Essen. An Rhein und Ruhr häuft sich die Zahl der Trickdiebstähle an Geldautomaten. Kriminelle überfallen dabei Kunden, die gerade Geld abheben. Aus mehreren Städten in NRW wurden in den vergangenen Tagen Fälle gemeldet. Ob dahinter eine Bande steckt, ist nicht klar.
Tatort Geldautomat: Wenn die Geheimzahl eingetippt ist, treten ein oder zwei Täter an den Bankkunden heran, bedrängen ihn und lenken ihn ab, nehmen das Geld aus dem Automatenschlitz und fliehen. Diebstähle nach diesem Muster häufen sich. „Wir haben die Entwicklung im Blick“, sagte Frank Scheulen vom Landeskriminalamt.
Allein in Duisburg, Moers, Mülheim, Essen, Oberhausen, Mönchengladbach und Solingen gab es in den vergangenen Tagen mehr als ein Dutzend Fälle. Diebstähle werden auch aus dem östlichen Ruhrgebiet und Ostwestfalen gemeldet. Meist sind es Beträge von jeweils 400 Euro, die die Täter erbeuten. „Wir gehen von unterschiedlichen Tätergruppen aus“, sagte Stefan Hausch von der Polizei in Duisburg.
Die Täter: Südosteuropäer
Dass die Überfälle der Gruppen strategisch koordiniert werden, dafür gebe es bislang keine Hinweise. Bei den teilweise jugendlichen Tätern soll es sich um Südosteuropäer handeln. In mindestens zwei Fällen wurden Täter auch gewalttätig: In Mülheim wurde eine Frau (29) geschlagen, in Detmold wurde einem Bankkunden ein Büschel Haare ausgerissen.
Plötzlich waren die Männer da – einer rechts, einer links. Der eine fuchtelte mit einem Bankprospekt vor dem Gesicht der jungen Frau, die gerade ihre Geheimzahl in den Automaten getippt hatte. Beide Männer rückten ganz nah heran. Die Frau (23) bekam Panik. Sie dachte, dass sie den Geldziehvorgang abgebrochen hätte, verließ fluchtartig das Foyer des Geldinstitutes in einem Duisburger Stadtteil und alarmierte die Polizei. Als sie wenig später zum Automaten zurückkehrte, waren die Täter weg – und mit ihnen 400 Euro.
Drei Fälle an einem Tag allein in Duisburg
Die Überwachungskamera hat alles mitgeschnitten. Die Bilder zeigen, wie dreist die unbekannten Räuber vorgegangen sind. Gänzlich ungeniert bedrängten sie die junge Frau. Fälle wie dieser häufen sich, allein in Duisburg gab es in der vergangenen Woche an einem Tag gleich drei.
„Die Masche variiert etwas“, erzählt Stefan Hausch von der Polizei dort. In einem Fall habe ein Täter vor dem Opfer herumgefuchtelt und um Übersetzung eines Zettels gebeten, „in einem ist es vorgekommen, dass auf die Tastatur gespuckt wurde“. Als das Opfer dann angewidert einen Schritt zurücktrat, habe ein Täter auf das Terminal gegriffen, die Geldausgabe erhöht und schließlich die Banknoten gegriffen.
Die Opfer werden regelrecht in die Zange genommen
Eines ist allen Fällen gemeinsam: Die Täter bedrängen ihr Opfer direkt am Automaten, nehmen es regelrecht in die Zange. Sie nutzen den Augenblick aus, indem die Karte noch im Gerät steckt, und versuchen, den Ausgabebetrag in die Höhe zu manipulieren. Der Fall der jungen Frau zeigt: „Die Täter haben es nicht nur auf ältere Menschen abgesehen“, sagt Behördensprecher Hausch.
Bei den Tätern handelt es sich den Beschreibungen zufolge um Südost-Europäer. Laut Hausch könnte es sich teilweise auch um die gleichen Kriminellen handeln, die zuletzt als Spendenbetrüger die Fußgängerzonen heimgesucht hatten. „Möglicherweise hat sich da in einschlägigen Kreisen eine neue Masche herumgesprochen“, fürchtet der Polizeisprecher.
Vereinzelt konnten die Beamten der Täter habhaft werden. Dank eines aufmerksamen Busfahrers konnten Polizisten vor gut einer Woche drei 14 Jahre alte Mädchen festnehmen, die an einem Geldautomaten eine Seniorin geschubst und ihr eine größere Menge Bargeld entrissen hatten. Die Mädchen haben in Deutschland keinen festen Wohnsitz und wurden in die Obhut des Jugendamtes übergeben.