Düsseldorf. Mastgeflügel bekommt zum Teil sogar ohne tierärztliche Versorgung Antibiotika. Das ist das Ergebnis einer in Düsseldorf vorgestellten Studie der NRW-Landesregierung. Zudem entdeckten die Prüfer Wirkstoffe, für die es in Deutschland zur Anwendung in der Putenmast momentan keine Zulassung gibt.
In der nordrhein-westfälischen Geflügelmast ist der Einsatz von Antibiotika offenbar die Regel. „Wir haben ein massives Antibiotika-Problem“, kritisierte NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne). Im Auftrag seines Ministeriums hat das Landesumweltamt 42 Ställe in zwölf Kreisen und Städten einer zweiwöchigen Inspektion unterzogen. In 26 Ställen wurden auffällige Antibiotika-Rückstände in den Trinkwasseranlagen gefunden. Mastgeflügel komme zum Teil auch ohne tierärztliche Verordnung und außerhalb von Therapiezeiten kranker Tiere mit Medikamenten in Kontakt.
Remmel betonte, dass die Antibiotika-Rückstände im Geflügelfleisch zwar weiterhin alle Grenzwerte einhielten und für den Menschen beim Konsum keine direkte Gesundheitsgefahr bestehe. Allerdings wachse die Gefahr der Ausbreitung von multiresistenten Keimen etwa in Krankenhäusern. Die Zunahme von Bakterien, die nicht mehr mit herkömmlichen Medikamenten bekämpft werden können, stelle eine immer größere Herausforderung für den NRW-Verbraucherschutz dar, erklärte Remmel.
Bislang ist es der Landesregierung nicht gelungen, strafrechtlich gegen einzelne Mastbetriebe vorzugehen. In der Massentierhaltung werden Antibiotika ins Trinkwassersystem des gesamten Stalls geleitet, sobald Krankheiten auftreten. Es ist daher nur schwer nachzuweisen, ob die Medikamente zum verbotenen Mast-Doping eingesetzt werden oder zur legalten Therapie. Remmel forderte Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) auf, das Arzneimittelgesetz zu reformieren. Nur so lasse sich der Antibiotika-Einsatz in der Tierhaltung insgesamt eindämmen. Die angekündigte freiweillige Transparenz der Geflügelbranche sei bislang „nicht mehr als eine Worthülse“.