Köln. Unter dem Motto “Überall ist Taksim“ hatte die alevitische Gemeinde zum Proteste aufgerufen. Die Aleviten prangern das harte Vorgehen der Polizei gegen die Demonstranten in der Türkei an und fordern Neuwahlen. Es war die bisher größte Kundgebung dieser Art in Deutschland.

Bei der bislang größten Kundgebung in Deutschland gegen die Regierung in der Türkei haben am Samstag in Köln zehntausende Mitglieder der alevitischen Gemeinde den Rücktritt des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan gefordert. In der Türkei müssten "sofortige Neuwahlen" stattfinden, erklärte der Generalsekretär der Alevitischen Gemeinde Deutschland, Ali Dogan. Seinen Angaben zufolge beteiligten sich rund 80.000 Menschen an der Kölner Protestveranstaltung.

Wegen der großen Teilnehmerzahl verzichteten die Veranstalter auf einen zunächst vorgesehenen Demonstrationszug durch die Kölner Innenstadt und hielten stattdessen eine mehrstündige Kundgebung auf dem zentralen Heumarkt ab. An den Protesten unter der Überschrift "Überall ist Taksim - überall ist Widerstand - Schluss mit Erdogans Diktatur" nahmen nach Veranstalterangaben Aleviten aus ganz Deutschland und weiteren europäischen Staaten teil, darunter Österreich, die Schweiz und Frankreich. Die Aleviten vertreten eine weltoffene Form des Islam und zählen in der Türkei zu den religiösen Minderheiten.

Scharfe Angriffe gegen Erdogan

Auf der Kundgebung der Aleviten in Köln verurteilten Redner aus Reihen der Veranstalter das gewaltsame Vorgehen der türkischen Regierung gegen Demonstranten und griffen Erdogan scharf an. Demonstranten trugen Plakate mit Aufschriften wie "Erdogan, Du bist und bleibst ein Faschist" und "Erdogan ist schuld an Parallelgesellschaft in Deutschland".

Auch deutsche Politiker nahmen an der Kundgebung teil: Linken-Fraktionschef Gregor Gysi, der Grünen-Parlamentsgeschäftsführer Volker Beck und der SPD-Außenexperte Rolf Mützenich forderten das uneingeschränkte Recht auf Demonstrationen auch in der Türkei, Unterstützung für die Protestierenden in türkischen Städten die Freilassung von noch immer inhaftierten türkischen Demonstranten. Auch das IG-Metall-Vorstandsmitglied Christiane Benner bekräftigte in ihrer Rede die Forderung nach Meinungsfreiheit in der Türkei.

Die SPD-Vize Aydan Özoguz ging unterdessen in einem Rundfunkinterview auf Distanz zur Forderung der Kölner Demonstranten nach einem Ende von "Erdogans Diktatur". Rund 50 Prozent der Türken hätten Erdogan und seine Partei AKP gewählt, sagte Özoguz im Deutschlandradio Kultur. Am Ende müsse natürlich das türkische Volk entscheiden, ob Erdogan weiter regiere oder nicht. (afp)