Essen.. Wegen einer Panne muss der Start der elektronischen Lohnsteuerkarte erneut verschoben werden. Alle Steuerpflichtigen bekommen derzeit Post vom Finanzamt. Sie sollen ihre Daten auf Fehler prüfen. Wer das nicht tut, riskiert Geld-Verluste.

„Papier war gestern. Die Zukunft der Lohnsteuerkarte ist elektronisch“, verkündete noch vor kurzem das Bundesfinanzministerium. Am 1. Januar 2012 sollte die elektronische Ära bei den Finanzämtern eigentlich beginnen. Doch die deutschen Steuerzahler müssen weiter darauf warten. Die Einführung der neuen Steuerkarte wird bereits zum zweiten Mal wegen technischer Probleme verschoben. Das Finanzministerium peilt nun das zweite Quartal 2012 für den Start an.

Schuld ist eine Panne bei der Übertragung der Daten von den örtlichen Melderegistern an eine zentrale Datenbank, die die Angaben von mehr als 40 Millionen Steuerpflichtigen bündeln soll. Die Leitung des Projekts obliegt dem Land NRW. Derzeit werden alle Steuerzahler von den Finanzbehörden angeschrieben und dazu aufgefordert, die Daten auf Fehler zu überprüfen. „Die Briefe gehen seit Mitte Oktober nach und nach raus. Viele Bürger haben sie schon erhalten, anderen müssen sich noch etwas gedulden“, sagt Peter Langer, Pressereferent des NRW-Finanzministeriums.

Ansturm auf die Finanzämter

Geduldig müssen die Steuerzahler auch sein, wenn sie Fehler telefonisch oder gar persönlich melden oder einfach nur eine Frage zur neuen Steuerkarte stellen möchten. Zuständig für Korrekturen sind jetzt, anders als bei der alten Papier-Lohnsteuerkarte, nicht mehr die Gemeinden, sondern die Finanzämter. Jede Behörde hat hierfür eine Servicehotline eingerichtet. Die Nummer steht auf dem entsprechenden Schreiben. Doch die Telefonberater der Ämter sind in den vergangenen Tagen völlig überlastet.

Es könne durchaus sein, dass Anrufer mehrere Anläufe brauchen, um bei der Hotline durchzukommen, erklärt Udo Eggemann, stellvertretender Leiter beim Finanzamt Dortmund-Hörde. „Der Ansturm ist deutlich zu spüren. Unsere Mitarbeiter müssen die Anfragen neben ihrer regulären Arbeit bewältigen.“ Eggemann hofft deshalb, dass viele Betroffene sich schriftlich melden. Ein Korrektur-Formular findet sich unter anderem auf der Internetseite des Landesfinanzministeriums.

Fehler könnten teuer werden

Fehler haben sich vor allem bei der Steuerklasse und bei der Religionszugehörigkeit eingeschlichen. „Wir raten dringend dazu, genau hinzusehen und wenn nötig, sofort beim Finanzamt Alarm zu schlagen“, sagt Martina Bruse vom Neuen Verband der Lohnsteuerhilfevereine. Denn Fehler könnten für die betroffenen Steuerzahler künftig teuer werden.

Bei der Übertragung der Daten von Ehepaaren etwa hätten einige Gemeinden ungenaue Angaben gemacht, beklagt Bruse. „Sie haben die Betroffenen einfach nur mit der Information ‚verheiratet’ gemeldet, aber nicht die genaue Steuerklasse übermittelt.“ Das Programm weise Ehemann und -frau dann automatisch jeweils die Steuerklasse IV zu.

Paare mit der Steuerklasse III und V wurden nicht berücksichtigt, so dass der Ehepartner mit der niedrigeren Steuerklasse künftig mehr Lohnsteuern als zuvor zahlen müsste und damit einen geringeren Nettolohn erhielte, wenn keine Korrektur erfolgt. „Das kann dann dramatisch werden, wenn der Ehepartner mit der ehemals niedrigeren Steuerklasse im laufenden Jahr arbeitslos wird“, sagt Bruse. Dann greife die Bundesagentur für Arbeit bei der Berechnung der Arbeitslosengeldes auf die falsch-übermittelte höhere Steuerklasse und somit auf den niedrigeren Nettolohn zurück. Eine Korrektur der Angaben sei dann nur noch in Ausnahmefällen möglich.

Bund der Steuerzahler mahnt zur Eile

Zudem fehlen noch die Freibeträge. Das ist jedoch keine Panne der Erfassung. Vielmehr müssen mit der Umstellung auf die elektronische Lohnsteuerkarte die Freibeträge wieder jährlich neu beantragt werden. Das war im vergangenen Jahr nicht unbedingt nötig, weil die aktuelle Lohnsteuerkarte für 2010 und 2011 gültig war.

„Wir haben schon damit gerechnet, dass mit der Einführung der elektronischen Steuerkarte jede Menge Bürokratie-Aufwand und Belastungen auf Bürger und Finanzämter zukommen“, sagt Beate Berrischen, Pressesprecherin vom Bund der Steuerzahler NRW. „Das Vorhaben hat sich jedoch inzwischen schon um ein Jahr verzögert. Da stellt sich natürlich die Frage, warum es immer noch nicht funktioniert.“ Der Verband mahnt das Finanzministerium zur Eile: „Arbeitnehmer und Angestellte brauchen dringend Klarheit, wie es am 1. Januar weitergeht“, sagt Berrischen. Eine Arbeitsgruppe soll das bis Ende November klären.