Hamm/Detmold. . Im Fall der ermordeten Kurdin Arzu Ö. wird jetzt auch der Mutter der Prozess gemacht. Das teilte das Oberlandesgericht Hamm am Dienstag mit. In dem Prozess werde es aber nicht um den Vorwurf der Beihilfe zum Mord gehen. Am Montag war Arzu Ö.s Vater zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt worden.
Der Mord an der 18-jährigen Kurdin Arzu Ö. war eine Familiefehde innerhalb strenggläubiger Jesiden. Nun wird einem weiteren - wohl dem letzten - Familienmitglied der Prozess gemacht. Einen Tag nach der Verurteilung von Arzus Vater, Fendi Ö., zu sechseinhalb Jahren Haft, hat das Oberlandesgericht Hamm am Dienstag bekannt gegeben, dass auch die Klage gegen Arzus Mutter Adla Ö. zugelassen sei.
Die Anklage war juristisch umstritten. So war die Staatsanwaltschaft Detmold im vergangenen November noch vor dem Landgericht Detmold gescheitert. Das Gericht sah keinen hinreichenden Tatverdacht gegen die Mutter und entschied, dass nur dem Vater der Prozess gemacht werden könne. Der 3. Strafsenat des Oberlandesgericht Hamm (OLG) gab nun der Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Entscheidung des Landgerichts statt: Ein hinreichender Tatverdacht sei auch gegenüber der Mutter "zu bejahen", begründen die Richter. Es geht allerdings nicht um den Vorwurf der Beihilfe zum Mord.
Mutter von Arzu Ö. soll "aktive und einflussreiche Rolle" gespielt haben
Im Gegensatz zu Arzus Vater Fendi Ö. werde der Mutter, Adla Ö., keine Beteiligung am Mord vorgehalten. Das hätten die Ermittlungen nicht ergeben, erklärte eine Sprecher der Staatsanwaltschaft Detmold. Adla Ö. wird sich vor dem Amtsgericht Detmold wegen des Vorwurfs der gemeinschaftlichen gefährlichen Körperverletzung, wegen Freiheitsberaubung und Nötigung verantworten müssen. Laut OLG hätten die bisherigen Ermittlungen gegen die Frau "hinreichende Anhaltspunkte" dafür geliefert, dass sie bei der Entführung und anschließenden Ermordung ihrer Tochter "eine aktive und einflussreiche Rolle gespielt hatte.
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Arzu Ö. war in der Nacht des 1. November 2011 von drei ihrer Brüder verschleppt und schließlich in auf einem Golfplatz bei Hamburg erschossen worden. Sie sahen die Familienehre geschändet, weil ihre Schwester Arzu einen Deutschen liebte. Fünf ihrer insgesamt zehn Geschwister im April 2012 vom Landgericht Detmold zu hohen Haftstrafen verurteilt worden. Gegen ihren Bruder Osman, dem Todesschützen, wurde eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt.
Im Falle der Mutter geht das OLG von einer Strafe aus, die zwischen zwei und vier Jahren Haft liegen könnte. Deshalb werde der Prozess gegen Adla Ö. vor einem Schöffengericht beim Amtsgericht Detmold verhandelt werden. Den Grund für diese Urteils-Prognose: "Aufgrund ihrer Vorstellungen über die 'Familienehre'"könnte Adla Ö. gemeinsam mit ihren Mittätern "fundemental" gegen die in Deutschland geltenden "Wertentscheidungen" verstoßen haben - weil sie mutmaßlich aktiv daran mitgewirkt hatte, dass Arzu Ö. gekidnappt und entführt wurde - was schließlich zum Mord an Arzu Ö. führte. Schon im Prozess gegen ihren Mann Fendi Ö. war das Verhalten von Adla Ö. Thema. Sie soll laut, war im Prozess zu hören, gelacht haben, als Arzu vor ihren Augen verprügelt wurde.