Köln . Nach dem tödlichen Angriff eines Tigers auf eine Pflegerin im Kölner Zoo will die Polizei den genauen Tathergang ermitteln. “Die Ermittlungen laufen“, sagte ein Sprecher am Sonntag auf dapd-Anfrage. Ein endgültiges Ergebnis sei aber am Sonntag nicht mehr zu erwarten.
Tragisches Unglück im Kölner Zoo: Ein Sibirischer Tiger hat am Wochenende eine Tierpflegerin angefallen und totgebissen. Die kräftige Raubkatze habe die 43-Jährige am Samstag von hinten attackiert und tödlich verletzt, teilte der Zoo mit. Der Zoodirektor erschoss das Raubtier mit einem Großkalibergewehr in einem angrenzenden Gebäude.
Die erfahrene Tierpflegerin hatte bei Reinigungsarbeiten offenbar ein Sicherheitstor offen gelassen, sodass Tiger Altai ihr nachstellen und sie zerfleischen konnte. Der Zoo wurde evakuiert.
Tiger waren der Spezialbereich der getöteten Pflegerin
Die langjährige Zoomitarbeiterin war auf die Pflege von Tigern spezialisiert. Warum sie die gefährliche Raubkatze in dem Gehege nicht richtig absperrte und gemeinsam mit dem Tier in einem Bereich war, blieb zunächst unklar. "Wir können uns derzeit nicht erklären, warum der erfahrenen Pflegerin ein derart verhängnisvolles Versehen unterlaufen konnte", sagte Zoodirektor Theo Pagel.
Der vier Jahre alte Tiger verfolgte die Frau in ein angrenzendes, für Besucher gesperrtes Wirtschaftsgebäude, wo es zu der tödlichen Attacke kam.
Eine Kollegin fand die Frau leblos im Innengehege und schlug Alarm. Erst nachdem der Zoodirektor Altai von einem Dach aus erlegt hatte, habe die Pflegerin geborgen werden können, teilte der Zoo mit. "Der Tiger war sofort tot", sagte Pagel. Auch bei der Frau konnte der Notarzt nur noch den Tod feststellen. "Das ist der schwärzeste Tag in meinem Leben", sagte Pagel.
Tiger biss Pflegerin vermutlich in den Hals
Vermutlich biss der Tiger der Frau in den Hals, sodass sie verblutete. Als sie leblos dalag, ließ er von ihr ab. Nach Darstellung des Zoos hat zu keiner Zeit eine Gefahr für Besucher bestanden, da der Tiger das Innengehege nicht verlassen konnte. Trotzdem wurde der Zoo aus Sicherheitsgründen zwischenzeitlich geräumt.
Nach ersten Polizeiangaben hätte das Tier aus dem angrenzenden Wirtschaftsgebäude durch ein Fenster weiter fliehen können. Das wurde später nicht bestätigt. Trotz des tödlichen Vorfalls war der Zoo wenig später wieder für Besucher geöffnet. Eine Abendveranstaltung wurde aber abgesagt.
Zu dem Einsatz war ein Großaufgebot der Polizei angerückt. Auch ein Hubschrauber wurde angefordert. Pagel schoss auf Anweisung der Polizei. "Der Zoodirektor hatte die richtigen Waffen dafür", sagte ein Polizeisprecher der Nachrichtenagentur dapd. Die Polizei habe mit den üblichen Dienstpistolen nicht viel anrichten können. "Das hätte den Tiger nicht gekratzt." Sibirische Tiger können auf einer Länge von rund zwei Metern bis zu 300 Kilogramm schwer werden.
Manche Zoo-Gäste erfuhren erst nach ihrem Besuch von dem Unglück
Eine Stunde nach dem Todesdrama im Kölner Zoo stehen wieder Besucher mit ihren Kindern vor dem Tiger-Gehege. Hier hat der Sibirische Tiger Altai seine Tierpflegerin totgebissen. Susanne Middendorf (43) ist mit ihrem dreijährigen Sohn gerade am Zoo angekommen, als der Großeinsatz der Polizei und der Feuerwehr anläuft. "Wir wussten nicht, was los war, und die Zoomitarbeiter durften nichts sagen", sagt die Kölnerin. Erst durch andere Gäste habe sie von dem Unglück gehört.
Gegen 12.00 Uhr spielen sich in dem Tierpark dramatische Szenen ab. Der vier Jahre alte Sibirische Tiger fällt seine 43-jährige Pflegerin von hinten an und verletzt sie tödlich, nachdem diese wohl ein Sicherheitstor nicht geschlossen hatte. Gegen das kräftige Tier hatte die Pflegerin keine Chance. "Wir können uns derzeit nicht erklären, warum der erfahrenen Pflegerin ein derart verhängnisvolles Versehen unterlaufen konnte", sagt Zoodirektor Theo Pagel.
