NRW. Gegen Tempo-Sünder will das Land mobile Radaranlagen auf Rädern flächendeckend einsetzen. Erste Tests zeigen: Die Wanderblitzer sind hoch effektiv.
- Die Polizei in NRW testet gerade neuartige mobile Blitzer
- Zwei der Geräte werden derzeit im Bezirk Köln auf Autobahnen und auch im Stadtbereich erprobt
- Innerhalb der ersten 13 Einsatztage kassierte die Stadt Bonn mit dem Radarblitzer 150.000 Euro
Ob im Autobahnkreuz Aachen, an der A 3 bei Mettmann oder vor der Bundeskunsthalle mitten im alten Bonner Regierungsviertel – eine würfelförmige mausgraue Kiste am Fahrbahnrand ist in diesem Jahr schon für viele Autofahrer zur teuren Falle geworden. Innerhalb der ersten 13 Einsatztage kassierte die Stadt Bonn mit dem neuartigen Radarblitzer von 6300 Fahrern 150.000 Euro. Und 3800 Verkehrssünder erhielten wegen zu hoher Geschwindigkeit in der Baustelle zwischen Mettmann und Hilden Fahrverbot, weil sie die Tempo-Messer übersehen haben.
Wanderradar kann ohne viel Kostenaufwand betrieben werden
Nicht nur Kommunen stellen die neuen sehr beweglichen Blitzer auf. Auch die Landespolizei NRW testet seit Anfang September das Wanderradar, das ohne viel Aufwand an Personal und Kosten betrieben werden kann – und von heute auf morgen an einer anderen Stelle das gefahrene Tempo misst. Der Anhänger, der es transportiert, ist sowieso immer dabei: Mit einklappten Rädern steht er unter dem Scanner.
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Zwei der Geräte werden derzeit im Bezirk Köln auf Autobahnen und auch im Stadtbereich erprobt. Wenn sie sich bis Ende November bewähren und die Testergebnisse positiv ausfallen, plant die nordrhein-westfälische Polizei im nächsten Jahr flächendeckend größere Beschaffungen für diese „semistationäre Geschwindigkeitskontrolle“, bestätigt Jan Schabacker vom Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD) in Duisburg. Derzeit sind sie von den Herstellern gemietet.
Gerät sendet Daten der Verkehrssünder bald direkt an die Behörden
Der Chef der Kölner Verkehrspolizei, Martin Lotz, hat vor Verkehrsexperten der Gewerkschaft der Polizei (GdP) klar gemacht, wie sehr sich die neue Mess-Methode von den herkömmlichen unterscheidet:
- Die kommunalen stationären Starenkästen seien nicht flexibel, berechenbar für die Verkehrsteilnehmer und hätten nur eine begrenzte Kapazität.
- Die mobilen Kontrollen der Polizei seien zwar flexibel und damit unberechenbar, aber nur mit einem „hohen Personalaufwand“ bei Messung und Auswertung zu betreiben und kostenintensiv.
- Ganz anders jetzt die grauen Kästen. Lotz: „Sie sind mobile Anlagen, die aus geschützten Trailern Geschwindigkeitsüberwachung betreiben“. Sie seien grundsätzlich überall einsetzbar, arbeiteten mehrere Tage autark und rund um die Uhr und Personal vor Ort sei nur nötig, wenn die Messstelle eingerichtet wird oder die Akkus alle paar Tage gewechselt werden müssen. Bald sendet Jenoptiks Traffi Star S 350 auch die Daten der Verkehrssünder direkt an die Behörden.
Ein ganz wichtiger Vorteil: Die Geräte sind nicht nur sehr leistungsfähig. Statt 12.000 erwartete Messungen pro Jahr erledigte der an der A 3 gleich 22.000 in den ersten acht Wochen. Sie sind auch in sehr engen Autobahnbaustellen gut einzusetzen. So müssen Polizisten sich nicht in Lebensgefahr begeben, um sie zu bedienen, sagt das Landesamt.
Ein möglicher Ersatz für aufwändige Blitzermarathons
Für LZPD-Direktor Rainer Pannenbäcker ist die zu hohe Geschwindigkeit der Killer Nr.1 auf den NRW-Straßen. 2015 seien 158 Menschen bei Verkehrsunfällen wegen zu hohen Tempos gestorben. „Das menschliche Leid ist kaum vorstellbar“, sagt er. Nicht ausgeschlossen: Die Beschaffung könnte ein Ersatz für die sehr umstrittenen und aufwändigen Blitzermarathons sein, deren Sinn auch von der GdP bezweifelt wird. Polizeiexperten erwarten jedenfalls ein Umdenken im Innenministerium in dieser Sache.
Eine der noch offenen Fragen: Können die „semistationären Geschwindigkeitskontrollen“, unbeaufsichtigt wie sie sind, auch von Vandalen beschädigt werden? Kommunen haben ja großen Ärger mit zugeschmierten Starenkästen. Die mobilen Geräte seien gegen „Diebstahl und Vandalismus geschützt“, heißt es beim Land. Sie geben sogar Laut, wenn so ein Angriff passiert. Aber die Schweizer Polizei, die solche Anhängerblitzer seit Längerem nutzt, hat durchaus auch üble Erfahrungen gemacht. Ausgerechnet ein deutsche Autofahrer geriet ins Visier der Anlage – und zerdepperte anschließend gezielt alle Glasscheiben der Einrichtung und setzte sie kampfunfähig.