Essen. . Die Schwierigkeiten bei der Einführung der Elektronischen Lohnsteuerkarte reißen nicht ab: In einem Pilotprojekt haben die Finanzämter die Datenbank getestet - und viele falsche Angaben aufgedeckt. Vor allem die gespeicherten Freibeträge stimmten häufig nicht mit den korrekten Daten überein.

Zweimal wurde der Start der elektronischen Lohnsteuerkarte bereits verschoben. Im nächsten Jahr soll es bundesweit endlich klappen. Ein Pilotversuch der Finanzämter lässt aber einige Verwirrung befürchten. Freibeträge, Steuerklasse oder Religionszugehörigkeit: Oft stimmt das, was Arbeitnehmer auf der alten Papier-Lohnsteuerkarte haben, nicht mit dem überein, was in der mittlerweile aufgebauten Datenbank zur elektronischen Lohnsteuerkarte steht. Da dürfte es also noch einiges zu klären geben, sonst wird der Lohn im nächsten Jahr nicht in der korrekten Höhe ausgezahlt.

Etwa 100 große Arbeitgeber waren an dem Pilotversuch beteiligt, bundesweit wurden die Daten von rund 1,2 Mio Beschäftigten abgeglichen. Nach NRZ-Informationen kam es in 15% der Fälle zu Abweichungen – ein Wert, den Fachleute als hoch erachten. Nicht von ungefähr hat das NRW-Finanzministerium deshalb dieser Tage dazu aufgerufen, ab Oktober Lohnsteuerfreibeträge fürs Jahr 2013 bei ihren Finanzämtern zu beantragen. Man wolle so einen Anstoß zur Überprüfung der Daten geben, heißt es im Ministerium. Nicht mehr korrekte Freibeträge – das sei eines der Hauptprobleme beim Pilotversuch gewesen: „Da sind Arbeitnehmer z.B. wieder in die Kirche eingetreten oder Kinder volljährig geworden, das wurde aber noch nicht auf der Karte eingetragen“, sagte ein Ministeriumssprecher. In der Finanzverwaltung hofft man, dass im Zuge der Neubeantragung der Freibeträge rund ein Drittel der nicht korrekten Daten auf den neuesten Stand gebracht wird.

Elektronische Lohnsteuerkarte soll schrittweise eingeführt werden

Bleiben aber noch 10 Prozent der Fälle, in denen die Daten nicht übereinstimmen – etwa weil sie von Arbeitgebern oder Kommunen falsch übermittelt wurden. Um Chaos zu vermeiden und den Ansturm auf die Finanzämter möglichst gering zu halten, hat man sich entschlossen, die Einführung des elektronischen Verfahrens aufs komplette Jahr 2013 zu strecken: „Arbeitgeber können selbst entscheiden, wann sie im nächsten Jahr dem Verfahren beitreten und ob das gleich mit der kompletten Belegschaft sein soll“, so der Ministeriumssprecher. Zudem soll es bei Unstimmigkeiten noch möglich sein, vorübergehend Papierkarten zu nutzen.

Auch interessant

Das Personal in den Finanzämtern soll geschult werden; gedacht ist an eine Hotline für Bürger. „Die elektronische Lohnsteuerkarte hat für alle Beteiligten Vorteile“, zeigt man sich im Ministerium überzeugt. Für Arbeitnehmer entfallen Wege, sie müssen die Karte z.B. bei Heirat nicht extra umtragen lassen; für Behörden und Firmen entfällt Papierkram.

Auch die Deutsche Steuergewerkschaft hält das Verfahren für grundsätzlich gut: „Es sollte aber erst eingeführt werden, wenn die technische Einführung auch wirklich klappt“, sagte Landesvize Mark Kleischmann auf NRZ-Anfrage. Derzeit habe man den Eindruck, dass das Verfahren „partout durchgeboxt werden soll, weil es politisch gewollt ist“. Kleischmann befürchtet einen Ansturm auf die Finanzämter und Verunsicherung bei den Bürgern – „um dem entgegenzuwirken, müssten die Ämter zumindest aushilfsweise mit Personal verstärkt werden.“