prüfen das immer noch, aber haben uns entschieden, doch erstmal keinen Pilotversuch zu machen. Wobei der finanzielle Schaden bei geschätzten zwei bis drei Prozent Schwarzfahrern enorm hoch ist.

Was kann der VRR tun, um das marode Streckennetz instandzuhalten?

Castrillo: Der VRR wird seinen Teil dazu beitragen, aber allein kann er das Problem natürlich nicht lösen. Das gilt im Übrigen auch für einzelne Kommunen. Das ist Teil der regionalen Entwicklungspolitik.

Was ist Ihre Zwischenbilanz der Tarifeinheit des VRR mit dem Niederrhein?

Castrillo: Sie funktioniert grundsätzlich gut und wird von den Kunden angenommen. Zudem hat der VRR dadurch auch kein Geld verloren. Auf einzelnen Verbindungen, etwa der RE 10 (Kleve-Düsseldorf), gibt es sicherlich auch deshalb mehr Fahrgäste, weil die Tarifkomplikationen weggefallen sind. Auch wenn wir da in jüngerer Vergangenheit leider einige Probleme mit dem Betreiber hatten.