Köln/Frechen. . Die Polizei wirft dem früheren Präsidenten der „Hells Angels“ in Köln versuchte Anstiftung zum Mord vor. Der 50-Jährige gilt als Schwergewicht in der nordrhein-westfälischen Rockerszene.
Rocker haben im bürgerlichen Leben mitunter biedere Berufe: Günter L. ist Messebauer, muss morgens früh raus. Am Freitag war die Polizei noch früher aufgestanden. Um 5.10 Uhr empfingen Beamte den ehemaligen Chef des im Mai aufgelösten Kölner Hells-Angels-Clubs vor dessen Haus in Frechen. Der 50-Jährige ließ sich widerstandslos festnehmen. Wenn es stimmt, was die Ermittler ihm vorwerfen, muss der Mann mit einer mehrjährigen Haftstrafe rechnen.
L., der zu den einflussreichsten Rockern zumindest in NRW zählt, soll am Abend des 30. März einem Rocker aus seinem Umfeld befohlen haben, dem erstbesten Mitglied der verfeindeten Bandidos ein Messer in den Hals zu rammen. Versuchte Anstiftung zum Mord nennen das die Ermittler. Gut 50 Bandidos hatten sich an jenem Abend in der Kölner Altstadt versammelt. Etwa 120 Hells Angels standen ihnen gegenüber. Die Polizei ging dazwischen, als sich die Rocker am Maritim-Hotel zum Boxkampf aufstellten, was aber wohl nur einen Auftakt markieren sollte: „Das wäre da zum Showdown mit Toten und Schwerverletzten gekommen“, meinte ein Polizeibeamter gegenüber der NRZ. Wie begründet diese Einschätzung ist, mag sich daran zeigen, dass die Polizei an dem Abend bei den Rockern rund 200 Hieb-, Stich- und Schlagwaffen sicherstellte.
Mit Eisenstangen und Wagenheber
Die Ermittler sind überzeugt: Mit dem Mordbefehl, der nur dank der massiven Polizeipräsenz nicht ausgeführt wurde, habe L. die Gebietsansprüche der Hells Angels in Köln betonen wollen. Zudem habe L. Rache für ein Angels-Mitglied nehmen wollen, das Bandidos bei der Massenschlägerei im Januar in Mönchengladbach lebensgefährlich verletzt hatten.
Damit nicht genug. L. soll im September 2010 an einem Überfall an einem Frechener Tankstellengelände beteiligt gewesen sein, bei dem Mitglieder der Leverkusener „Outlaws“ mit Eisenstangen und einem Wagenheber traktiert wurden. Und nach dem Verbot der Kölner „Hells Angels“ im Mai durch Innenminister Jäger (SPD) soll L. eine Bestrafungsaktion gegen einen Überläufer des Unterstützerclubs „Red Army Support 81“ befohlen und angeführt haben. Die geplante Messerattacke war laut Polizei an den Türstehern einer Kneipe gescheitert.
Bis zur Auflösung buhlte der Kölner Hells-Angels-Club neben Hannover und Frankfurt auch bundesweit um Einfluss. L. war erst vor wenigen Jahren dazugestoßen, als er mit den anderen Mitgliedern des Kölner „Gremium“-Motorradclubs komplett zu den Angels wechselte und diese dann übernahm. Auf sein Kommando hätten 120 Mitglieder und Unterstützer gehört: „eine richtige Armada“, sagte der Polizist. Der Beamte ist sicher: Das weitere Strafverfahren gegen L. wird tiefe Einblicke in das Innenleben von Rockerclubs geben – „und das hat wenig mit Motorradromantik zu tun“.