Bottrop. „Spannend, aber auch arbeitsintensiv“ - so ist das, wenn man nichts anderes plant als die grüne Zukunft. In Bottrop geschieht das - mit großen Versprechen und vielen kleinen Schritten.
Gegenüber dem Bottroper Hauptbahnhof hat die grüne Zukunft ein Zuhause. „Zentrum für Information und Beratung“ heißt ein Teil dieses Spitzbaus, „ZIB“ ganz profan, wo Bürger Fragen stellen können, sich beraten lassen können zum gigantischen Stadterneuerungsprojekt „Innovation City“. An diesem Dienstag jedoch findet ausweislich eines Schildes am Eingang „keine Beratung statt“ – zumindest nicht die alltägliche aus Kellerdämmungsinformationsgesprächen oder Steuervorteilsdurchrechnerei. Denn auch ein Großprojekt geht nur voran in Schrittchen.
Nein, an diesem Dienstag also sitzen einige prominente Teilnehmer des Wirtschaftsforums „Der Phönix fliegt“ im Eingangsraum des ZIB. Leicht verspätet Sigmar Gabriel etwa, der SPD-Vorsitzende, Johannes Remmel, der grüne NRW-Umweltminister, Ludwig Ladzinski, Gesamtbetriebsratsvorsitzender der RAG, oder Bodo Hombach, der WAZ-Geschäftsführer, Burkhard Drescher natürlich, der Geschäftsführer der „Innovation City“; als Oberbürgermeister von Oberhausen war er in den 1990er-Jahren der Mann, der das Centro in seine Stadt holte.
„Da stehen am Ende Elektroautos vor der Tür"
„Spannend, aber auch arbeitsintensiv“, so beschreibt er diese neue, der Zukunft zugewandte Aufgabe. So sollen schon im nächsten Jahr fünf bis sieben Musterhäuser entstehen, die nicht nur vorbildlich Energie einsparen, sondern sogar produzieren. „Da stehen am Ende Elektroautos vor der Tür und laden nachts die überschüssige Energie auf“, sagt Drescher.
Vor ihnen ein bunt gemischtes Publikum, Vertreter von Parteien und Verbänden, Handwerker, Fachleute: solche, die man Multiplikatoren nennt – strebe Gutes an und rede darüber. Der Essener Rechtsanwalt Wolf Dieter Sondermann, spezialisiert auf Umweltrecht, der sich „für Rechtsfragen interessiert, die ein so großer Umstrukturierungsprozess aufwirft“. Oder die Ratsfrau Anja Kohmann, die „hören will, was es an Ideen gibt“. Ähnlich Friedhelm Mersch, Bezirksvertreter von Bottrop-Mitte: „Ich habe mit Begeisterung begrüßt, was da programmmäßig entstanden ist. Dem Bürger ist aber nicht ganz klar, wie das umgesetzt werden soll.“
„Das große Versprechen Innovation City ist in der Realität angekommen“
Nun, dazu sitzen sie ja da vorne. „Das große Versprechen Innovation City ist in der Realität angekommen“, sagt Hombach: Es solle dem Ruhrgebiet helfen, wieder ein Innovationszentrum von Rang zu werden. Von der „Klimastadt der Zukunft“ spricht Bottrops Oberbürgermeister Bernd Tischler, sieht aber auch noch Stolpersteine in der Realität: „Wir können uns nicht darauf verlassen, dass der Bürger zu uns kommt.“ So sind inzwischen Berater im Planungsgebiet unterwegs. Was sie häufig hören? Die Frage nach Zuschüssen. „Wir hoffen auf eine steuerliche Förderung von Energieeinsparungsmaßnahmen“, sagt Tischler.
Dann ist es Drescher, der Innovation City zu erden versucht. Er weiß: Im Ruhrgebiet traut man reinen Plänen nicht viel zu, es muss ab und zu auch mal was zu sehen sein. Die Musterhäuser nennt er, den Null-Emission-Campus, 100 Kraft-Wärme-Anlagen – bis hin zur Renovierung von Fassaden mit Moos. Mit pflanzlichem, versteht sich: „Klein, aber witzig und neu.“ Keiner der 14 500 Hausbesitzer im Plangebiet werde „an unserem Wunsch vorbeikommen, seinen Beitrag zu leisten“.
"Auf welchen Kosten bleibt der Bürger sitzen?"
