Wuppertal. Vergangene Woche wurde sie verhaftet, am Donnerstag beginnt nun ihr Prozess: “Oma Gertrud“. Die 87-jährige ist arm und immer wieder als Schwarfahrerin erwischt worden. Eine Welle des Mitleids bewahrte sie im Sommer vor Strafe, aber diesmal sieht es schlechter aus für sie.
Fünf Tage vor Heiligabend muss sich in Wuppertal eine 87-jährige Frau als Schwarzfahrerin vor Gericht verantworten. "Oma Gertrud" ist bereits einschlägig bekannt. Ihr droht nun eine Gefängnisstrafe. Sie hatte im September ihren Gerichtstermin geschwänzt, war deswegen mit Haftbefehl gesucht und in der vergangenen Woche festgenommen worden. Nun soll sich die betagte Dame am kommenden Donnerstag wegen 22 Fällen von Beförderungserschleichung vor dem Amtsgericht verantworten, wie eine Gerichtssprecherin auf Anfrage mitteilte.
Der Fall der armen Alten, die mit 87 Jahren noch putzen gehen muss, weil sie von ihrer kargen Rente nicht leben kann, hatte eine Welle des Mitleids ausgelöst. Zahlreiche Bürger meldeten sich in den vergangenen Tagen, um die 87-Jährige freizukaufen und ihr die Haft zu ersparen. Das wäre aber nur möglich, wenn es das Gericht erneut bei einer Geldstrafe beließe. Aus der Untersuchungshaft komme sie vor der Verhandlung nicht frei, auch nicht auf Kaution, hieß es beim Gericht.
Sie soll 560 Euro Rente bekommen
Bereits im Juni war die betagte Frau wegen Schwarzfahrens zu 400 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Eine Boulevard-Zeitung hatte damals die Strafe bezahlt und ihr die Ersatzhaft erspart. Angeblich muss die Frau mit 560 Euro Rente auskommen, von denen 350 Euro allein für die Miete abgehen.
Keinem der beteiligten Beamten sei die Festnahme leicht gefallen, hatte ein Sprecher der Bundespolizei damals gesagt - und damit erstmals eine Welle der Sympathie und Spendenbereitschaft für die alte Frau ausgelöst.
Amtsrichter erließ Haftbefehl "schweren Herzens"
Auch der Amtsrichter hatte bemerkt, dass er den Haftbefehl "schweren Herzens" erlassen habe. Die rot-grüne nordrhein-westfälische Landesregierung will seit längerem eine bundesweite Reform der Strafgesetzgebung anstoßen. In entsprechenden Fällen sollen Richter als Strafe künftig auch gemeinnützige Arbeit verhängen können.
Ihr Verteidiger hat einen Vorschlag parat, womit der alten Dame angesichts der Spendenbereitschaft wirklich geholfen wäre: Ein Jahresticket für den Nahverkehr. (dpa)