An Rhein und Ruhr. . Organisiert vom Behindertensportverband NRW (BSNW) segeln 36 Behinderte und Nichtbehinderte gemeinsam auf einem barrierefreien Windjammer zu den Paralympics nach London. Für den BSNW ist das Projekt „Challenge“ eine von drei Initiativen, mit denen der Verband Impulse für das Thema „Inklusion im Sport“ setzen möchte.

„Fünf Tage Windjammer-Segeln, all inclusive“. Das klingt nach Luxus-Abenteuerurlaub für Gutbetuchte. Doch auf diesem Törn wird „all inclusive“ anders übersetzt, als sonst in der Reisebranche. Statt grenzenlosem Ess- und Trinkvergnügen geht es auf dem Dreimaster, der am Freitag mit einer 36-köpfigen Crew aus NRW zu den Paralympics nach London startet, um grenzenloses Miteinander. Um „Inklusion“, wie die Fachleute sagen, um das Leben in einer Gemeinschaft, in der jeder seine Chance hat – ob mit Behinderung oder ohne.

Auch Rollstuhlfahrer können auf der „Tenacious“ in den Mast gezogen werden
Auch Rollstuhlfahrer können auf der „Tenacious“ in den Mast gezogen werden

Einigermaßen eingeschränkt und hilflos dürften sich beim Einschiffen morgen Mittag in Emden denn nicht nur die Rollstuhlfahrer in der Mannschaft fühlen, sondern alle Mitglieder der bunt zusammen gewürfelten Truppe, die der Behindertensportverband NRW (BSNW) für das Projekt „Challenge“ (engl.: Herausforderung) zusammengestellt hat. Kaum einer von ihnen war zuvor auf einem so großen Schiff – und doch garantieren die Organisatoren, dass gleich nach dem Ablegen jeder seine Aufgabe im Bordleben erfüllen kann. Egal ob es darum geht, die Segel zu setzen – oder das Schiff am großen Steuerrad auf Kurs zu halten. „Einen Großsegler von A nach B zu bewegen, das geht nur gemeinsam, wenn alle mit anpacken“, sagt Dieter Keuther, beim BSNW Organisator der ungewöhnlichen Segelreise, „da ist Inklusion Programm“.

Bunt gemischte Crew

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Die Crew könnte kaum bunter gemischt sein. Denn der BSNW hat Sponsoren des Projekts eingeladen, selbst behinderte und nichtbehinderte Teilnehmer für die Reise zu benennen. So kamen Teams wie das des Evonik-Konzerns zustande: Ausbilder Bernd Kalina (53), sein Elektroniker-Azubi Mario Preuth (25) und Marcel Dahlhaus (19), der gerade erst seine Ausbildung bei dem Spezialchemie-Konzern beginnt. Mit seiner Gehbehinderung ist Marcel einer von drei jungen Leuten mit Behinderungen, die in diesem Sommer ihre Ausbildung am Marler Evonik-Standort beginnen. „Das Thema Inklusion spielt bei uns eine ganz große Rolle“, sagt Kalina, der zudem gern segelt

Das „Evonik“-Team beim ersten Crew-Treffen im Kölner Olympia-Museum: Marius Preuth und Marcel Dahlhaus mit Ausbilder Bernd Kalina.
Das „Evonik“-Team beim ersten Crew-Treffen im Kölner Olympia-Museum: Marius Preuth und Marcel Dahlhaus mit Ausbilder Bernd Kalina. © WAZ FotoPool

Auf der „Tenacious“ sind zumindest die technischen Barrieren für Menschen mit Behinderungen soweit wie möglich beseitigt. Hörbehinderte werden durch Vibrationsalarm in ihren Kojen geweckt und vom Kompass am Steuerrad können sich Sehbehinderte die Kursangaben „vorlesen“ lassen. Darauf setzt der 16-jährige Max Westphal, einer der zwölf behinderten Crew-Mitglieder. „Ich kann zwar nicht in die Rahen klettern, aber vielleicht kann ich beim Navigieren helfen“, sagt der blinde Rollstuhlfahrer. Wobei: Zumindest bis zur ersten Saling, der ersten Empore im Mast, können auf der „Tenacious“ auch Rollstuhlfahrer kommen. Ein spezieller Flaschenzug macht’s möglich – wenn denn die restliche Crew mit anpackt.

Gruppenfoto beim ersten Treffen der „Challenge“-Crew  in Köln. Foto:Kai Kitschenberg
Gruppenfoto beim ersten Treffen der „Challenge“-Crew in Köln. Foto:Kai Kitschenberg © WAZ FotoPool

Die wird – um auf den „Luxusurlaub“ zurückzukommen – ohnehin genug zu tun haben. Da das Schiff rund um die Uhr segelt, wird jedes Mannschaftsmitglied einer Wache zugeteilt, die zu festen Zeiten arbeitet, in Bereitschaft ist – oder sich in den schmalen Kojen unter Deck ausruhen darf. Geht alles glatt, legt die „Tenacious“ am Mittwoch in London auf der Themse an, unweit des Olympiastadions, in dem die Crew am Abend die Eröffnung der Paralympics mifeiern will.

Als Medienpartner des BSNW wird die NRZ den Törn der „Tenacious“ zu den Paralympics begleiten und regelmäßig berichten, wie das Zusammenleben der Besatzung funktioniert – in der Print-Ausgabe sowie online unter nrz.de/paralympics.