Aber ach, die Kosten. „Innovation City wäre jede Förderung durch den Bund und Europa wert“, sagt Gabriel, hat aber große Zweifel, dass die Energiewende mit den Mitteln von heute überhaupt zu finanzieren ist. Und Ladzinski bringt das Thema konkret auf den Tisch, der Betriebsrat und Bottroper: „Wie will ich Menschen überzeugen, ihre Häuser zu sanieren, wenn ich die entscheidende Frage nicht beantworten kann: Auf welchen Kosten bleibt der Bürger sitzen?“
So räumt Drescher ein, alle Fördermittel zusammen erreichten allenfalls 30 bis 40 Prozent der Investitionskosten: „Da gibt es eine Lücke, die versuchen wir zu schließen mit guten Argumenten wie Klimaschutz und Werthaltigkeit der Häuser.“
Und heute? Im ZIB wieder die Schrittchen, ohne die kein Großprojekt vorankommt.
Alle Texte und Bilder zum Jahresrückblick finden Sie in unserem Spezial.
100 Wünsche für NRW im Jahr 2012
Einen einzigen Tag ohne Stau auf der A 40.
Dass der Deutsche Fußballmeister wieder aus NRW kommt.
Genug Kitaplätze für alle, die einen brauchen.
Rekord-Einschaltquoten für den neuen "Tatort" aus Dortmund.
Dass aus Duisburg mal wieder ein paar positive Nachrichten kommen.
Sonne im Sommer, Schnee im Winter - ist doch eigentlich ganz einfach.
Dass die NRW-Städte mal nicht als Bildungsverlierer, Konjunkturverlierer oder Wahlmanipulations-Zentren Schlagzeilen machen.
Dass es sich auch Normalverdiener weiterhin leisten können, mitten in Düsseldorf zu leben.
Keine Schulklasse über 28 Schüler.
Real sinkende Arbeitslosenzahlen.
"Bochum Total" endlich mal wieder ohne Regengüsse und Gewitter.
Die Entdeckung einer eigenen Ölquelle zur Sanierung des Landes-Haushaltes.
Das Siegtor im EM-Finale durch einen Kicker aus NRW.
Einen metropolen-würdigen ÖPNV für das Ruhrgebiet.
Dass Fortuna Düsseldorf und Borussia Dortmund auch in der ersten Bundesliga aufeinander treffen.
Hörsäle, in denen jeder einen Sitzplatz hat - und zwar nicht auf dem Fußboden.
Dass weiter viele protestieren, wenn Nazis marschieren.
Genug Streusalz für den Winter.
Eine Loveparade-Gedenkstätte, an der Hinterbliebene, Verletzte und Duisburger würdevoll trauern können.
Schnelles Internet auch für die, die auf dem Land leben.
Dass der dreispurige Ausbau der A1 endlich fertig wird.
Dass der Deutschland-Achter auf dem Phoenixsee in Dortmund mal eine Runde proberudert.
Ein Fitness-Studio, in dem Oberhausener ohne Angst um ihr Geld trainieren können.
Dass wir die fußballfeldgroße Betonplatte vor dem Duisburger Bahnhof nicht noch ein Jahr lang anschauen müssen.
Endlich einen NRW-Slogan, für den man sich nicht mehr schämen muss.
Dass die Bahn dem RE1 einen zusätzlichen Waggon spendiert, damit man nicht ganz so doll mit seinem Nachbarn kuscheln muss.
Tatsächlich jedem Kind ein Instrument. Ja, zur Not auch eine Blockflöte.
Dass die Kulturlandschaft Ruhrgebiet in die Welterbe-Liste der Unesco aufgenommen wird.
Ein Ende der Dauerbaustellen auf und an der Autobahn 59 in Duisburg-Mitte.
Grönemeyer-Konzert im VfL-Stadion mit "Bochum".
Dass Michael Wendler aus Dinslaken beim Eurovision Song Contest auftritt.
Dass der Luchs nach NRW zurückkehrt.
Eine skandalfreie Uni Duisburg-Essen.
Zur Abwechslung mal eine BVB-Feier nach einem Pokalsieg in Berlin.
Eine Lösung des Grundwasser-Problems der Emscher - und damit endlich trockene Füße in Karnap und Bottrop.
Mehr Bolzplätze, die auch im Winter bespielbar sind.
Bochum Total mit Lady Gaga.
Eine Werksgarantie für Opel mit unendlicher Laufzeit.
Ein Radioprogramm, das man länger als zwei Stunden am Stück hören kann, ohne dass es sich anfühlt wie eine CD in Endlosschleife.
Dass man im Essener Baldeneysee wieder baden darf.
Jeden Tag eine günstige Flugverbindung nach Mallorca.
Zwei Fußbälle auf der Riesen-Weihnachtstanne in Dortmund.
Ein neues Stillleben auf der A40.
Einen Saufraum für Nicht-Alkoholiker mit viel Freibier.
Mehr Wasser für die Rhein-Schifffahrt im November.
Einen ganzen Tag lang kostenlos Currywurst.
Dass die Städte ihre Straßen nach dem Winter endlich einmal ordentlich sanieren, statt sie nur provisorisch zu flicken.
