Köln. Stimmung zwischen Schock und Trotz: Rund 800.000 Kölner wählen am Sonntag ihren neuen Oberbürgermeister – im Schatten des Attentats.
Trotz des Attentats auf die parteilose Kandidatin Henriette Reker haben in Köln am Sonntag die Wahllokale für die Wahl des neuen Oberbürgermeisters geöffnet. Gut 800 000 Menschen sind in der viertgrößten Stadt Deutschlands aufgerufen, bis 18.00 Uhr ihre Stimme abzugeben. Die Wahlleiterin Gabriele Klug appellierte an die Kölner, nach dem Angriff auf Reker unbedingt wählen zu gehen.
Die von CDU, Grünen und FDP unterstützte Reker hat einer Umfrage zufolge gute Chancen auf einen Wahlsieg. Sie war am Samstag bei einem öffentlichen Auftritt von einem 44-Jährigen niedergestochen worden und musste operiert werden. Der Angreifer nannte für seine Tat fremdenfeindliche Motive - Reker ist als Kölner Sozialdezernentin für die Unterbringung von Flüchtlingen in der Domstadt zuständig und hatte sich im Wahlkampf wiederholt für die Integration von Asylbewerbern ausgesprochen.
Reker nach Not-OP außer Lebensgefahr
Nach einer Notoperation war die 58-Jährige am Samstagabend außer Lebensgefahr, wie ihre Ärzte mitteilten. "Wir halten zum jetzigen Stand und bei normalem Verlauf die vollständige Wiederherstellung der Gesundheit von Frau Reker für wahrscheinlich", sagte Klinikdirektor Karl-Bernd Hüttenbrink.
Das Attentat hat das spannende Duell um den Chefsessel im Kölner Rathaus in den Hintergrund treten lassen. Dabei könnte Reker die erste parteilose Oberbürgermeisterin und die erste Frau an der Spitze der Domstadt werden. Neben ihr hat einer Umfrage zufolge noch der SPD-Landtagsabgeordnete Jochen Ott Chancen auf den Wahlsieg.
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Der 44-jährige Täter hatte Reker am Samstagmorgen an einem CDU-Wahlkampfstand auf einem Wochenmarkt niedergestochen. Die 58-Jährige wurde nach offiziellen Angaben im Halsbereich schwer verletzt. Der Mann nannte für seine Tat fremdenfeindliche Motive. Neben Reker wurden auch eine Kölner CDU-Politikerin, eine FDP-Ratsfrau und zwei Bürger verletzt.
Kölns scheidender Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) rief zu Standhaftigkeit auf. "Es geht jetzt darum, dass wir uns nicht unterkriegen lassen", sagte Roters der Deutschen Presse-Agentur. Die Diskussion um Flüchtlinge in Deutschland werde heftiger, immer häufiger würden Asylbewerberheime angegriffen. "Wir müssen alle gemeinschaftlich darauf achten, dass das Klima des Zusammenlebens nicht beschädigt wird", appellierte Roters.
Der Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung, Kanzleramtsminister Peter Altmaier, (CDU), ruft nach dem Anschlagv zum Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit auf. "Der Anschlag ist verachtenswert und abscheulich“, sagte Altmaier den Zeitungen der FUNKE Mediengruppe. „Auch wenn wir die genauen Hintergründe noch nicht kennen: Wir müssen uns zu jedem Zeitpunkt deutlich abgrenzen von jeder Form von Ausländerfeindlichkeit und Gewalt."
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