Der NRZ-Herbstsucher kommt während der beiden letzten Etappen der Jahreszeit ein gutes Stück näher. Bis auf ein wenig Sturm und etwas Regen hat auch das Wetter gehalten, was sich NRZ-Reporter Matthias Maruhn versprochen hat. Eine Bilanz

Die Etappen 7 und 8:
Lahnquelle - Gernsdorf (18 Kilometer) und Gernsdorf - Dillenburg (28 Kilometer).

Der letzte Tag war der schönste. Wie im Märchen. Als ich morgens den Gasthof „Drei Eichen“ verlasse, liegt Raureif auf den Wiesen und Weiden. Eine Kuh schaut verdutzt hoch und fragt mich , warum ich immer noch in kurzer Hose unterwegs sei. „Weil gleich die Sonne kommt, meine Liebe“ antworte ich und behalte recht.

Beim Anstieg zurück auf den Steig sorgen die ersten Strahlen kurz für ein Kristallmeer auf den Gräserspitzen, dann für einen Spätherbsttag, wie man ihn mit Photoshop nicht perfekter gestalten könnte.

Ich wandele in dem Farbenflash aus rot und braun, und unter mir auf den Tälern liegt der Nebel weiß und schwer. „Sie haben das Ziel erreicht“, sagt mein inneres Navi, und ich lächele glücklich und breit wie ein Frosch. Es ist der achte und letzte Tag der Rothaarwanderung, Zeit für ein Fazit, gleichzeitig auch als Planungs-Tipp gedacht.

Die Jahreszeit.

Der Oktober ist perfekt für den ambitionierten Wanderer, der sich für Regenschauer gut gerüstet hat. Der Vorteil: Wer die Einsamkeit und Ruhe sucht, der findet sie auch. Wer allerdings ein „Lehrer-Trauma“ hat, der sollte die Ferienzeit meiden. Denn dann, in Anlehnung an Herbert Wehner, ist der Wald mal voller und mal leerer, aber immer voller Lehrer.

Die Unterkunft.

Zwischen Brilon und Latrop überhaupt kein Problem, dann wird es ein bisschen eng, frühe Planung hilft, oder Flexibilität, was die Länge der Etappen angeht.

Die Ernährung.

Die Saison schreibt die Speisekarte. Wild und Pilze. Und überall und immer die ganze Welt der Schnitzel. Na ja, und Bier wird in der Gegend ja auch ganz Anständiges gebraut.

Tierbeobachtung.

Null. Jedenfalls in meinem Fall. Kein Hase, kein Fuchs, nicht mal eins der schwer zu übersehenden Wisente, die im April ausgewildert wurden, kreuzte den Weg. Eine Handvoll Vögel vielleicht, ein paar bellende Hunde auf den Höfen. Das war’s.

Die Flora.

Volltreffer. Alles da. Das bunte Laub, der dunkle Forst im Nadelwald, tellergroße Fliegenpilze als ständige Wegbegleiter. Und Kyrill, der Sturm, der im Januar 2007 in der Region 25 Millionen Bäume knickte, hat zu einem hohen Preis einen kleinen Vorteil für Wanderer geschaffen: mehr Fernsicht.

Der Lerneffekt.

Hoch. Oder wie Wandergesell Bernd es formuliert: „Bei Stadt, Land, Fluss werde ich zukünftig bei Flüssen deutlich besser abschneiden.“ Das hat mit dem Quellen-Studium zu tun. Der „Steiger“ erlebt die sprudelnde Geburt von Ruhr, Lenne, Somborn, Eder, Lahn, Ilse und Dill, um nur einige zu nennen. Und nebenbei: Kein Wasser erquickt den Wanderer mehr als das Selbstgezapfte.

Wandern mit Kindern.

Matthias und Tim, beide 10, waren mit ihren Vätern aus Herne angereist. Staudamm bauen, im Laub toben, da wird sogar die Elektronik kurz vergessen. Tipp der Väter: Nicht über 18 Kilometer, sonst geht das Gemaule los. Und: Abends auf ausreichend TV-Programme im Gasthof achten (Super-RTL etc.).

Das Endergebnis.

Zur Nachahmung empfohlen. Erst bei der Ankunft in Dillenburg - nun nicht gerade eine Metropole - habe ich durch die plötzlich wieder einsetzende Hektik wahrgenommen, wie sehr ich mich in der Woche weggewandert hatte. Mit jedem Schritt hob ich mich ein wenig mehr aus dem Bürostuhl, entfernte mich vom Alltag, von Tastaturen, Google und Stau auf der A 40. Bemerkenswert.

Und der Herbst?

Den habe ich gesucht... und gefunden. Wir waren uns noch nie spinnefeind, jetzt aber sind wir Kumpels geworden.