Dass Eon seinen Stellenabbau noch einmal überdenkt.
Einen Geldregen für Theater und Konzerthäuser in NRW.
Eine Aufstiegsfeier für den VfL Bochum und Frank Goosen wird Manager.
Wattenscheid wird wieder selbständig.
Straffreies Telefonieren für alle Radfahrer in Dortmund.
Dass Raúl auf Schalke bleibt.
Der Dortmunder U-Turm wird für drei Milliarden Euro zu einer Mehrzweckhalle umgebaut.
Dass der Kemnader See tatsächlich seine Inliner-Bahn bekommt.
Dass nicht noch mehr Freibäder schließen.
Mal eine neue Frisur für Hannelore Kraft.
Dass Opel in Bochum bleibt.
Dass der Rhein ab Höhe Duisburg endlich mal in "Rhaus" umbenannt wird.
Dass die Menschen an Bahnhöfen lernen, dass das Einsteigen in den Zug schneller geht, wenn man erst die Leute aussteigen lässt.
Striktes Rauchverbot in Kneipen.
Dass die Welt, auch in NRW, ein Stückchen besser wird.
Viel Sonnenschein in der fünften Jahreszeit.
Dass sich im Bochumer Bermuda-Dreieck weiter originelle Kneipen gegen standardisierte Gastro-Ketten behaupten.
S-Bahnen im 10-Minuten-Takt.
Volksfeste und Weihnachtsmärkte, auf denen es wieder mehr Ungewöhnliches zu entdecken statt Frittiertes zu essen gibt.
Dass die Piratenpartei den neuen Duisburger Oberbürgermeister stellt. Da könnte sie mal zeigen, ob und was sie drauf hat.
Weniger fiese Fouls und dafür mehr Fußball auf den Plätzen und in den Stadien an Rhein und Ruhr.
Keine Magazin-Reportagen mehr über die ach so furchtbare Innenstadt von Oberhausen.
Bahnhöfe, die nicht nach Urin stinken und in denen es nicht zieht.
Einen Museumsplatz für die Essener Kardinal-Hengsbach-Statue - in einem Museum außerhalb der Landesgrenzen.
Mehr Spieltage im Amateurfußball ganz ohne Spielabbrüche.
Dass Bochum 15 Jahre nach der Schließung des Kortum-Hauses endlich wieder ein vernünftiges Kaufhaus in die Innenstadt bekommt.
Weniger "Checkers" und dafür mehr Sympathieträger wie David Pfeffer als Kandidaten in Castingshows.
Mehr Rücksicht auf Radfahrer.
Nicht so oft vom Ruhrbischof hören, was er berufsbedingt über Schwule denken muss.
Mehr Kulturveranstaltungen wie das Zeltfestival Ruhr oder Urbanatix.
Genug Tagesmütter für alle, die eine suchen.
Dass endlich auch der letzte Schilderhersteller merkt, wo das "H" in Mülheim hingehört.
Frieden im Allgemeinen und Waffenstillstand zwischen Düsseldorf und Köln.
Ein Jahr ohne Dioxin- und Gammelfleisch-Skandale.
Dass Moers sein altes Autokennzeichen MO wieder einführen darf.
Erfolg für Christoph Schlingensiefs Witwe, Aino Laberenz, mit der Fortführung seines "Operndorf"-Projektes.
Dass aus Lüdenscheid eine lebendige Studenten-Stadt wird, wenn die neue Fachhochschule aufmacht.
Dass der MSV wieder Kurs auf die erste Liga nimmt.
Vernünftig wärmeisolierte Regierungs- und Ministeriumsgebäude - weil Klimaschutz zuhause anfängt.
Endlich einmal Spargel-, Erdbeer- und Getreideernten, die die Bauern zufriedenstellen.
Mehr Angebote für Kinder und Jugendliche statt des teuren Konzerthauses in Bochum.
Dass der Himmel über dem Ruhrgebiet wieder... ach so, ist ja schon.
Dass der Düsseldorfer Rosenmontagszug so lang sein wird, dass er bis nach Köln reicht.
Ausnahmsweise mal eine gültige Kommunalwahl in Dortmund.
Private Sponsoren für den A46-Lückenschluss zwischen Menden und Neheim.
Die Rückkehr der Sportfreunde Siegen in die Regionalliga.
Mehr niedergelassene Ärzte auf dem Land.
Dass der Rhein am Niederrhein endlich einmal wieder komplett zufriert und zu einer traumhaft großen Eislaufbahn wird.
Dass die Riesenbaustelle in der Düsseldorfer Innenstadt früher als geplant nur noch eine böse Erinnerung sein wird.
Nochmal eine Soester Allerheiligenkirmes mit Frühlingstemperaturen.