"Der Tiger war sofort tot"
Die Lage ist zunächst unübersichtlich. Zoomitarbeiter und Polizei fangen Besucher ab und räumen den beliebten Tierpark, der zu den ältesten in Deutschland zählt. Die Evakuierung ist noch nicht abgeschlossen, als Zoodirektor Pagel von einem Dach aus sein großkalibriges Gewehr ansetzt und das kräftige Raubtier erlegt.
"Der Tiger war sofort tot", sagt Pagel vor Journalisten. Der Schock steht ihm ins Gesicht geschrieben. "Das ist der schwärzeste Tag in meinem Leben." Erst als der Tiger tot ist, kann Pflegerin Ruth K. geborgen werden. Trotz des tödlichen Zwischenfalls öffnet der Zoo wenig später wieder seine Pforten. Nur eine Abendveranstaltung wird abgesagt.
Im Tiger-Gehege streifen nun vier verbliebene Sibirische Tiger umher, spielen mit großen, gelben Bällen oder dösen. Das Sicherheitspersonal des Zoos achtet darauf, dass keine Gäste interviewt oder gefilmt werden. Es soll Normalität einkehren. Keine Spur mehr von Polizei und Krankenwagen, auch Blut und Absperrband sind nicht zu sehen.
Zoo-Besucher mieden das Tiger-Gehege
Für Oscar Kliewe und seinen zweijährigen Sohn sollte es ein schöner Tag im Zoo werden. Seine Gedanken sind aber bei der toten Tierpflegerin und ihren Kollegen: "Das muss sehr belastend sein für die Mitarbeiter der Toten, die müssen jetzt hier weiter arbeiten und gute Miene zum bösen Spiel machen." Er selber sei mit seiner Familie vom Tiger-Gehege fern geblieben, "da muss ich nicht noch hinrennen, um zu irgendwas zu sehen", sagt der gebürtige Kölner.
Eva Wasag (43) und ihre Tochter Jasmin (17) waren ganze drei Stunden im Zoo, ohne zu wissen, was passiert ist. "Wir sind geschockt, wir hatten unseren Spaß, und dabei ist gerade jemand gestorben", sagt Eva Wasag, als sie von dem Vorfall hört.
Tiger-Angriff ist nicht der erste Vorfall mit Raubkatzen im Kölner Zoo
Bereits im März war in dem Zoo ein Gepard über eine Gitterabsperrung gesprungen und aus seinem Gehege geflohen. Das Tier konnte in der Flamingoanlage wieder eingefangen werden. Verletzt wurde bei dem Zwischenfall niemand.
Der Kölner Zoo wurde 1860 gegründet und zählt damit zu den ältesten Tierparks in Deutschland. Auf einer Fläche von rund 20 Hektar werden rund 10.000 Tiere aus mehr als 750 verschiedenen Arten gehalten. Pro Jahr werden 1,4 Millionen Besucher gezählt. Anfang August war der 100-millionste Besucher begrüßt worden.
Zahl der frei lebenden Tiger wird weltweit auf 3200 geschätzt
Der Sprecher der Tierschutzorganisation WWF, Jörn Ehlers, sagte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dapd, die in Zoos gehaltenen Tiger seien allesamt verhaltensgestört und würden in freier Wildnis nicht überleben. Die Zahl der frei lebenden Tiger wird weltweit auf 3.200 geschätzt. Die Einzelgänger durchstreifen große Gebiete nach Nahrung; der Mensch gehöre in der freien Natur nicht zur Beute der Raubkatzen.
Die Tierrechtsorganisation Peta forderte als Konsequenz, die Haltung von Großkatzen in Zoos zu verbieten. "Durch die artwidrige Haltung in viel zu kleinen Gehegen nutzen die Raubkatzen jede sich bietende Möglichkeit, ihrem Gefängnis zu entkommen", warnte Peta. "Ausbrüche und tödliche Unfälle sind daher vorprogrammiert."
Tiger-Angriff schon 2009 in Aschersleben
Immer wieder kommt es zu gefährlichen Zwischenfällen in Zoos. Ende 2009 attackierte ein weißer bengalischer Tiger im Tierpark Aschersleben (Sachsen-Anhalt) eine Pflegerin und verletzte sie schwer.
Wie in Köln war bei der Reinigung des Geheges ein Gitter offen gelassen worden. Das Tier griff die Pflegerin von hinten an, packte sie am Hals und zerrte sie ins Freie. Ein mutiger Mitarbeiter konnte das Tier nach dem Angriff im Käfig einsperren und verhinderte Schlimmeres. (dapd)