Viersen. Die rechtsextreme Partei Pro NRW behauptet, es habe einen “Mordanschlag“ auf einen ihrer Wahlkampfhelfer gegeben. Der Mann soll beim Plakatekleben in Viersen von einem Auto angefahren worden sein sollen. Man habe Anzeige erstattet. Die Polizei weiß davon nichts - und prüft Ermittlungen gegen Pro NRW.

War es ein Anschlag, ein Verkehrsunfall oder gar nichts, und damit Wahlkampf? In einer Pressemitteilung, auf ihrer Website und via Facebook teilt die rechtsextreme Partei Pro NRW mit, dass auf einen ihrer Wahlkampfhelfer ein "Mordanschlag" verübt worden sei. Die Polizei, bei der das Opfer angeblich Anzeige erstattet hat, weiß davon allerdings nichts.

Der Mann - so stellt es Pro NRW dar - habe am Dienstagnachmittag am Bahnhof Viersen Plakate aufgehängt. Auf einer Leiter stehend sei er von einem Auto angefahren worden, aber "wie durch ein Wunder" unverletzt geblieben. Die Polizei habe den Fahrer, der nach Angaben von Pro NRW "offenbar" einen Migrationshintergrund habe, direkt nach der Tat dingfest machen können.

Diese Darstellung bestätigt Parteichef Markus Beisicht gegenüber der WAZ Mediengruppe. Der Wahlkampfhelfer, der kein Parteimitglied sei, habe ihm die Leiter gezeigt: "Die war völlig zerstört." Der Mitarbeiter habe direkt nach der Tat Anzeige bei Polizeibeamten erstattet, die zufällig vorbeigekommen seien. Nach Angaben von Beisicht ermittelt die Polizei wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr. Zudem seien die Personalien von Zeugen aufgenommen worden.

Polizei Viersen weiß nichts von einem Unfall

Dieser Darstellung widerspricht die Polizei in aller Form. "Es hat am Dienstag keinen Einsatz am Bahnhof Viersen gegeben", sagt ein Sprecher der Polizei Viersen. Um sicherzugehen, habe man auch mit der Bundespolizei, die für den Bahnhof zuständig ist, Rücksprache gehalten. Auch dort sei von dem Vorfall nichts bekannt. Eine Anzeige sei nicht eingegangen.

Inzwischen hat die Polizei Mönchengladbach den Fall übernommen. Die für Staatsschutzdelikte zuständige Behörde prüft, ob Ermittlungen gegen den Wahlkampfhelfer oder Pro NRW aufgenommen werden. Ein Sprecher der Mönchengladbacher Polizei kündigte an, man werde sich mit der Staatsanwaltschaft auseinandersetzen, "um zu klären, was zu tun ist."

Das vermeintliche Opfer klebt schon wieder Plakate für Pro NRW

Doch eine Ermittlung gegen den Wahlkampfhelfer oder Pro NRW ist nach derzeitigen Erkenntnissen unwahrscheinlich. Das Veröffentlichen der Pressemitteilung hat nach ersten Einschätzungen der Staatsanwaltschaft keine strafrechtliche Relevanz - auch wenn der Vorfall tatsächlich nicht wie von Pro NRW geschildert stattgefunden haben sollte. "Die Vortäuschung einer Straftat liegt juristisch erst dann vor, wenn die Tat gegenüber einer Behörde angezeigt wird", sagt Oberstaatsanwalt Peter Aldenhoff.

Das angebliche Opfer ist am Mittwochvormittag wieder im Einsatz für Pro NRW. Der Mann sei in einer anderen Stadt unterwegs, um Plakate aufzuhängen, sagt Pro-NRW-Chef Beisicht. Erst am Nachmittag stünde er für Nachfragen zur Verfügung.